Künstliche Intelligenz: Bessere Bündelung von Forschung und Start-ups kann die deutsche Position weiter stärken
Deutschland ist im internationalen Umfeld bei Start-ups, die sich mit künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigen, bereits aussichtsreich positioniert. Dass dem Thema auch von politischer Seite aus Priorität eingeräumt wird, zeigen die erheblichen zusätzlichen Bundesmittel, die dem Sektor im vergangenen Jahr zugesprochen wurden. Eine neue, an der WHU – Otto Beisheim School of Management entstandene Arbeit zeigt jedoch, dass eine Lücke zwischen jenen Anwendungsgebieten klafft, in die für die KI-Forschung investiert wird, und jenen, auf die sich Start-ups konzentrieren.
Künstliche Intelligenz wird in Deutschland als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft betrachtet. Bereits im November 2018 wurde die KI-Strategie der Bundesregierung beschlossen. Durch das im vergangenen Jahr verabschiedete „Zukunftspaket“ werden bis 2025 fünf Milliarden Euro in die Forschung zu künstlicher Intelligenz investiert. Das sind zwei Milliarden Euro mehr, als zunächst beabsichtigt. Aber was, wenn an falscher Stelle investiert wird?
In seiner Masterarbeit „Using text-based machine learning algorithms to analyze entrepreneurial ecosystems“ (Die Nutzung textbasierter Machine-Learning-Algorithmen zur Analyse unternehmerischer Ökosysteme) hat Autor Lukas Schürmann maschinelles Lernen (Python) genutzt, um die Daten von 21.000 internationalen Start-ups auszuwerten. Aus deren Tätigkeiten konnte er insgesamt 50 unterschiedliche KI-Anwendungsbereiche herauskristallisieren. Darauf basierend analysierte er Daten von mehr als 2.000 öffentlichen KI-Forschungsprojekten aus dem „Global InnovationGraph“ des Unternehmens MAPEGY GmbH. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Dries Faems, Inhaber des Lehrstuhls für Entrepreneurship, Innovation and Technological Transformation an der WHU. Die Quintessenz der Studie: Die Nutzungsmöglichkeiten für KI, an denen deutsche Institute vorrangig forschen und dafür vom Bund Gelder erhalten, stimmen nur in geringem Maße mit den KI-Themen überein, mit denen sich die deutsche Start-up-Szene beschäftigt.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Forschungsinstitute in Deutschland sich vor allem den Themen “Healthtech”, “menschliche Verhaltens-Robotik” und “Risiko-Management” widmen. KI-Start-ups dagegen interessieren sich insbesondere für die Bereiche „Prozessautomatisierung“, „Entscheidungsunterstützung“ und „Sprachassistenz“. Lukas Schürmann konnte somit eine erhebliche Abweichung zwischen theoretischem Forschungsinteresse und praktischem Anwendungsbezug nachweisen.
Zudem schlüsselt diese Masterarbeit auf, wo sich die wichtigsten unternehmerischen KI-Ökosysteme befinden, mit welchen Anwendungsgebieten sie sich beschäftigen, welche Charakteristika sie haben und wie sie sich entwickeln. Eine große Hilfestellung für Unternehmer und politische Entscheidungsträger.
Prof. Dr. Faems plädiert basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit dafür, die Anstrengungen von Forschungsinstituten und Start-ups besser zu bündeln. Die Forschung könnte zukünftig mehr Förderung erhalten, wenn sie stärker mit den Interessen der Start-ups als Wirtschaftsfaktoren übereinstimmen würde. Umgekehrt könnten Start-ups besser von bereits vorhandener Forschung profitieren, wenn sie diese stärker im Fokus hätten. Auf diese Weise könnte Deutschland in Zukunft global eine wichtige Rolle im Sektor KI spielen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dries Faems ist Inhaber des Lehrstuhls für Entrepreneurship, Innovation and Technological Transformation an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Er ist Experte für Zusammenarbeit bei Innovationen. In seiner Forschung und Lehre befasst sich Prof. Faems mit Inhalten wie Allianzen für Forschung und Entwicklung, Zusammenarbeit bei der digitalen Transformation und Innovations-Ökosystemen. Er koordiniert außerdem den WHU Innovation Ecosystem Hub, der darauf abzielt, Wissenschaft und Praxis bei der Zusammenarbeit für gemeinsame Innovationen zu vernetzen. Dries.Faems@whu.edu