Mit neuen Biomarkern Diabetes-Typ-2 frühzeitig erkennen - Zucker und Zuckerverbindungen im Fokus
463 Millionen Erwachsene weltweit leben mit Diabetes mellitus. Rund 90 Prozent davon weisen einen Diabetes-Typ-2 auf, der im Gegensatz zum Typ-1 maßgeblich durch den Lebensstil bedingt ist. Etwa die Hälfte der Fälle wird nicht frühzeitig diagnostiziert. Mit Hilfe einer am Max Rubner-Institut, entwickelten Analytik für eine Vielzahl von Zuckerverbindungen und deren Abkömmlingen konnten in einer Studie einige bisher im Blut nicht bekannte Zuckerverbindungen gefunden werden, die sich mit der Erkrankung an Diabetes-Typ-2 veränderten. Sie könnten daher als Biomarker für eine frühzeitige und verbesserte Diagnose dienen.
Eine frühzeitige Diagnose von Diabetes-Typ-2 kann durch präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, die Erkrankung verhindern und gar die Heilung früher Stadien des Diabetes-Typ-2 ermöglichen. Blutglucosespiegel, Glucose im Urin und glykiertes Hämoglobin (HbA1C) im Blut sind gute Marker für die Diagnose, das Fortschreiten und die Überwachung der Erkrankung. Doch Marker, die noch früher, schnell, einfach und sicher eine Diagnose vor dem Auftreten von Symptomen ermöglichen, sind wünschenswert.
In den letzten Jahren werden vermehrt sogenannte Metabolomics-Methoden genutzt, um neue Biomarker zu finden. Diese Ansätze ermöglichen eine umfangreiche Analyse aller Verbindungen, die zum Beispiel in Urin oder Blut vorkommen. Metabolom-Daten gewähren daher tiefergehende Einblicke in das Stoffwechselgeschehen und können helfen, die Entwicklung von Erkrankungen besser zu verstehen. Obwohl es sich bei Diabetes um eine Erkrankung handelt, die vor allem den Zuckerstoffwechsel betrifft, wurden bisher nur wenige Zucker und Zuckerverbindungen im Zusammenhang mit einer Insulinresistenz, als verändert identifiziert. Insulin-Resistenz ist eine der wichtigsten Stoffwechselveränderungen zu Beginn einer Diabetes-Erkrankung, bei der der Körper zunehmend unempfindlich auf die Insulinausschüttung infolge einer zuckerreichen Mahlzeit reagiert. Eine Schwierigkeit bei der Suche nach Zuckern als Biomarker sind analytische Probleme, weil diese Stoffklasse viele sehr ähnliche Verbindungen umfasst, die meist nicht separiert werden können. Mit Hilfe einer speziellen Methode hat das Institut für Sicherheit und Qualität bei Obst und Gemüse nun die Möglichkeit, eine Vielzahl von Zuckern und Zuckerverbindungen in biologischen Proben zu erfassen. Dabei werden nicht nur typische Mono- und Disaccharide wie Glucose, Fructose und Saccharose nachgewiesen, sondern auch die davon abgeleiteten Zuckeralkohole, Zuckersäuren und Aminozucker sowie seltene Zucker.
Am Max Rubner-Institut wurde das Zuckerprofil im Blut gesunder, prädiabetischer und diabetischer Probanden einer humanen Interventionsstudie untersucht, die an der Technischen Universität München (Zusammenarbeit mit Arbeitsgruppe von Prof. Daniel und Prof. Skurk) durchgeführt wurde. Insgesamt konnten 40 verschiedene Zucker und Zuckerverbindungen im Blut gefunden werden. Davon wurden 27 Zuckerverbindungen eindeutig identifiziert, während die verbleibenden 13 Verbindungen bisher nur bestimmten Klassen von Zuckerverbindungen zugeordnet werden konnten. Auch seltene und unübliche Zuckerverbindungen wie Allulose, Trehalose oder Xylonsäure wurden im Blut nachgewiesen.
Die Analysen ergaben, dass sich das Zuckerprofil im Blut von Gesunden, Prädiabetikern und Diabetikern bereits im Nüchternzustand deutlich unterschied: Nicht nur beim klassischen „Blutzucker“ Glucose, sondern auch bei anderen Zuckern wie Mannose, Maltose, Trehalose, Fructose und 1,5-Anhydrosorbitol wurden signifikant unterschiedliche Mengen im Plasma im Vergleich zu gesunden Probanden nachgewiesen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass es Zuckerverbindungen gibt, die unabhängig vom Diabetes-Status der Probanden nach Gabe des Test-Getränks anstiegen, z.B. Allulose und eine weitere, bisher nicht genau identifizierte Zuckerverbindung. Andere Verbindungen (u.a. Trehalose, Mannose, Fructose, Threitol) zeigten nach Aufnahme des Test-Getränks ähnliche zeitliche Konzentrationsverläufe wie Glucose. Welche Zusammenhänge hier zum Insulinstoffwechsel bestehen, ist noch unklar. Die Ergebnisse aus Nüchternplasma und den Befunden aus dem oralen Glucosetoleranztest machen jedoch deutlich, wie wenig bisher über den Stoffwechsel der „anderen“, bisher oft nicht erfassten und daher nicht beachteten Zucker bekannt ist.
Aufgrund der charakteristischen Unterschiede einiger Zucker und Zuckerverbindungen zwischen Gesunden, Prädiabetikern und Diabetikern erscheint es lohnenswert, deren Verwendbarkeit als frühzeitige Marker für Diabetes-Typ-2 zu prüfen.
Weitere Informationen:
http://www.mri.bund.de