Kombination von Wirkstoffen könnte Heilungschancen bei Eierstockkrebs verbessern
Forscher testen in Laborversuchen Wirkstoffkombination aus neuartigem Chemotherapeutikum und PARP-Inhibitor / Wirkung des zielgerichteten PARP-Inhibitor-Medikaments lässt sich so im Zellversuch steigern
Innovative zielgerichtete Wirkstoffe, so genannte PARP-Inhibitoren, können die Prognose bei Eierstockkrebs deutlich verbessern. Dies gilt vor allem für Patientinnen, deren Tumoren bestimmte genetische Voraussetzungen aufweisen. Ein Forscherteam unter Leitung von Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) konnte nun in Laborexperimenten zeigen, dass die Gabe eines neuartigen Chemotherapeutikums in Kombination mit einem PARP-Inhibitor die Wirkung des zielgerichteten Medikaments auch bei niedriger Dosierung deutlich verstärkt. Diesen Effekt beobachteten die Wissenschaftler an im Labor kultivierten patienteneigenen Krebszellen unabhängig von vorliegenden Veränderungen in bestimmten Hochrisikogenen. Die Wirkstoffkombination scheint daher ein vielversprechender Ansatz, um künftig den klinischen Einsatzbereich von PARP-Inhibitoren zu erweitern und Resistenzen zu reduzieren. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Gynecologic Oncology.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Eierstockkrebs hat unter den gynäkologischen Krebserkrankungen die höchste Todesrate. Dies liegt vor allem daran, dass der Krebs aufgrund mangelnder Symptome in 75 Prozent der Fälle erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Auch nach zunächst erfolgreicher Standardtherapie besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Tumor schnell zurückkehrt. Dieses frühe Rückfallrisiko lässt sich bei Patientinnen, deren Tumoren bestimmte genetische Voraussetzungen aufweisen, durch eine zusätzliche Behandlung mit PARP-Inhibitoren deutlich senken. PARP-Inhibitoren sind Wirkstoffe, die ganz gezielt die Wirkung von Enzymen aus der Familie der Poly-ADP-Ribose-Polymerase (PARP) hemmen, mit deren Hilfe Zellen DNA-Schäden reparieren können. Bei Tumoren mit Mutationen in den so genannten BRCA1/2-Genen besteht bereits ein grundlegender Defekt bestimmter DNA-Reparaturwege. Durch den Einsatz von PARP-Inhibitoren wird die bereits gestörte DNA-Reparatur-Fähigkeit der Tumorzellen gezielt noch weiter reduziert. In der Folge sterben Tumorzellen ab, während gesunde Zellen weitestgehend verschont bleiben. Bei wieder auftretender Erkrankung können PARP-Inhibitoren auch ohne diese für die Behandlung besonders günstige genetische Veränderung zum Einsatz kommen. Allerdings entwickelt der überwiegende Teil der Patientinnen mit der Zeit Resistenzen gegen die innovativen Wirkstoffe.
Ein von Wissenschaftlern der Hochschulmedizin Dresden und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) geleitetes Forscherteam konnte nun in Laborexperimenten zeigen, dass die Kombination eines neuartigen Chemotherapeutikums aus der Klasse der Triazene und des PARP-Inhibitors Olaparib die Wirkung des zielgerichteten Medikaments deutlich verstärkt. Dieser Effekt ließ sich unabhängig von einer vorliegenden Mutation in den BRCA1/2-Genen nachweisen. „Die Laborergebnisse machen Hoffnung, dass PARP-Inhibitoren künftig bei einer größeren Gruppe von Patientinnen zum Einsatz kommen könnten und dass sich durch eine kombinierte Medikamentengabe die Heilungschancen von Eierstockkrebs weiter verbessern lassen“, sagt Prof. Pauline Wimberger, Direktorin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und Mitglied im erweiterten Direktorium des NCT/UCC Dresden.
Studien mit einem bereits zugelassenen Chemotherapeutikum aus der Gruppe der Triazene weisen darauf hin, dass sich diese Stoffklasse auch aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Toxizität besonders gut für die Kombination mit PARP-Inhibitoren eignet. Kombinationen von platinbasierten Chemotherapien mit PARP-Inhibitoren zeigten hingegen zu hohe Nebenwirkungen.
Das nun im Laborexperiment erprobte noch nicht zugelassene Chemotherapeutikum CT913 der Wuppertaler Creative-Therapeutics GmbH zeigte in den Labortests in Kombination mit dem PARP-Inhibitor Olaparib auch im Vergleich mit anderen Triazen-Verbindungen eine besonders gute Wirksamkeit. Gen-Expressions-Analysen verdeutlichten, dass CT913 in den Krebszellen zahlreiche Enzyme herunterreguliert, die für die Reparatur von DNA-Schäden verantwortlich sind. „Damit hat der Wirkstoff einen ähnlichen Effekt wie eine Mutation in den BRCA1/2-Genen. Durch die Störung alternativer Reparaturmechanismen sind die Zellen verstärkt auf die Reparatur mittels PARP-Enzymen angewiesen. Werden diese durch PARP-Inhibitoren gehemmt, wird auch diese Möglichkeit der DNA-Reparatur blockiert und viele Tumorzellen sterben ab“, erklärt PD Dr. Jan Kuhlmann, Leiter des Labors für Molekulare Gynäkologische Onkologie des Uniklinikums Dresden. Durch die einander verstärkende Wirkung von CD913 und des PARP-Inhibitors Olaparib starben in den Zellkulturen auch bei niedriger Wirkstoffdosierung zahlreiche Krebszellen ab. „Die niedrige Dosierung der Wirkstoffe in der kombinierten Anwendung könnte künftig dazu beitragen, dass sich Resistenzen gegen PARP-Inhibitoren deutlich verringern lassen“, so Prof. Wimberger.
Die Kombination des neuen Chemotherapeutikums mit PARP-Inhibitoren wird künftig in weiteren Laborexperimenten erforscht. Sollten diese Untersuchungen erfolgreich sein, könnten klinische Studien folgen.
Wirkung von PARP-Inhibitoren
Die DNA in unseren Zellen ist ständigen Schädigungen ausgesetzt. Gesunde Zellen können diese Schäden in der Regel reparieren, zum Beispiel mit Hilfe der Proteine BRCA1 und BRCA2. Fällt die Funktion der BRCA-Proteine durch Mutationen in den entsprechenden Genen aus, kommt es vermehrt zu Erbgut-Veränderungen, die Krebs verursachen können. Veränderungen in den BRCA-Genen erhöhen vor allem das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs. Tumoren, die einen solchen Defekt aufweisen, können mit Hilfe so genannter PARP-Inhibitoren bekämpft werden. Diese hemmen die Enzyme PARP1 und PARP2, die ebenfalls an der DNA-Reparatur beteiligt sind. Dadurch können die DNA-Schäden in den Krebszellen so groß werden, dass diese absterben. Gesunde Körperzellen mit noch funktionierenden Reparatur-Proteinen überleben hingegen.
Veröffentlichung:
Catharina Wichmann, Daniel Martin Klotz, Hans-Joachim Zeiler, Ralf Axel Hilger, Konrad Grützmann, Alexander Krüger, Daniela Aust, Pauline Wimberger, Jan Dominik Kuhlmann: The effect of the triazene compound CT913 on ovarian cancer cells in vitro and its synergistic interaction with the PARP-inhibitor olaparib. In: Gynecol Oncol. 2020 Dec;159(3):850-859, https://doi.org/10.1016/j.ygyno.2020.09.018
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BU: Mikroskopische Ansicht menschlicher Eierstockkrebszellen – durch die Immunfluoreszenzfärbung erscheinen Zellkerne blau und das Zellskelett grün. © Uniklinikum Dresden/Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
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NCT/UCC Dresden
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das NCT hat es sich zur Aufgabe gemacht, Forschung und Krankenversorgung so eng wie möglich zu verknüpfen. Damit können Krebspatienten an den NCT-Standorten auf dem jeweils neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse behandelt werden. Gleichzeitig erhalten die Wissenschaftler durch die Nähe von Labor und Klinik wichtige Impulse für ihre praxisnahe Forschung. Gemeinsamer Anspruch der NCT-Standorte ist es, das NCT zu einem internationalen Spitzenzentrum der patientennahen Krebsforschung zu entwickeln. Das Dresdner Zentrum baut auf den Strukturen des Universitäts KrebsCentrums Dresden (UCC) auf, das 2003 als eines der ersten Comprehensive Cancer Center (CCC) in Deutschland gegründet wurde. Seit 2007 wurde das UCC von der Deutschen Krebshilfe e.V. (DKH) kontinuierlich als „Onkologisches Spitzenzentrum“ ausgezeichnet.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das DKFZ ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden bietet medizinische Betreuung auf höchstem Versorgungsniveau. Als Krankenhaus der Maximalversorgung deckt es das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. Das Universitätsklinikum vereint 20 Kliniken und Polikliniken, vier Institute und zehn interdisziplinäre Zentren, die eng mit den klinischen und theoretischen Instituten der Medizinischen Fakultät zusammenarbeiten.
Mit 1.295 Betten und 160 Plätzen für die tagesklinische Behandlung von Patienten ist das Dresdner Uniklinikum das größte Krankenhaus der Stadt und zugleich das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Ostsachsen. Rund 860 Ärzte decken das gesamte Spektrum der modernen Medizin ab. 1.860 Schwestern und Pfleger kümmern sich um das Wohl der Patienten. Wichtige Behandlungsschwerpunkte des Uniklinikums sind die Versorgung von Patienten, die an Krebs, an Stoffwechsel- und an neurodegenerativen Erkrankungen.
Deutschlands größter Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin belegt deshalb Platz zwei im deutschlandweiten Ranking.
Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden
Die Hochschulmedizin Dresden, bestehend aus der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus und dem gleichnamigen Universitätsklinikum, hat sich in der Forschung auf die Bereiche Onkologie, metabolische sowie neurologische und psychiatrische Erkrankungen spezialisiert. Bei diesen Schwerpunkten sind übergreifend die Themenkomplexe Degeneration und Regeneration, Imaging und Technologieentwicklung, Immunologie und Inflammation sowie Prävention und Versorgungsforschung von besonderem Interesse. Internationaler Austausch ist Voraussetzung für Spitzenforschung – die Hochschulmedizin Dresden lebt diesen Gedanken mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 73 Nationen sowie zahlreichen Kooperationen mit Forschern und Teams in aller Welt.
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.200 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 170 Doktoranden.