Beschäftigungsoffensive des BMZ lindert Notlagen syrischer Flüchtlinge und der lokalen Bevölkerung in Nahost
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fördert in den syrischen Anrainerstaaten Jordanien, Libanon, Türkei und Irak zeitlich begrenzte Cash-for-Work-Maßnahmen, also temporäre Beschäftigungsmöglichkeiten für syrische Geflüchtete und Bewohner*innen der sie aufnehmenden Gemeinden. Im Rahmen der Beschäftigungsoffensive Nahost erhalten die am Programm Teilnehmenden Geld für meist einfache und arbeitsintensive Tätigkeiten. Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit hat untersucht, ob und wie die Beschäftigungsoffensive Perspektiven für Flüchtlinge und Mitglieder der aufnehmenden Gemeinden schafft und die dortige Situation stabilisiert.
Temporäre Linderung von Notlagen aber kaum langfristige Beschäftigungsperspektiven
An den Cash-for-Work-Maßnahmen des BMZ können sowohl Flüchtlinge als auch die lokale Bevölkerung teilnehmen. Sie tragen mit ihrer Arbeit zur Stärkung der Infrastruktur der Aufnahmeländer bei, indem sie Straßen bauen, Parkanlagen begrünen oder die Abfallentsorgung verbessern. Vor allem mit Blick auf ihre kurzfristige Wirkung bewertet das DEval die Beschäftigungsmaßnahmen als effektiv. Die Einkommenssteigerungen lindern temporär die prekäre sozioökonomische Lage der Teilnehmenden und diese können für eine gewisse Zeit ihre Grundbedürfnisse decken. Längerfristige Wirkungen in Form von neuen Beschäftigungsperspektiven, Qualifizierungen oder einem Aufbau beruflicher Kontakte sind allerdings kaum nachweisbar.
Positive Effekte für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt wirkt sich die Beschäftigungsoffensive dagegen langfristig positiv aus. Soziale Spannungen nehmen ab oder werden verhindert, indem die am Programm Teilnehmenden zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur vor Ort beitragen. Zudem ist es hilfreich, dass Flüchtlinge und vulnerable Menschen aus den aufnehmenden Gemeinden gleichermaßen an den Cash-for-Work-Maßnahmen teilnehmen können. Eine große Panelbefragung in der Türkei zeigte zudem, dass Türk*innen, die am Programm teilnehmen, Syrer*innen anhaltend mehr vertrauen als Nichtteilnehmende. Und syrische Teilnehmende fühlen sich der Gemeinde vor Ort eher zugehörig als Nichtteilnehmende.
Beschulung syrischer Flüchtlingskinder
Die Beschäftigungsoffensive übernimmt auch Gehälterzahlungen für Lehrkräfte, die in Jordanien und in der Türkei syrische Flüchtlingskinder unterrichten. Auch hier zeigen sich positive Effekte: Durch die Gehälterzahlungen können mehr Kinder beschult werden und die örtlichen Bildungssysteme werden entlastet. Allerdings erhalten die Teilzeit-Lehrkräfte in der Türkei sehr niedrige Gehälter, die ihnen nicht zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse ausreichen. Hier empfiehlt das DEval, dass das BMZ im Rahmen internationaler Abstimmungen auf eine angepasste Entlohnung hinwirkt, zum Beispiel durch Vulnerabilitätsüberprüfungen oder eine Anpassung der Gehälter an die Inflation.
Empfehlungen für die Zukunft des Programms
Das DEval empfiehlt, die Beschäftigungsoffensive Nahost fortzuführen und mit ihr weiterhin möglichst viele Begünstigte zu erreichen, solange die Krise in und um Syrien anhält. Als sinnvolle Ergänzungen könnte das BMZ für Einzelne die Beschäftigungsdauer ausweiten oder ihnen Ausbildungsmöglichkeiten zur beruflichen Qualifizierung anbieten. Insgesamt sollte das BMZ die Beschäftigungsoffensive flexibel planen und ausgestalten, um auf sich verändernde Rahmenbedingungen möglichst schnell und gut reagieren zu können.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Stefan Leiderer,
DEval - Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit
Abteilungsleiter Staatliche EZ, Governance
Telefon: +49 (0)228 336907-940
stefan.leiderer@DEval.org
Originalpublikation:
http://www.deval.org/files/content/Dateien/Evaluierung/Berichte/2021/DEval_Bericht_Wirksamkeit_deutscher_EZ_Besch%C3%A4ftigungsoffensive_Nahost_2021.pdf