Rostocker Forscher wollen Drogenhändlern Leben schwermachen
Der Onlinehandel bestimmt immer mehr das tägliche Leben. Doch es werden nicht nur Kleider, Handys und Co durch die Welt geschickt, sondern zunehmend auch illegale und hochgiftige Substanzen. Für Versanddienstleister, Zoll und Polizei stellt das eine erhebliche Gefährdung dar. Sie alle sind diesen Stoffen zunehmend direkt ausgesetzt. Denn weil die Substanzen als feine Pulver transportiert werden, sind sie von außen schwer nachzuweisen.
Konkret steigt die Anzahl der Transporte sogenannter „synthetischer Opioide“ wie z.B. Fentanyle, die illegal als Drogen auf Schwarzmärkten gehandelt werden, beängstigend. Da diese Stoffe bereits in allerkleinsten Mengen hochtoxisch sind, stellen sie auch eine erhebliche Gefährdung für die Mitarbeiter des Transportsektors dar.
Jetzt ist die Wissenschaft gefragt, konkret die Universität Rostock. Als eine der wenigen Arbeitsgruppen weltweit kann man am Lehrstuhl für Analytische Chemie mit mehreren aufeinanderfolgenden Laserimpulsen eine nahezu zerstörungsfreie Ionisation und Detektion aromatischer und gefährlicher Verbindungen aus Mikro- und Nanopartikeln durchführen. Das Besondere ist, dass dies mit hoher Geschwindigkeit und in Echtzeit ablaufen kann. Die Forscher wollen basierend auf dieser Technik eine Methode entwickeln, um synthetische Opioide, Betäubungsmittel und andere Gefahrstoffe, schnell und problemlos nachzuweisen. Im Klartext: Es geht darum, die Transportwege und Mitarbeiter zu schützen, den Drogenhandel zu erschweren und illegale Aktivitäten aufzudecken.
In einem vom Bundesministerium für Forschung geförderten Projekt („HazarDust“) soll jetzt eine zuverlässige und schnelle Analysetechnik entwickelt werden, die gefährliche, mit toxikologisch hochwirksamen Substanzen kontaminierte Stäube erkennt. Ziel ist es, die chemischen Signaturen von Betäubungsmitteln auf einzelnen mikroskopischen Staubpartikeln in Echtzeit zu bestimmen. Eine spannende Herausforderung für Professor Ralf Zimmermann, Leiter des gemeinsamen Massenspektrometrie-Zentrums der Universität Rostock und des Helmholtz Zentrums München. Er möchte in Zusammenarbeit u.a. mit dem Bundeskriminalamt, dem Flughafen Rostock-Laage und der Photonion GmbH Schwerin, einer Ausgründung aus der Universität Rostock und dem Helmholtz Zentrum München, eine neue Methode etablieren, mit der im Gepäck- und Versandbereich aufgewirbelte Stäube von toxischen Substanzen sicher und schnell nachgewiesen werden können. Dr. Johannes Passig und sein Team entwickeln die Technologie zur Detektion gefährlicher Substanzen auf winzigen Feinstaubpartikeln in den Aerosol-Laboren des Departments Leben, Licht und Materie der Universität Rostock. Die Schweriner Firma Photonion führt diese Methoden zur Anwendungsreife.
Vielversprechend sei die Einzelpartikel-Massenspektrometrie, ein bislang nur in der Forschung an Aerosolpartikeln aus Verbrennungsemissionen und in der Atmosphäre eingesetztes Verfahren. „Wir arbeiten an einer Methode, mit der sich synthetische Opioide, Betäubungsmittel, aber auch andere Gefahrstoffe in Gepäck- und Versand-Sicherheitskontrollen nachweisen lassen“, sagt Professor Zimmermann. Ziel ist es, Grundlagenforschung mit gesellschaftlich relevanten Anwendungen zu verknüpfen. Das ist so beim Thema der Gesundheitswirkung von Aerosolen oder hier bei der Aufspürung akuter Gefahren. Deshalb wirken in seinem Team Chemiker, Physiker, Ingenieure, Biologen gemeinsam an einem Thema. „Man findet innovative Lösungen an den Grenzflächen zwischen den Fächern“, betont Professor Zimmermann. Und so sei man auch auf die Idee gekommen, mit hochmodernen Geräten Drogen nachzuweisen, „die wir ursprünglich für die Umwelt-und Gesundheitsforschung entwickelt haben“. Mit Hilfe des Verfahrens werden die molekularen Verbindungen auch in kleinsten aufgewirbelten Stoffmengen mit hoher Empfindlichkeit nachweisbar. Diese neue Methode wird speziell für den Gepäck- und Versandbereich entwickelt. „Die Übertragung auf den Nachweis toxischer Substanzen ist neuartig“, sagt Professor Zimmermann. „Wir können organische Moleküle unzerstört nachweisen. Dadurch wird die Bestimmung von Drogen und Sprengstoffen möglich.“
Damit der Transfer in die Anwendung klappt, baut die Photonion GmbH aus Schwerin einen Demonstrator für die Sicherheitskontrolle. Deren wissenschaftlicher Leiter Dr. Sven Ehlert hat an der Universität Rostock studiert und promoviert und sich schon zu jener Zeit mit der Forschung von sicherheitsrelevanten Substanzen wie Drogen und Sprengstoffen beschäftigt. „Ich schieße mit gefährlichen Lasern auf noch gefährlichere Substanzen“, sagt er scherzhaft und weiß natürlich um den Ernst der Angelegenheit. Weil alle Akteure aus der Wissenschaft die Probleme des Bundeskriminalamts und anderer Sicherheitsbehörden kennen, „hat man eine klare Vorstellung von der Problematik und kann neuartige Lösungen finden“, sagen unisono Professor Zimmermann und Dr. Sven Ehlert. Die Firma Parteq steuert Systeme für die für Aufwirbelung und aerodynamische Anreicherung der Partikel bei. So kann in Partnerschaft zwischen der Universität, innovativen Firmen, Behörden und Anwendern, wie dem Flughafen Rostock-Laage und DHL hoffentlich eine Lösungsmöglichkeit für ein drängendes Problem gefunden werden.
Text: Wolfgang Thiel
Hinweis zur Bildunterschrift: ((Beide Personen sind vor den Fotoaufnahmen negativ auf COVID-19 getestet worden.)
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Professor Ralf Zimmermann
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-6460
Sekretariat: Christin Kühl, Tel.: +49 381 498-6527
E-Mail: ralf.zimmermann@uni-rostock.de
Weitere Informationen:
http://www: http://www.zimmermann.chemie.uni-rostock.de/ und http://www.jmsc.de/ und http://www.hice-vi.eu/ und https://www.aerohealth.eu/