Der Siebte Sinn, van Gogh, Corona: Knapp 60 neue Projekte weltweit bewilligt
Die Gerda Henkel Stiftung stellt 4,4 Millionen Euro für knapp 60 neue Forschungsvorhaben zur Verfügung. Die Stiftungsgremien nahmen in ihrer Frühjahrssitzung Projekte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 27 Ländern in die Förderung auf. Bewilligt wurde in den Geschichtswissenschaften „Sicherheit als Siebter Sinn“, eine Untersuchung zur Verkehrserziehung in (West-)Deutschland. Forschungen zu den Folgen der Corona-Pandemie und zur Prävention zukünftiger Epidemien finden im Förderschwerpunkt „Sicherheit, Gesellschaft und Staat“ der Stiftung Unterstützung.
Neue Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kunstgeschichte versprechen je ein Vorhaben zu Vincent van Gogh sowie zu den Beziehungsgeflechten unter Künstlerinnen und Künstlern in Rom.
Der Siebte Sinn
Verkehrserziehung in Zeiten der Massenmobilität ist das Thema des Historikers Dr. Kai Nowak (Leipzig). Schon Kinder lernen durch Verkehrspädagogik, den Unsicherheiten des verdichteten Straßenverkehrs zu begegnen. Und auch das Fernsehen gibt Expertenwissen weiter, etwa in Form der bis 2005 ausgestrahlten ARD-Sendung „Der 7. Sinn“. Kai Nowak geht den Veränderungen und Kontinuitäten verkehrserzieherischer Maßnahmen, vor allem in Westdeutschland, nach. Er fragt nach den gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen sowie dem Wechselverhältnis zwischen Verkehrserziehung einerseits sowie Technologie und Wissenschaft andererseits. Der Untersuchungszeitraum reicht von 1900 bis zu den ersten Jahren des wiedervereinigten Deutschlands - als sich Millionen von Fahrerinnen und Fahrer der DDR an westliche Autos und eine sich wandelnde Verkehrskultur anpassen mussten.
Beziehungsgeschichten: Vincent van Gogh und die „Romkünstler“
In Auvers-sur-Oise bei Paris, wo der Arzt Dr. Paul Gachet (1828-1909) Künstler um sich scharte, verbrachte Vincent van Gogh die letzten zwei Monate seines Lebens. Emilie Gordenker, Direktorin des Van Gogh Museums in Amsterdam, und ihr Team wollen die Bedeutung Dr. Paul Gachets als eines Sammlers des 19. Jahrhunderts und Förderers von Vincent von van Goghs Werk erforschen. Das Museum beherbergt die größte van Gogh-Sammlung und ist eine der führenden Forschungseinrichtungen für das Leben und Werk Vincent van Goghs. Mit dem Projekt soll die Beziehung der Familien van Gogh und Gachet im 20. Jahrhundert aufgearbeitet werden.
Im Zentrum eines Dresdener Forschungsprojekts stehen jene Künstlerinnen und Künstler, die zwischen 1792 und 1913 in Rom arbeiteten. Unter Leitung von Prof. Dr. Karl-Siegbert Rehberg untersuchen Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker die Beziehungsgeflechte dieser „Romkünstler“. Ziel ist es, eine Gesamtkonstellation des Künstlerlebens in der Ewigen Stadt sichtbar werden zu lassen. Ein Schwerpunkt des Vorhabens liegt auf der Konkurrenz und Kooperation zweier ausländischer Gruppen: Die „deutschen“ Künstlerinnen und Künstler machten im Ländervergleich den größten Anteil aus. Ihnen gegenüber standen die französischen Kunstschaffenden, die in der von Frankreich errichteten Académie de France à Rome einen institutionellen Rückhalt hatten.
Corona: Protein und Protest
Als Zoonosen bezeichnet man zwischen Tier und Mensch übertragbare Infektionskrankheiten. Die Ausbrüche von BSE, SARS und jüngst SARS-CoV-2 haben die krisenpolitischen Dimensionen von Zoonosen aufgezeigt. Um solchen Epidemien künftig vorzubeugen, setzen die Humangeographinnen und -geographen Prof. Dr. Judith Miggelbrink, Dr. Frank Meyer und Dr. Frank Ingo Müller (Dresden) bei der Ernährung an. Vorliegende Studien zeigen, dass es wichtig ist, Konsumgewohnheiten zu ändern und Nahrungsproduktionen auf nicht tierische Proteine umzustellen. Das Projekt „Protein Matters“ soll durch vertiefte Forschung ein Bewusstsein für die Risiken von Zoonosen in einer sich zunehmend verdichtenden Welt schaffen und Argumente für politische Entscheidungen bereitstellen.
Auch Prof. Dr. Akos Kopper (Budapest) widmet sich in seinem Forschungsvorhaben der Corona-Pandemie. Dem Politikwissenschaftler zufolge hat es seit dem Zweiten Weltkrieg keine vergleichbare Notsituation gegeben. Nahezu alle Länder sind betroffen, was eine kulturübergreifende Betrachtung ermöglicht. Für Deutschland, Japan, Großbritannien, Schweden und Ungarn untersucht Akos Kopper zum einen, mit welchen legalen oder normativen Grenzen sich die Behörden selbst konfrontiert sehen, wenn sie Notmaßnahmen einführen. Zum anderen fragt er danach, wie Bürger, deren politische Proteste aufgrund der Pandemie eingeschränkt sind, kreative Mittel entwickeln, um ihre Einwände weiterhin zum Ausdruck zu bringen.
Weitere Informationen zur Gerda Henkel Stiftung: www.gerda-henkel-stiftung.de
Kontakt:
Pressestelle der Gerda Henkel Stiftung
Dr. Sybille Wüstemann
Telefon +49 211 93 65 24 - 19
Telefax +49 211 93 65 24 - 44
wuestemann@gerda-henkel-stiftung