Lebensbedrohliches Blutgerinnsel minimalinvasiv aus der Hauptschlagader abgesaugt
Erstmals in der Schweiz entfernten Spezialisten des USZ einem Patienten mit einer neuen Methode ein riesiges Blutgerinnsel aus der Hauptschlagader. Statt dieses mit einer offenen Herzoperation zu beseitigen, die zu riskant gewesen wäre, saugten sie das Gerinnsel mit einem Katheter ab.
Beim betroffenen Patienten handelt es sich um einen 66-jährigen Mann, der wegen einer Coronavirus-Infektion hospitalisiert und künstlich beatmet werden musste. Der bis anhin gesunde Mann erholte sich zwar rasch vom Lungenbefund, entwickelte aber schwere Gefässkomplikationen.
Gerinnsel in der Hauptschlagader führt zu Organschäden
Der Patient entwickelte ein grosses Gerinnsel in der Hauptschlagader. Teile davon lösten sich ab und wurden mit dem Blutstrom in die Darmgefässe verschleppt. Daraufhin mussten Teile des Dünn- und Dickdarms notfallmässig chirurgisch entfernt werden. Um weitere lebensbedrohliche Organkomplikationen zu verhindern, galt es, das Gerinnsel aus der Hauptschlagader zu entfernen. Bisher musste hierfür der Brustkorb geöffnet und der Patient an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden. Eine offene Herzoperation wurde in diesem Fall indes als zu riskant eingestuft. Das interdisziplinäre Team mit Spezialisten der Angiologie, Herzchirurgie und Anästhesie entschied, dafür einen Vakuum-Saugkatheter einzusetzen. Der Saugkatheter wurde bisher erst zur Entfernung von Gerinnseln in Venen verwendet.
Minimal-invasiver Eingriff
Für den Eingriff wurden die Kanülen des Absaugsystems in der Leiste durch Arterie und Vene eingelegt und mit einem in sich geschlossenem Schlauchkreislauf verbunden. Darin integriert waren eine Zentrifugalpumpe und ein Blutfilter. Mit Hilfe einer in die Speiseröhre eingelegten Ultraschallsonde konnte das über 3 cm messende Blutgerinnsel in der Hauptschlagader, mit einem Durchmesser von 2 cm, exakt visualisiert werden (Video 1). Die Pumpe wurde nun aktiviert, so dass bei einem Blutfördervolumen von 4 Litern pro Minute ein erheblicher Sog an dem in der Hauptschlagader platzierten Saugkatheter entstand. Der Saugkatheter wurde anschliessend Richtung Blutgerinnsel manövriert, um unter maximalem Sog an das Blutgerinnsel anzudocken (Erschütterungen des Gerinnsels durch den Sog der Kanüle in Video 2). Das Blutgerinnsel wurde nun stückweise abgesaugt und durch den Schlauch aus dem Patienten in den Blutfilter geleitet (kleiner werdendes Gerinnsel in Video 3). Die Fragmente des Blutgerinnsels blieben im Filter hängen, während das gefilterte Blut über das Schlauchsystem dem Patienten über die zweite (venöse) Kanüle zurückgegeben wurde (Foto des Blutgerinnsels im Filter). Der Blutverlust war dadurch äusserst gering. Kontinuierliche Ultraschallmessungen und minutiöse Überwachung der Herzlungenmaschine waren mitentscheidende Faktoren für das Gelingen. Entsprechend wichtig ist bei solchen Eingriffen auch die gute Kommunikation zwischen den verschiedenen Fachspezialisten.
Bis zu 20% der Corona-Patienten erleiden Blutgerinnsel
Thrombosen sind eine ebenso gefürchtete wie häufige Komplikation bei Patienten mit einer Coronavirus-Infektion: Rund jeder fünfte hospitalisierte Patient leidet an Blutgerinnseln, die in der Folge kleinere oder grössere Blutgefässe verstopfen. Die Folge können Organschäden sein – zum Beispiel am Darm wie im oben geschilderten Fall –, aber auch Schlaganfälle oder Lungenembolien. Hintergrund dieser Komplikationen ist die durch das Coronavirus verursachte Blutgerinnungsstörung. Das Team der Angiologie des USZ konnte bereits im Frühjahr 2020 im Zusammenarbeit mit einer grossen Mailänder Klinik in einer Studie zeigen, dass SARS-CoV-2 arterielle und venöse Blutgerinnsel verursacht.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Medienstelle, Universitätsspital Zürich
+41 44 255 86 20, medien@usz.ch
Originalpublikation:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0049384820301407
Korrekturen
19.04.2021 12:03
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