Jetzt online: Informationen zu den CMIP6-Klimasimulationen für den sechsten Weltklimabericht
Das DKRZ ist in vielerlei Hinsicht an den Simulationen beteiligt, die in Deutschland im Rahmen des Projekts CMIP6 und im Hinblick auf den 6. Sachstandsberichts AR6 des Weltklimarats IPCC durchgeführt wurden. Informationen zu den verwendeten Modellen und Klimaszenarien, zum Rechenaufwand, Zugriff auf die Ergebnisdaten sowie zahlreiche Visualisierungen der Modellergebnisse wurden nun auf der DKRZ-Webseite veröffentlicht.
Prof. Thomas Ludwig, Geschäftsführer am DKRZ: "Wir freuen uns, als DKRZ ein wichtiger Partner dieser bedeutsamen Klimaforschungsinitiative zu sein und diese mit unserer Kompetenz in den Bereichen Datenmanagement, Hochleistungsrechnen und Visualisierung zu unterstützen."
KLIMASIMULATIONEN FÜR DAS MODELLVERGLEICHSPROJEKT CMIP6 UND DEN SECHSTEN WELTKLIMABERICHT
Der Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) fasst in regelmäßigen Berichten den Wissenstand der weltweiten Klimaforschung zusammen. Jeder dieser Berichte besteht aus mehreren Teilen und umfasst tausende Seiten. Der erste Teil des sechsten Sachstandsberichts AR6 (IPCC Sixth Assessment Report), der die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels behandelt, soll im Sommer 2021 verabschiedet werden. Die Publikation der weiteren Teile folgt voraussichtlich Laufe der zweiten Jahreshälfte oder Anfang 2022.
Für den AR6 initiierte das Weltklimaforschungsprogramm das umfangreiche Modellvergleichsprojekt CMIP6, in dessen Rahmen umfangreiche koordinierte Simulationen mit gekoppelten Erdsystem- bzw. Klimamodellen durchgeführt wurden.
Am Teilprojekt ScenarioMIP, das Zukunftsprojektionen für eine ganze Bandbreite möglicher sozioökonomischer Entwicklungen umfasst, beteiligten sich weltweit insgesamt etwa 31 Einrichtungen, zum Teil mit mehreren Modellen bzw. Modellkonfigurationen, so dass je nach Szenario bis zu 49 unterschiedliche Modelle eingesetzt wurden. Durch die Vielfalt der Modelle werden Unsicherheiten im Verständnis des Klimasystems und verschiedene Möglichkeiten der Repräsentation von Klimaprozessen in Modellen abgebildet. In den wesentlichen Aussagen stimmen die Modelle überein, und zeigen die gravierenden Veränderungen, die durch den menschgemachten Klimawandel entstehen könnten.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte den deutschen CMIP6-Beitrag. Das DKRZ ist in vielerlei Hinsicht an der Durchführung der CMIP6-Simulationen sowie der Speicherung, Bearbeitung und Bereitstellung der Ergebnisdaten für die Wissenschaft beteiligt. Die Simulationen für den deutschen CMIP6-Beitrag wurden größtenteils auf dem Hochleistungsrechner Mistral am DKRZ durchgeführt.
(A) Überblick über die CMIP6-Aktivitäten am DKRZ: https://www.dkrz.de/kommunikation/klimasimulationen/cmip6-de/cmip6-aktivitaeten-am-dkrz-ueberblick
RECHENZEIT UND ERGEBNISDATEN
Im Laufe der letzten Jahre wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (MPI-M), des Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sowie des DKRZ viele CMIP6-Experimente gerechnet, die Ergebnisse standardisiert und über den ESGF-Datenknoten (Earth System Grid Federation) am DKRZ publiziert. Alleine im Jahr 2019 erforderten diese Simulationen am DKRZ 1,2 Millionen Knotenstunden Rechenzeit. Insgesamt wurden etwa 13.000 Modelljahre simuliert. Der CMIP6-Datenpool am DKRZ umfasste Ende April 2020 ungefähr 1,1 Petabyte an qualitätsgeprüften, primär publizierten und 2,1 Petabyte an replizierten Klimamodelldaten, d.h. Kopien der Simulationsergebnisse von Instituten aus anderen Ländern. Der Teil der CMIP6-Daten, die im IPCC AR6 verwendet werden, wird für die langfristige Nachnutzung, etwa für die Klimafolgenforschung, in das IPCC-AR6-Referenzdatenarchiv des IPCC Data Distribution Centre (DDC) am DKRZ überführt.
MODELLE UND SZENARIEN
Für die am DKRZ durchgeführten CMIP6-Szenarienrechnungen, die auch in den AR6 einfließen, wurden zwei unterschiedlich aufgelöste Konfigurationen des am MPI-M entwickelten Erdsystemmodells MPI-ESM-1.2 sowie das am AWI entwickelte Klimamodell AWI-CM-1-1 verwendet.
Dr. Tido Semmler, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI): "Für das AWI ist die Beteiligung mit dem neu entwickelten Klimamodell AWI-CM an dem großen internationalen Vorhaben CMIP ein wichtiger Meilenstein. Das dabei verwendete Ozeanmodell FESOM bietet aufgrund seines unstrukturierten Gitters die Möglichkeit, dynamisch besonders aktive Bereiche des Ozeans besser aufzulösen und somit kritische Prozesse in Szenarienrechungen realistischer zu simulieren.“
Im Hinblick auf den AR6 wurden neue sogenannte SSP-Klimaszenarien (Shared Socioeconomic Pathways) entwickelt, denen unterschiedliche sozioökonomische Entwicklungen sowie unterschiedliche Verläufe des atmosphärischen Treibhausgasgehaltes zugrunde liegen. Dabei steht das Szenario SSP1 für eine zunehmend nachhaltige Welt, SSP2 schreibt die bisherige Entwicklung fort, wobei die Einkommensschere zwischen einzelnen Ländern größer wird, SSP3 beschreibt regionale Rivalitäten, SSP4 eine Ungleichheit, die zwischen entwickelten, miteinander kooperierenden Gesellschaften und Entwicklungsländern weiter zunimmt und SSP5 eine Entwicklung, die weiterhin auf fossilen Brennstoffen und energiereichem Lebensstil basiert. Eine ausführlichere Beschreibung der verwendeten Szenarien sowie Grafiken, welche die dazugehörigen zukünftigen Verläufe von CO2-Konzentrationen und -Emissionen zeigen, finden sich ebenfalls auf der DKRZ-Webseite.
(B) Weiterführende Informationen zu den Modellen: https://www.dkrz.de/kommunikation/klimasimulationen/cmip6-de/das-modell
(C) Weiterführende Informationen zu den SSP-Klimaszenarien: https://www.dkrz.de/kommunikation/klimasimulationen/cmip6-de/die-ssp-szenarien
ERGEBNISSE
Zahlreiche Visualisierungen zeigen für die unterschiedlichen Szenarien mögliche zukünftige Entwicklungen der wichtigsten Klimaparameter auf Basis der Ergebnisse der Klimasimulationen mit den drei deutschen Modellen.
Als Einstieg und Übersicht über die Modellrechnungen verdeutlichen Kurven der global gemittelten bodennahen Lufttemperatur mögliche zeitliche Verläufe des Klimawandels bei unterschiedlichen sozioökonomischen Entwicklungen (Abbildung 1). Der Vergleich zwischen der beobachteten (gelbe Kurve) und der simulierten Vergangenheit (graue Kurven) zeigt eine gute Übereinstimmung in Umfang und Verlauf der bisherigen Erwärmung. Alle Modelle zeigen, dass im günstigsten Fall (Szenario SSP126, grüne Kurven) die zum Ende des Jahrhunderts erreichte Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Mittel unterhalb von zwei Grad bleiben könnte. Für das pessimistische Szenario SSP585 (lila Kurven) wird dagegen eine kräftige Erwärmung von 3,5 bis 4 Grad im Vergleich zu „heute“ (1995-2014) projiziert. Die jeweilige Bandbreite der Temperaturentwicklungen für ein Szenario ist dabei ein Maß für die Unsicherheit. Die Modellunsicherheit, die aus dem Vergleich unterschiedlicher Modelle ersichtlich wird, ist dabei größer als die simulierte interne Klimavariabilität einzelner Modelle. Man geht davon aus, dass die Modellunsicherheit durch weitere Forschung weiter reduziert werden kann. Die Unsicherheit durch die interne Variabilität kann durch eine höhere Anzahl von Realisierungen, wie sie bei der Simulation der historischen Vergangenheit und dem Szenario SSP370 berechnet wurden, genauer bestimmt, aber nicht reduziert werden.
Animierte Visualisierungen der Änderung der Mitteltemperatur illustrieren, wie die für die Szenarien projizierten Änderungen der 2m-Temperatur regional unterschiedlich ausfallen. In allen Szenarien ist ein deutlicher Kontrast zwischen der Erwärmung über dem Ozean und der über Landflächen erkennbar. Da der tiefe Ozean viel Wärme aufnehmen kann und dadurch dämpfend wirkt, erwärmt sich das Wasser deutlich langsamer bzw. weniger stark als die Landoberfläche. Die größten Temperaturänderungen treten dort auf, wo sich die Bedeckung des Ozeans mit Meereis oder die Schneebedeckung von Landoberflächen ändert.
Durch eine Erwärmung der Lufttemperatur intensiviert sich der Wasserkreislauf, und die Niederschläge nehmen zu - je nach Szenario im globalen Durchschnitt um einige Prozent. Visualisierungen der Niederschlagsänderungen zeigen allerdings, dass gleichzeitig eine Umverteilung erfolgt: In manchen Gebieten regnet es zukünftig mehr, in anderen deutlich weniger; zudem sind die Änderungen jahreszeitlich unterschiedlich stark.
Dr. Johann Jungclaus, CMIP6-Koordinator des Max-Planck-Institutes für Meteorologie: "Im Rahmen von CMIP6 war das MPI-M federführend an der Entwicklung und Planung einer ganzen Palette von Modellvergleichsexperimenten beteiligt. Die Unterstützung des DKRZ ermöglichte es, die Vielzahl der Simulationen erfolgreich durchzuführen und die Ergebnisse über die internationalen Datenserver der Fachwelt zur Verfügung zu stellen."
(D) Weiterführende Informationen zu den Ergebnissen: https://www.dkrz.de/kommunikation/klimasimulationen/cmip6-de/ergebnisse
DATENZUGRIFF UND DER CMIP6-DATENPOOL
Der CMIP-Datenpool enthält alle häufig benötigten Klimamodelldatensätze, wird als Teil der DKRZ-Dateninfrastruktur betrieben und unterstützt Forschende bei der Sammlung, dem Zugriff und der Verarbeitung großer Mengen von Klimadaten. Der ebenfalls am DKRZ betriebene Zitierdienst für CMIP6 sorgt zudem dafür, dass alle CMIP6-Daten zitierbar sind und Datennutzer so den Institutionen Anerkennung für die Erzeugung der Daten geben können. Darüber hinaus unterstützt das DKRZ den IPCC, indem es den CMIP-Datenpool und die DKRZ-Infrastruktur im Rahmen der DDC-Support-Aktivität zur Verfügung stellt.
(E) Weiterführende Informationen zum Zugriff auf die CMIP6-Daten: https://www.dkrz.de/up/services/data-management/cmip-data-pool (nur in Englisch verfügbar)
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Tido Semmler, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven: Tido.Semmler@awi.de
Dr. Johann Jungclaus, Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M), Hamburg: johann.jungclaus@mpimet.mpg.de)
Michael Böttinger, Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ), Hamburg: boettinger@dkrz.de)
Weitere Informationen:
https://www.dkrz.de/kommunikation/klimasimulationen/cmip6-de/de-cmip6 Einstiegspunkt der Webseite zu den CMIP6-Simulationen am DKRZ