Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Immunologie zur COVID-19-Impfung bei Jugendlichen (12-17 Jahre)
Die DGfI empfiehlt, die von der STIKO eröffneten Möglichkeiten der Impfung von Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren wahrzunehmen.
Der mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer (BNT162b2, Comirnaty) zeigt bei Jugendlichen ab 12 Jahren eine hohe Wirksamkeit und bietet daher einen sehr guten Schutz vor COVID-19 (siehe Anmerkung 1). Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine Impfung mit Comirnaty für Jugendliche von 12 bis 17 Jahren, die selbst Vorerkrankungen haben oder in deren Umfeld Angehörige und andere Kontaktpersonen mit hoher Gefährdung für eine schwere COVID-19-Erkrankung sind [1]. Die DGfI unterstützt aus immunologischer Sicht diese Indikationsempfehlung.
Die European Medicines Agency (EMA) hat nach Prüfung der mit dem Zulassungsantrag eingereichten Unterlagen unter Mitarbeit des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) den Einsatz des Impfstoffs Comirnaty für die Anwendung bei Personen ab 12 Jahren aufgrund einer günstigen Nutzen-Risikobilanz empfohlen und die Europäische Kommission hat die Erweiterung der Altersindikation zugelassen [2, 3]. Auch die STIKO sagt, dass eine Impfung nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz des Kindes oder Jugendlichen bzw. der Sorgeberechtigten möglich ist. Für die eingeschränkte Empfehlung der STIKO war von Bedeutung, dass das Risiko einer schweren COVID-19 Erkrankung in dieser Altersgruppe gering ist [1].
Für eine generelle Impfempfehlung ist die studienbasierte Datenlage derzeit noch zu gering, aber es werden weltweit kontinuierlich weitere Daten erhoben, z.B. im Zuge des Zulassungs-verfahrens für den COVID-Impfstoff von Moderna für diese Altersgruppe [4], sowie der laufenden Studien zu Comirnaty bei Kindern zwischen 6 Monaten und 11 Jahren [5]. Auch internationale „Real-World“-Daten von mehr als drei Millionen Geimpften im Alter von 12 bis17 Jahren können dazu beitragen, möglichst zeitnah belastbarere Daten auch zu seltenen Nebenwirkungen bei Jugendlichen zu erhalten, die in die Nutzen-Risikobilanz einfließen können [6-9].
Kinder und Jugendliche ohne Impfung sind einem Infektionsrisiko ausgesetzt, vergleichbar zu allen anderen ungeimpften Altersgruppen. So wurden die höchsten Inzidenzen der 3. Welle bei den 12-17 Jährigen erreicht [1]. Ohne Impfung von Kindern und Jugendlichen besteht im Herbst die Gefahr vermehrter Ausbrüche in Schulen und ähnlichen Einrichtungen. Dies sollte verhindert werden, nicht allein durch die Impfung, sondern als Teil eines Maßnahmenkatalogs für Schulen. Neben dem direkten medizinischen Nutzen für die geimpfte Person sind laut PEI auch der indirekte und ggf. der soziale bzw. sozial-psychologische Nutzen in Betracht zu ziehen. Dieser Aspekt kann nicht in Zulassungsstudien überprüft werden kann, sollte aber in die Betrachtung des Infektionsgeschehens auf die Bevölkerung einbezogen werden [3].
Die DGfI unterstützt daher auch die von der STIKO eröffnete Möglichkeit der Impfung von Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren nach ärztlicher Aufklärung. Es ist wichtig, auch diese Altersgruppe vor einer Infektion zu schützen und eine Virusverbreitung vor allem der aggressiveren Varianten, z. B. B.1.617.2 (delta, d), möglichst effektiv zu verhindern.
Ergänzende Anmerkungen:
Anmerkung 1: Ausgehend von den Daten einer randomisierten Placebo-kontrollierten klinischen Prüfung [11] mit etwas mehr als 1.100 Comirnaty-geimpften Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren in USA, Argentinien, Deutschland, Brasilien, Südafrika und der Türkei zeigte sich, dass die Immunisierung nach zweimaliger Impfung, gemessen am Titer der neutralisierenden Antikörper gegen SARS-CoV-2, gleich hoch oder sogar höher war als bei der Vergleichsgruppe aus 16- bis 25-jährigen Personen in der gleichen klinischen Prüfung. Die Analyse der häufigen, vorübergehenden Nebenwirkungen (Reaktogenität) wie z.B. Schmerz an der Einstichstelle, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit ergab ein ähnliches Profil wie bei Erwachsenen, wenngleich diese etwas häufiger als bei Erwachsenen berichtet wurden – auch in der Placebo-Kontrollgruppe. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 0,4 % der Geimpften und 0,2 % der Probanden/Innen der Placebogruppe beobachtet, wobei keines dieser Ereignisse auf den Impfstoff zurückgeführt werden konnte.
Zitierte Literatur:
[1] STIKO Stellungnahme 6. Aktualisierung
[2] https://www.ema.europa.eu/en/news/first-covid-19-vaccine-approved-children-aged-12-15-eu
[6] https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/vaccines/safety/myocarditis.html
[7] https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/vaccines/recommendations/adolescents.html
[8] https://www.cps.ca/en/documents/position/covid-19-vaccine-for-children
[9] https://www.nature.com/articles/d41586-021-01061-4
[10] https://www.ecdc.europa.eu/en/covid-19/variants-concern
[11] Frenck RW Jr, Klein NP, Kitchin N, Gurtman A, Absalon J, Lockhart S, Perez JL, Walter EB, Senders S, Bailey R, Swanson KA, Ma H, Xu X, Koury K, Kalina WV, Cooper D, Jennings T, Brandon DM, Thomas SJ, Türeci Ö, Tresnan DB, Mather S, Dormitzer PR, Şahin U, Jansen KU, Gruber WC; C4591001 Clinical Trial Group. Safety, Immunogenicity, and Efficacy of the BNT162b2 Covid-19 Vaccine in Adolescents. N Engl J Med. 2021 May 27:NEJMoa2107456. doi: 10.1056/NEJMoa2107456.
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