Einladung zur Pressekonferenz der Ausstellung „BELLUM ET ARTES. Sachsen und Mitteleuropa im Dreißigjährigen Krieg“
am Mittwoch, den 7. Juli 2021, 10 Uhr im Residenzschloss (Hans-Nadler-Saal) und digital im Livestream
mit
Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD)
Christian Lübke, Direktor des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO)
Andreas Rieger, Unternehmenssprecher der Ostsächsischen Sparkasse Dresden
Dirk Syndram, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer und Leiter des Ausstellungsprojektes an den SKD
8. Juli bis 4. Oktober 2021 im Residenzschloss Dresden
Der Dreißigjährige Krieg, der Mitteleuropa vor 400 Jahren erschütterte, ist als eine der dramatischsten Epochen der europäischen Geschichte in das kollektive Gedächtnis eingegangen. Der Konflikt, der 1618 mit dem Prager Fenstersturz seinen Anfang nahm, weitete sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem erbitterten Kampf um religiösen Einfluss und politische Hegemonie innerhalb Europas aus. Hunger, Tod und Seuchen dezimierten die Bevölkerung mancherorts um bis zu zwei Drittel, verwüsteten ganze Regionen und setzten enorme Flüchtlingsströme in Bewegung. Doch auch während des Krieges kam die Kunstproduktion nicht zum Erliegen. Im Gegenteil: Die Kunst erfüllte weiterhin wichtige Funktionen. Sie diente der Repräsentation von Macht, als diplomatisches Geschenk, der Dokumentation von Kriegshandlungen oder der Mahnung zum Frieden.
Die hohe Wertschätzung der Künste auch und gerade in diesen Krisenzeiten machte sie zu einem allseits begehrten Beutegut. In einem bis dahin unbekannten Ausmaß kam es in gezielten Aktionen zum Abtransport ganzer Sammlungen durch den Sieger, darunter bedeutende Bibliotheken, etwa die Bibliotheca Palatina in Heidelberg (1622). Aufgrund wechselnder Besitzverhältnisse nahmen die erbeuteten Kunstwerke ihren Weg quer durch Europa und erfuhren dabei auch Umdeutungen. Heute befinden sie sich in Museen weltweit und gehören mit ihrer facettenreichen Geschichte zum gemeinsamen europäischen Kulturerbe.
400 Jahre nach dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges haben sich elf namhafte Museen und Forschungsinstitutionen aus Deutschland, Tschechien, Schweden, Polen, Österreich, Italien, Spanien und Belgien zusammengefunden, um in dem international angelegten Forschungs- und Ausstellungsprojekt „BELLUM ET ARTES“ ein europäisches Gesamtbild dieser epochemachenden Ereignisse zu zeichnen. Von 2021 bis 2025 ist unter Federführung des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) in Leipzig gemeinsam mit den SKD eine Reihe von Ausstellungen, Tagungen und Workshops geplant. Beteiligte Partner sind die Nationalgalerie Prag, die Tiroler Landesmuseen in Innsbruck, der Complesso Museale Palazzo Ducale in Mantua, das Nationalmuseum in Danzig, das Universitätsmuseum in Breslau, das Schlesische Museum zu Görlitz, die Livrustkammaren (Leibrüstkammer) in Stockholm, das Museo Nacional del Prado in Madrid und das Haus der Europäischen Geschichte in Brüssel. Dabei repräsentiert jede der am Projekt beteiligten Institutionen eine andere vom Dreißigjährigen Krieg betroffene Region. Sie alle eint die Absicht, eine langfristige und intensive Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung, Museumsarbeit und Vermittlung zur Rolle der Kunst während des Dreißigjährigen Krieges zu etablieren.
Mit rund 150 Exponaten aus den Beständen der SKD, ergänzt durch zahlreiche internationale Leihgaben, entwirft die Dresdner Station ein umfassendes Bild von der Rolle der Kunst während des Krieges insbesondere in Sachsen und schlägt einen Bogen zu den Themen unserer Zeit. Fragen nach dem Zusammenhalt Europas, den Auswirkungen von Flucht und Migration, dem Umgang mit Beutekunst oder der Relevanz des kulturellen Erbes für die Bildung nationaler Identitäten werden gestellt.
Thematisch in fünf Bereiche gegliedert, beginnt die Präsentation in der Fürstengalerie des Dresdner Residenzschlosses quasi auf dem Kriegsschauplatz selbst. So zeigen Feldharnische, Pistolen, Piken und Schwerter sowie Pechkränze und gusseiserne Handgranaten sehr selten erhaltene Kriegsgeräte der damaligen Zeit. Wichtige Schlachten, darunter die am Weißen Berg 1620, wurden von den Künstlern akribisch genau in Bildern für Zeitgenossen und Nachwelt festgehalten. Hierfür erwies sich der Kupferstich als ein besonders geeignetes Medium.
Neben Kupferstichen wurden die Schrecken des Krieges vor allem in Zeichnung und Druckgrafik, aber auch in Gemälden festgehalten. Der bedeutendste Maler dieser Zeit, der seine künstlerische Arbeit in den Dienst des Friedens stellte, war Peter Paul Rubens, der mit einer um 1628 entstandenen Allegorie auf den Krieg in der Ausstellung vertreten ist. Ein weiterer Bereich führt die Besucher*innen an eine opulente Tafel, an der die Hauptakteur*innen des Krieges vorgestellt werden, darunter das sächsische Kurfürstenpaar Johann Georg I. und Magdalena Sibylla, der „Winterkönig“ Friedrich V. von der Pfalz und seine Gemahlin Elizabeth Stuart, Maximilian I. von Bayern, Kardinal Richelieu, die Habsburger Kaiser Ferdinand II. und Ferdinand III. sowie der schwedische König Gustav II. Adolf und seine Tochter und Nachfolgerin Christina. Sie alle einte das Interesse an der Kunst, für die sie auch während des Krieges weiterhin hohe Summen ausgaben.
In einem letzten Kapitel schauen die Ausstellungsmacher*innen auf die Kunst als Beute. Gezeigt wird eine Auswahl hochkarätiger Beutestücke aus unterschiedlichen fürstlichen Sammlungen. Dabei wird auch die Frage aufgeworfen, welchen Einfluss diese Plünderungen auf den Kulturtransfer innerhalb Europas hatten. In interaktiven Medienstationen lassen sich sowohl die Wege der erbeuteten Kunstwerke bis an ihre heutigen Aufbewahrungsorte als auch die bewegenden Lebensumstände der Künstler während des Dreißigjährigen Krieges nachverfolgen. Hörstationen vermitteln anhand von Zeitzeugenberichten und Briefen zudem einen lebendigen Eindruck vom Schicksal der Bevölkerung.
Neben der Fürstengalerie erstreckt sich die Ausstellung auf weitere Bereiche im Dresdner Residenzschloss. Der Sponselraum des Neuen Grünen Gewölbes widmet sich dem damaligen Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, während im Studiolo im Georgenbau wichtige Archivalien und Verträge vorgestellt werden. Darüber hinaus können in der ständigen Präsentation des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer zahlreiche weitere Werke entdeckt werden. Eigens gekennzeichnet, spannen sie einen roten Faden durch das Residenzschloss.
Im Rahmen des Projekts entstanden zwei Publikationen:
BELLUM ET ARTES. Mitteleuropa im Dreißigjährigen Krieg, Herausgeber: Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO); Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Nationalgalerie Prag; Claudia Brink; Susanne Jaeger; Marius Winzeler, 544 Seiten, Buchhandel: 48,00€, Museumsausgabe 29,00€, Sandstein Verlag, ISBN: 978-3-95498-605-7
BELLUM ET ARTES. Sachsen und Mitteleuropa im Dreißigjährigen Krieg, Herausgeber: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), Theda Jürjens, Dirk Syndram, 150 Seiten, 15,00€, Sandstein Verlag, ISBN 978-3-95498-606-4
Die Dresdner Ausstellung und das gesamte internationale Kooperationsprojekt (2020–2025) entstanden in enger in Zusammenarbeit von SKD und Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) und in Kooperation mit der Nationalgalerie Prag.
Kurator*innen: Claudia Brink (SKD), Theda Jürjens (GWZO/SKD), Susanne Jaeger (GWZO)
Um die hygienischen Anforderungen in Zeiten von Corona zu berücksichtigen, ist eine Anmeldung zum Pressetermin unter presse@skd.museum unbedingt erforderlich.
Bitte beachten Sie, dass das Tragen eines medizinischen Mund-Nase-Schutzes (FFP2- oder OP-Maske) verpflichtend und der Abstand von 1,50 Meter zu anderen Personen einzuhalten ist.
Parallel bieten wir die Möglichkeit an, das Pressegespräch digital über einen Livestream auf dem YouTube-Kanal der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu verfolgen und online Fragen zu stellen. Zugang über www.skd.museum.
Bildmaterial kann im Pressebereich der SKD heruntergeladen werden: https://www.skd.museum/besucherservice/presse
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Susanne Jaeger
Tel. + 49 (0) 341 97 35 533
susanne.jaeger@leibniz-gwzo.de
Weitere Informationen:
https://gruenes-gewoelbe.skd.museum/ausstellungen/bellum-et-artes/