Science Bench: Wissenschaft goes Fußgängerzone
Kein Thema wird emotionaler diskutiert als der Klimawandel. So stimmen zwar knapp 90 Prozent der Deutschen einer stärkeren Nutzung grüner Energien grundsätzlich zu, kritisch wird es aber, wenn dies vor der eigenen Haustür geschehen soll. Ein Bruch, den Politik und Wissenschaft unbedingt auflösen müssen.
Der Ostbayerische Hochschulverbund TRIO versucht es in der ersten Juliwoche mit einer ungewöhnlichen Aktion. Fünf Wissenschaftler werden sich in fünf Städten auf die Bank setzen. Auf die »Science Bench«. So in Amberg, Deggendorf, Landshut, Passau und Regensburg. Mitten in der City. Alle, die möchten, dürfen sich dazusetzen und ein wenig mit den Forschern plaudern. Über Windräder und Smart Grid. Über Elektromobilität und ländliche Entwicklung. Über Digitalisierung und Gesundheitsversorgung. Über Ideen und Sorgen im engeren oder weiteren Zusammenhang mit der Energiewende. Prof. Dr. Tomas Sauer, Wissenschaftlicher Leiter des Hochschulverbunds, sagt: "Mit TRIO wollen wir einerseits den Austausch zwischen den ostbayerischen Hochschulen und der Wirtschaft intensivieren, wir wollen aber vor allem auch den Kontakt zu den Menschen in unserer Region suchen und verständlich machen, was an den Universitäten und Hochschulen passiert. Genau das ist das Ziel der Aktion Science Bench. Hier können sich Forschende und interessierte Bürgerinnen und Bürger ganz ungezwungen begegnen und diskutieren."
Klimawandel, das ist natürlich nur vordergründig ein reines Ökothema. Denn die vielfältigen Lösungsansätze, um unseren CO2-Fußabdruck möglichst schnell und nachhaltig zu minimieren, reichen in alle Lebensbereiche. Und sie werden vor niemandem halt machen. „Unseren Forscherinnen und Forschern ist daran gelegen, dass die Menschen verstehen, welche Möglichkeiten es gibt, wo wir stehen, wie die Dinge zusammenhängen und vor allem auch, was dies alles für sie bedeutet“, sagt Dr. Jörg Kunz, verantwortlich für die Wissenschaftskommunikation an der Technischen Hochschule Deggendorf und Koordinator der TRIO-Science Bench Aktion. Deshalb gehe man in die Stadt. Um sich auf Augenhöhe auszutauschen. „Wie wünschen uns einen Dialog“, so Kunz weiter, „wir wollen keine Vorlesung am Markplatz, sondern auch das aufnehmen, was die Leute bewegt und welche Ideen sie selbst für eine bessere Welt haben.“
Die Science Bench ist ein Kommunikationsformat, das auf eine Idee Prof. Katja Becker, der Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, zurückgeht. Der Charme dieser Art von Wissenschaftskommunikation besteht in der persönlichen Nähe, die zwischen den Menschen auf der Straße und Forschenden geschaffen wird. Freilich erreicht man so nur eine Hand voll Leute. Aber es sind dafür andere als die, die beispielsweise einen Tag der offenen Tür oder eine Lange Nacht der Wissenschaften besuchen. Man spricht von »Passiven Unterstützern«, die solche Angebote der Hochschulen und Universitäten in der Regel nicht nutzen, ohne jedoch negativ gegenüber der Wissenschaft eingestellt zu sein. „Man schätzt, dass etwa die Hälfte der Menschen zu dieser Gruppe gehört“, berichtet Kunz. Die Wissenschaft habe erkannt, dass es viel mehr Integration und Teilhabe der Bevölkerung braucht. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt deshalb im Wissenschaftsjahr 2022 partizipative Wissenschaftskommunikationsprojekte in den Mittelpunkt. Unter dem Motto »Nachgefragt!« Kunz freut sich über diese Entwicklung: „Mit der Science Bench sind wir in Ostbayern quasi schon einen Schritt voraus gegangen. Aber das Schöne ist, da kommt noch mehr.“