Positionspapier User Interface Design für VR und AR
Das Virtual Dimension Center (VDC) Fellbach hat ein Positionspapier zum Thema V/AR User Interface Design erarbeitet. Es umfasst den aktuellen Status Quo und weiteren Bedarf, darunter wissenschaftliche V/AR-UI-Evaluationen, Best Practices, Qualifizierungsangebote gezielt für die Industrie und weitere Standardisierung.
Fellbach, 20.07.2021 – Da die Interaktion mit digitalen 3D-Objekten vielschichtiger und historisch gesehen jünger ist als die 2D-Interaktion, ist das User Interface Design für VR und AR noch immer ein herausforderndes und spannendes Themenfeld. Das Virtual Dimension Center (VDC) Fellbach hat den aktuellen Stand eruiert und Entwicklungsbedarfe formuliert.
Die intuitive, also selbsterklärende und mental wenig aufwändige Benutzung und Interaktion mit den eigentlichen V/AR-Inhalten ist mitentscheidend für den Markterfolg von V/AR-Softwareprodukten in der Praxis. Gute Bedienbarkeit und im weiteren Sinne auch positive Nutzererfahrungen sind für Benutzungsschnittstellen von V/AR -Software ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Wir erleben heute, dass sich für einige Bereiche der Mensch-Computer-Interaktion Standards durchgesetzt haben. Zu nennen sind hier an erster Stelle WIMP (windows-icon-menu-pointer)-Systeme und Touch-Oberflächen. Da die Interaktion mit digitalen 3D-Objekten vielschichtiger - etwa bedingt durch sechs Freiheitsgrade anstelle von nur zwei Freiheitsgraden bei flächigen Elementen (wie etwa Text) - und historisch gesehen jünger ist als die 2D-Interaktion, haben sich noch keine einheitlichen Interaktionsstandards herausgebildet. Die Gründe, die sich dahinter verbergen, sind vielfältig: Untersuchungen zur Identifikation der "besten" Art der Interaktion sind aufwändig und teuer; für die Interaktion mit 3D-Objekten gibt es unzählige andere Interaktionsgeräte neben der klassischen Computer-Maus.
In vielen der Anwendungsbereiche von V/AR-Software – besonders im professionellen Einsatz – ist Software in den seltensten Fällen ein Solitär, der unabhängig von anderen technischen Systemen betrieben wird: in der ganz überwiegenden Anzahl von Anwendungsgebieten funktioniert Software als Teil einer Prozesskette, als Baustein mit vor- und nachgelagerten Bearbeitungsschritten. Diese Schritte finden - der Natur der Sache entsprechend - in weiteren 3D-Software-Lösungen statt. Unterscheiden sich hier aber die 3D-Interaktionsmechanismen deutlich, so hat dies gravierende Konsequenzen, da der Benutzer von einem Bedienkonzept auf ein anderes wechseln muss: Die Benutzung von V/AR-Software wird damit anstrengender, fehlerträchtiger, langsamer und unbefriedigender.
In einem ersten Schritt skizzierte das VDC daher den aktuellen Stand des Wissens und der Technik in den Themenfeldern VR-Interaktion und AR-Interaktion. Danach folgten eine Sichtung und Sammlung aktuell verfügbarer Empfehlungen für das V/AR-User-Interface-Design, die größtenteils aus der wissenschaftlichen Forschung stammen; auch relevante Normen im Kontext wurden recherchiert und gelistet. Nach einem kurzen Blick auf aktuelle Herausforderungen wurden Bedarfe identifiziert und daraus Forderungen an die Politik und die Wirtschaft abgeleitet.
Folgende Bedarfe scheinen aktuell zentral zu sein:
Wissenschaftliche Evaluation von V/AR-User-Interfaces: Die exakte wissenschaftliche Evaluation von V/AR-User-Interfaces - insbesondere im Vergleich zueinander - ist erforderlich, um von Vermutungen, subjektiven Eindrücken und „Glaubensfragen“ hin zu harten Entscheidungskriterien für und wider gewisse Interaktionsmechanismen zu gelangen.
Dokumentation aktuellen Wissens und Best Practices für V/AR User Interface Design: Es ist viel Wissen im Themengebiet vorhanden, das aber sehr fragmentiert ist und in einer Form, die für Unternehmen - insbesondere kmU - eher schlecht zugänglich ist.
Qualifizierungsangebote bereitstellen: Es gilt, Qualifizierungsangebote für Unternehmen - insbesondere für kmU - zum Thema V/AR-User-Interface-Design bereitzustellen. Hier besteht definitiv Bedarf, der seitens der Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Usability-Initiativen nicht befriedigend gedeckt werden kann.
Vereinheitlichung und Förderung der Standardisierung: Ebenso wie die wissenschaftliche Evaluation von V/AR-User-Interfaces ist die Standardisierung derselben ein Mammutthema, das großer inhaltlicher Tiefe in den Themenfeldern User Interface Design und V/AR bedarf. Unternehmen und Staat können sich hier stärker als bislang engagieren.
Der gesamte Bericht Applikationszentrum VAR - Bericht #27 - AP 7 - Positionspapier – VAR-User-Interface-Design ist hier zu finden: www.vdc-fellbach.de/wissen/fachinformationen/studien-analysen/
Die vorgestellten Arbeiten entstanden im Rahmen des Projekts „Applikationszentrum V/AR“, welches durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg gefördert wird.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm.
Christoph Runde
+49 (0) 711 / 58 53 09 - 11
christoph.runde@vdc-fellbach.de
Originalpublikation:
DOI: 10.6084/m9.figshare.15021999