Free Media Awards 2021 gehen an Journalist:innen und Medien aus Belarus
Die Free Media Awards – Supporting Independent Journalism in Eastern Europe gehen in diesem Jahr an Journalist:innen, Recherche-Teams und Organisationen in Belarus. Zu den Ausgezeichneten gehören die Justiz-Reporterin Katsjaryna Barisewitsch, die Nachrichten-Website TUT.by, die Belarus Association of Journalists, die Journalistin Natalia Lubnieuskaja, sowie die Journalistin Katsiaryna Andreyeva und ihre Kamerafrau Darya Chultsova. Die Free Media Awards werden von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius gemeinsam mit der norwegischen Stiftelsen Fritt Ord vergeben.
„Die diesjährigen Free Media Awards verleihen wir für einige der mutigsten Berichterstattungen, die im vergangenen Jahr in Belarus veröffentlicht wurden. Leider zeigen die Verhaftungen mehrerer unserer Preisträgerinnen und Preisträger auch die Konsequenzen, denen belarussische Journalistinnen und Journalisten ausgesetzt sind, wenn sie sich für Demokratie und Pressefreiheit einsetzen.“, so Prof. Dr. Michael Göring, Vorstandsvorsitzender der ZEIT-Stiftung.
Die unabhänige Jury weist in ihrem Statement auf die maßiven Einschränkungen des unabhängigen Journalismus in Belaraus hin: „Wir widmen in diesem Jahr alle Free Media Awards Journalist:innen und Medien in Belarus, um sie für ihre hervorragende Arbeit und ihren überragenden Mut in diesem für die Pressefreiheit so dramatischen Jahr auszuzeichnen. Nach Angaben des Belarusischen Journalistenverbandes (BAJ) wurden allein in den vergangenen Monaten 480 Journalist:innen festgenommen. Rechnet man ihre Haftstrafen zusammen, kommt man auf rund 1200 Gefängnistage. Durch ein systematisches Vorgehen gegen die unabhängigen Medien verschärft sich die Lage weiter. Es gibt nicht nur zahlreiche neue Fälle von Inhaftierungen und Geldstrafen wegen „Verstößen gegen die Vorschriften über Massenversammlungen“, „Ungehorsam gegenüber der Polizei“ und „Verstößen gegen die Gesetze über Massenmedien“, sondern auch Einschränkungen oder erzwungene Schließungen großer Medien und Organisationen, die sich für die Rechte von Journalist:innen einsetzen, einschließlich der BAJ selbst. Mit den Free Media Awards wollen wir die Aufmerksamkeit auf diese Missstände lenken, den Kampf der Medienschaffenden in Belarus für eine freie Presse stärken und ihre herausragende Arbeit würdigen."
Die Gerichts-Reporterin Katsjaryna Barisewitsch, TUT.by, erhält den Free Media Award für ihre Berichterstattung über die Gerichtsprozesse und Strafermittlungen, mit denen die Lukaschenka-Regierung Demonstrierende einzuschüchtern versucht. Insbesondere ihr Artikel über den Fall von Raman Bandarenka, der die Methoden des Regimes aufdeckt und die Verhaftung und die Verurteilung der Journalistin zur Folge hatte, steht exemplarisch für ihren couragierten Einsatz. Vorgeschlagen für die Free Media Awards wurde sie unter anderem von der Belarusischen Gemeinschaft in Norwegen Razam.
Einen weiterer Free Media Award geht an die Website TUT.by, nominiert unter anderem vom Norwegian Helsinki Committee und dem Human Rights House. Das Onlinemedium hat sich aus einem anfänglich eher serviceorientierten Portal zu einer unabhängigen Nachrichten-Website entwickelt, die international wahrgenommen wird. Das Medium stellte 2020 beispielsweise Filmmaterial von den Protesten Sendern in aller Welt zur Verfügung und ermöglichte so eine internationale Berichterstattung. Zuletzt verstärkten sich die staatlichen Repressionen gegen die Website: Ende 2020 wurde TUT.by der Medienstatus aberkannt, sodass die Journalist:innen ihre Akkreditierung verloren. Das Portal wurde nach einer Entscheidung der Regierung vom 21. Mai 2021 gesperrt und 13 Mitarbeiter:innen inhaftiert.
Der Belarussische Journalistenverband (Belarus Association of Journalists/BAJ) wird mit dem Free Media Award für seinen unermüdlichen Einsatz für die Rechte der Journalist:innen ausgezeichnet. Im Laufe, der seit August 2020 andauernden Proteste in Belarus hat BAJ zusammen mit seiner Partnerorganisation Reporter ohne Grenzen Verstöße gegen Medienfreiheit und Repressalien gegen unabhängige Journalist:innen dokumentiert und veröffentlicht. Außerdem bietet BAJ, der von den Behörden verfolgt wird, rechtliche Hilfe für Journalist:innen und ist eine wichtige Informationsstelle für internationale Medien. Das Norwegian Helsinki Committee hatte den Verband für den Preis vorgeschlagen.
Katsiaryna Andreyeva und Darya Chultsova werden für ihre mutigen Live-Berichte über die Proteste gegen das Lukaschenka-Regime ausgezeichnet. Für Ihre Arbeit wurden Katsiaryna Andreyeva und Daria Chultsova zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt. Dem Sender Belsat, ansässig in Polen, für den das Team arbeitet, hat die belarussische Regierung die Akkreditierung verweigert und somit den Behörden die Möglichkeit gegeben, die Medienschaffenden von Belsat zu verfolgen, da sie nicht als Journalist:innen anerkannt sind.
Natalia Lubnieuskaja schreibt für die Zeitung Nascha Niwa Reportagen über die Menschen, die vom Regime verfolgt werden, über die willkürlichen Festnahmen während der friedlichen Proteste. Außerdem berichtete sie über den Corona-Ausbruch in Belarus, den die Regierung erst leugnete und dann ignorierte. Den Free Media Award erhält sie für ihre bewegenden Texte und ihr Durchhaltevermögen, allen Widerständen zum Trotz. Der Journalistin wurde im August 2020 von einem Polizisten ins Knie geschossen, sie verbrachte über einen Monat im Krankenhaus. Danach setzte sie ihre Arbeit unerschüttert fort.
Ausgewählt wurden die Ausgezeichneten von einer sechsköpfigen Jury: Ane Tusvik Bonde von der Human Rights House Foundation in Oslo; Alice Bota, Moskau-Korrespondentin DIE ZEIT; der ukrainische Journalist und Übersetzer Juri Durkot; Guri Norstrøm, Osteuropa-Expertin des Norwegischen Fernsehens; Martin Paulsen, PhD, unabhängiger Osteuropaforscher und Silvia Stöber, die als freie Journalistin über den südlichen Kaukasus und den Südosten Asiens berichtet.
Seit 2016 werden die Free Media Awards an unabhängige Journalist:innen, Redaktionen und Medienplattformen in Russland, der Ukraine, Aserbaidschan, Belarus, Georgien oder Armenien vergeben. Die Preisträger:innen wurden von internationalen Institutionen und Einrichtungen, die sich in oder für Osteuropa engagieren sowie Osteuropa-Expert:innen vorgeschlagen.