Digitalisierung! Welche Digitalisierung? Neue SOFI-Publikation über den Wandel der Arbeit
Lange hat kein Thema die öffentliche und wissenschaftliche Debatte über den Wandel der Arbeit so dominiert wie die Digitalisierung – ‚Digitalisierung!‘ scheint auf fast alles die Antwort zu sein. Worin die viel beschworene ‚digitale Transformation‘ genau besteht und wohin sie uns führen wird, bleibt allerdings höchst unklar und umstritten. Der Band „Digitalisierung und Arbeit“, der den aktuellsten Stand der Digitalisierungsforschung am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) dokumentiert, präsentiert klärende empirische Analysen über die ganze Bandbreite der Triebkräfte, Arbeitsfolgen und Regulierungserfordernisse der Digitalisierung in der Arbeitswelt.
‚Digitalisierung‘ dient als Catch-all-Bezeichnung, mit der alles ‚total Neue‘ der heutigen Arbeitsentwicklung assoziiert wird, und ist in der Diskussion oft mit einer Art Tunnelblick auf die Zukunft der Arbeit verbunden: Die digitale Technik treibt die große Transformation der Arbeit an, mit ‚zerstörenden‘ oder schrittweisen, in jedem Fall aber unvermeidlichen Folgen. Am Ende des Tunnels sehen wir lediglich das lichte oder düstere – Bild der einen (nur noch) digitalen Zukunft der Arbeit.
„Eine solche Einbahnstraßen- und Catch-all-Vorstellung von der einen Digitalisierung und ihrer gesellschafts- und arbeitstransformierenden Kraft ist erkenntnishemmend und unrealistisch. Sie wird den Triebkräften und Einflussfaktoren, den Ungleichzeitigkeiten und Unterschieden bei den Arbeitsfolgen nicht gerecht“, schreiben die Herausgeber*innen Birgit Apitzsch, Klaus-Peter Buss, Martin Kuhlmann, Marliese Weißmann und Harald Wolf vom SOFI in ihrer Einleitung.
Buss hebt den Unterschied der SOFI-Perspektive auf die Digitalisierungsdebatten hervor: „Beim SOFI-Beitrag zur Digitalisierungsdiskussion tritt an die Stelle der Eindimensionalität des Tunnelblicks auf die Digitalisierung die Untersuchung von Digitalisierungen: differenziert nach Diskurswirkungen, unterschiedlichen Funktionen, Einsatzfeldern und Techniklinien, in Verbindung mit anderen Tendenzen der Arbeits- und Organisationsentwicklung (etwa bei Geschäftsmodellen, Unternehmensstrategien, Finanzialisierung, Fragmentierung). Zudem ist diese eingeordnet in die lange Geschichte informations- und kommunikationstechnischer Rationalisierung von Arbeit als deren neueste Etappe.“
„So entsteht ein Bild der Vielfalt, der Ungleichheiten und Widersprüche der gegenwärtigen Digitalisierungsentwicklung, auf breiter empirischer Basis“, ergänzt Wolf: „Vom Handel und den Finanzdienstleistungen über verschiedene Industriebranchen, Logistik und IT bis hin zum Krankenhaus und zur Verwaltung, vom Solo-Selbstständigen über kleine und mittlere Unternehmen bis zu Großkonzernen. Und dabei zeigt sich: Die vermeintliche Unvermeidlichkeit ist keine. Auch die digitale Zukunft der Arbeit hängt ab vom Wechselspiel gesellschaftlicher Interessen und Kräfte, mit gestaltbarem Ausgang.“
Digitalisierungen bleiben im Arbeitswandel daher immer nur eine der Einflussgrößen – und nicht immer die wichtigste. Das gilt auch aus der Beschäftigtenperspektive: Die Risiken eines dramatischen Beschäftigungsabbaus oder einer massiven Ausweitung der Kontrolle sind präsent, die realen Digitalisierungserfahrungen prägen sie bei den meisten aber noch wenig. Digitalisierungen der Arbeit schaffen also ein weites soziales Spannungsfeld von enorm gewachsenen technischen Möglichkeiten einerseits und deren selektiver, je spezifischer betrieblicher Anwendungen und Folgewirkungen andererseits. Dieses Spannungsfeld verdeutlichen die im Band vorgelegten SOFI-Analysen exemplarisch.
Die neue Publikation des SOFI wird am 18.08.2021 im Campus Verlag erscheinen:
Veröffentlichung: Buss, Klaus-Peter; Kuhlmann, Martin; Weißmann, Marliese; Wolf, Harald; Apitzsch, Birgit (Hrsg.) (2021): Digitalisierung und Arbeit. Triebkräfte – Arbeitsfolgen – Regulierung. Frankfurt a. M. und New York: Campus.
Weitere Informationen und Kontakt:
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.
an der Georg-August-Universität
Friedländer Weg 31
37085 Göttingen
Wissenschaftliche Ansprechpartner
Dr. Klaus-Peter Buss
Telefon +49 551 52205-39
E-Mail klaus-peter.buss@sofi.uni-goettingen.de
PD Dr. Harald Wolf
Telefon +49 551 52205-48
E-Mail harald.wolf@sofi.uni-goettingen.de
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Jennifer Villarama
Telefon +49 551 52205-19
E-Mail jennifer.villarama@sofi.uni-goettingen.de
www.sofi.uni-goettingen.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Klaus-Peter Buss
Telefon +49 551 52205-39
E-Mail klaus-peter.buss@sofi.uni-goettingen.de
PD Dr. Harald Wolf
Telefon +49 551 52205-48
E-Mail harald.wolf@sofi.uni-goettingen.de
Originalpublikation:
Buss, Klaus-Peter; Kuhlmann, Martin; Weißmann, Marliese; Wolf, Harald; Apitzsch, Birgit (Hrsg.) (2021): Digitalisierung und Arbeit. Triebkräfte – Arbeitsfolgen – Regulierung. Frankfurt a. M. und New York: Campus.
Weitere Informationen:
http://www.sofi.uni-goettingen.de