Stärkung des Wissenschaftsstandorts: Nordrhein-Westfalen richtet Forschungsförderung neu aus
Landesregierung schafft bessere Rahmenbedingungen für the-menoffene Forschung – Erste Projekte mit insgesamt 22 Millionen Euro Fördervolumen ausgewählt – Ministerin Pfeiffer-Poensgen startet Forschungsreise
Wettbewerbsfähigkeit und viel Freiraum für die Entwicklung zukunftsweisender und innovativer Ideen – das sind zwei zentrale Erfolgskriterien für eine starke Wissenschaftslandschaft. Um diese Voraussetzungen zu verbessern und die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen weiter zu stärken, richtet die Landesregierung die Forschungsförderung neu aus. Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sollen dabei unterstützt werden, neue Forschungsprofile und Netzwerke aufzubauen und bestehende Forschungsschwerpunkte weiterzuentwickeln. Hierfür stellt die Landesregierung mit dem Haushaltsentwurf 2022 jährlich 15 Millionen Euro zusätzlich zu den bisherigen Mitteln für die Forschungsförderung zur Verfügung. Ziel des Landes ist es, mit regelmäßigen und themenoffenen Aufrufen vielversprechende Forschungsvorhaben zu fördern. Das dafür entwickelte Konzept enthält vier Handlungsfelder, in denen passende Förderinstrumente angeboten werden: Forschungsprofile, Visionen, Vernetzungen und Transfer.
„Wissenschaftliche Forschung ist ein zentraler Entwicklungsmotor unserer Gesellschaft. Von Künstlicher Intelligenz über die Batterien von Morgen bis zur Entwicklung neuer Therapien und Medikamente gegen Krebs: Forschungsergebnisse verändern und verbessern das Leben der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Mit der neuen Forschungsförderung wollen wir die Forscherinnen und Forscher in Nordrhein-Westfalen dabei unterstützen, die Potenziale ihrer Arbeit noch besser zur Geltung bringen zu können. Dabei ist für mich eines ganz klar: Nicht die Politik sollte festlegen, was erforscht wird, sondern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selber. Mit der neuen Forschungsförderung wollen wir als Land mithelfen, Forscherinnen und Forscher und ihre Ideen zielgerichtet miteinander zu vernetzen und zu fördern – weil freie Forschung unsere Zukunft gestaltet“, sagt Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Im ersten Förderinstrument „Profilbildung“ hat eine unabhängige Auswahljury jetzt neun Projekte in Höhe von insgesamt rund 22 Millionen Euro ausgewählt, die im Rahmen der neuen Forschungsförderung umgesetzt werden sollen. 15 Universitäten und je drei Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind an den ausgewählten Vorhaben beteiligt.
Die Projekte starten im November. Insgesamt waren 69 Antragsskizzen eingereicht worden. Die Antragsteller konnten die Themen zu einer langfristigen Profilbildung frei aus den Bereichen Lebens-, Natur-, Ingenieur-, Geistes- und Sozialwissenschaften, aus Grundlagenforschung ebenso wie aus anwendungsnaher und angewandter Forschung wählen.
Ministerin Pfeiffer-Poensgen betont: „Die in der ersten Förderrunde „Profilbildung“ ausgewählten Vorhaben beschäftigen sich mit Themen wie dem Quantencomputing, dem Wandel der sozialen Interaktion oder mit Veränderungen im Pflegesektor. Diese Fragen haben konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig schaffen wir mit der neuen Forschungsförderung beste Voraussetzungen für die Forscherinnen und Forscher in Nordrhein-Westfalen, damit sie sich auch zukünftig erfolgreich an großen und bedeutsamen Forschungsprojekten auf Bundes- und EU-Ebene beteiligen können.“
Nach dem Baustein „Profilbildung“ wurde inzwischen auch das zweite Förderinstrument, „Netzwerke 2021“, veröffentlicht. Hierzu sind 19 Antragsskizzen eingereicht worden. Nun steht auch dort die wissenschaftliche Begutachtung an, eine Entscheidung wird im Frühjahr 2022 erwartet.
Je Vorhaben kann die jährliche Förderung bis zu fünf Millionen Euro betragen. Der Förderzeitraum ist auf vier Jahre angelegt.
Ab Anfang September wird Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen zahlreiche Standorte der Spitzenforschung in Nordrhein-Westfalen im Rahmen einer Forschungsreise besuchen. Zum Auftakt besucht die Ministerin am 6. September die Heinrich-Heine-Universität und die Uniklinik Düsseldorf, wo sie sich u.a. über den aktuellen Stand der Virus Allianz NRW („VIRAL“) informiert. In diesem Forschungsnetzwerk bündeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Nordrhein-Westfalen ihre Kompetenzen auf den Feldern der Virologie und Infektionsforschung, um so gemeinsam erhebliche Fortschritte bei der Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie etwa Covid19 zu erreichen.
Bis Januar werden weitere Stationen, etwa in Münster, Köln, Paderborn, Bochum, Jülich und Bonn folgen.
Die ersten Projekte, die beim Förderaufruf „Profilbildung 2020“ ausgewählt wurden, im Überblick:
NRW-Cluster für datenintensive Radioastronomie (B3-D): Das interdisziplinäre Forschungs-, Technologie- und Ausbildungs-Cluster soll Aktivitäten und Expertise im Bereich Big Data und Big Data Analytics in der Astrophysik strukturell vernetzen, um den zukünftigen Herausforderungen astronomischer Observatorien zu begegnen. Federführend ist das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, beteiligt sind das Forschungszentrum Jülich, die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die Technische Universität Dortmund sowie die Universitäten Bielefeld, Bochum, Bonn und Köln.
Photonisches Quantencomputing (PhoQC): Es geht um die Erforschung der Grundlagen für die Realisierung von photonischen Quantenrechnern. Dazu soll an der Universität Paderborn perspektivisch ein international führendes Forschungszentrum geschaffen werden, in das die Bereiche Physik, Mathematik, Ingenieurswissenschaften, Informatik und Elektrotechnik eingebunden werden.
Transformation in Care and Technology (TransCareTech): Bei diesem Vorhaben des Forschungsverbunds CareTech OWL an der Fachhochschule Bielefeld stehen diverse Aspekte im Fokus. Themen sind etwa die Stärkung von Fachlichkeit und Arbeitszufriedenheit bei den Beschäftigten sowie eine höhere Effizienz und Effektivität im Care-Sektor.
Multi-Omics Data Science – Integrierte Datenanalyse zur Prädiktion, Prävention und Therapie metabolischer Systemstörungen (MODS): Neben der federführenden Universität Düsseldorf ist das Deutsche Diabetes Zentrum beteiligt. In dem Forschungsprogramm ist es das übergeordnete Ziel, eine integrative Untersuchung der Wechselwirkung kardiovaskulärer, neuronaler und metabolischer Systeme durchzuführen.
Sozialstaatsreform „von unten“: Vertretung schwacher Interessen durch die Soziale Arbeit als Demokratisierung von Sozialpolitik? (DemSoz): Es steht die Frage im Fokus, auf welche Weise Bedarfs- und Interessenlagen von erwerbsfähigen Langzeitarbeitslosen und ihren Familienangehörigen in sozialpolitische Reformprozesse in Bund, Land und Kommune eingebracht werden. Beteiligt an dem Forschungsvorhaben sind die federführende Technische Hochschule Köln und Universität Duisburg-Essen.
From Prediction to Agile Interventions in the Social Sciences: Innovative Ansätze zum Umgang mit großen Datenmengen und kleinen Fallzahlen zur Optimierung von Prognose und Intervention in der Empirischen Bildungs-, Rehabilitations- und Sozialforschung (FAIR): Dieser Profilbereich an der Technischen Universität Dortmund entwickelt innovative Methoden der Datenanalyse zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen in hochrelevanten Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Teilhabe.
Interact! Neue Formen der sozialen Interaktion mit intelligenten Systemen (INTERACT!): Das interdisziplinäre Projekt an der Universität Bochum hat zum Ziel, den Umbruch mitzugestalten, der durch die Interaktion über soziale Medien und mit KI-Systemen in der Gesellschaft entsteht. Mittelfristig soll ein international sichtbares Research Department Soziale Interaktionsforschung entstehen.
Kulturen des Kompromisses (KompromissKulturen): Das Forschungsprofil zielt inhaltlich darauf, erstmalig die sozioökonomischen, politisch-rechtlichen und kulturellen Bedingungen des Kompromisses systematisch und interdisziplinär im Epochen- und Zivilisationsvergleich zu erforschen. Beteiligt sind die Universitäten Duisburg-Essen (federführend), Bochum und Münster.
Individualisierung in sich ändernden UmWelten (InChangE): In standortübergreifenden, interdisziplinären Forschungsprojekten soll an den Universitäten Bielefeld (federführend) und Münster Individualisierung in sich ändernden Umwelten untersucht werden. Dabei sollen Fragestellungen zu den Ursachen der Individualisierung und dem Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft beziehungsweise sozialen Gruppen bearbeitet werden, die auch eine ethische Bewertung zulassen.