Eigenheime der 1950er bis 1970er Jahre: Befragung zu Wohnsituation und Bestand
Der Wohngebäudebestand in Deutschland steht zunehmend im Fokus bei der erforderlichen Verminderung des CO2-Ausstosses. Doch die anvisierten Einsparziele werden deutlich verfehlt, da der weiterhin hohe Anteil älterer Wohngebäude häufig mit einer begrenzten Belastungsfähigkeit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner in Hinblick auf energetische Modernisierungen zusammenkommt. Dies gilt insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser der Nachkriegsjahrzehnte.
Die nun vorliegende Studie fasst die Ergebnisse einer Befragung von Seniorinnen und Senioren in dem Wohnungssegment Eigenheime der 1950er bis 1970er Jahre zusammen. Die Befragung wurde vom vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. gemeinsam mit dem Sinus-Institut Heidelberg konzipiert und umgesetzt und nimmt die konkrete Situation des Bestandes, die Befindlichkeit ihrer Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Perspektiven des Bestandes in den Blick - gerade auch in den peripheren Gebieten des Landes. Neben den Themen „Modernisierungsbedarf und -bereitschaft“ wurde ein breites Fragenspektrum einbezogen, das von der Bewertung der Versorgungs-Infrastruktur, über das Zusammenleben in der Nachbarschaft bis zum
künftigen Umgang mit dem eigenen Haus reicht.
Die zentralen Befunde:
• Die große Mehrheit ist mit ihrer Wohn- und Lebenssituation zufrieden und will (so lange wie möglich) im Haus bleiben. Alternative Wohnformen und Wohnorte werden nur von sehr wenigen Befragten erwogen. Gründe sind vor allem die Verwurzelung, das soziale Umfeld sowie die eigene Lebensleistung.
• Handlungsbedarf wird vor allem in den Bereichen Nahversorgung und medizinische Versorgung gesehen - auch von Befragten, die in städtischen Kreisen leben. Zukunftssorgen bereitet trotz einer insgesamt guten Situation das Thema „Sicherheit“.
• Ein erheblicher Teil der Befragten kann oder will sich Modernisierungsmaßnahmen nicht leisten. Dies gilt vor allem für Befragte mit Einkünften unter 1.500 Euro, aber auch für Teile der Befragten mit höheren Einkünften.
• Das Konzept der Immobilienverrentung ist weniger als 20 Prozent der Befragten bekannt und nur 8 Prozent können sich vorstellen, es zu nutzen.
Aus den Befunden der Befragung ergeben sich eine Reihe von Fragen, etwa in Hinblick auf alternative und innovative Versorgungskonzepte oder die Zukunft der untersuchten Eigenheime im ländlichen Raum – auch angesichts der räumlichen Verschiebung der Immobiliennachfrage. Unterstrichen werde damit, so Projektleiter Bernd Hallenberg (vhw e. V.) „…die politische Aufgabe, bei der erforderlichen energetischen Gebäudesanierung auch die sozialen Belange der betagten Eigenheimbewohnerinnen und -bewohner angemessen zu berücksichtigen.“
Zur Befragung:
Die Konzeption der Befragung erfolgte durch den vhw e. V. und das SINUS-Institut GmbH Heidelberg. Mit der Umsetzung der Feldarbeit wurde die Ipsos GmbH beauftragt.
Durchgeführt wurde die Befragung von älteren Eigentümerinnen und Eigentümern anhand eines Mixed-Mode-Verfahrens - eine Kombination aus persönlichen Befragungen (CAPI) und internetbasierten Erhebungen (CAWI). Im Befragungszeitraum 11.11.2019 bis 30.12.2019 wurden mit dieser Methode 457 Personen persönlich interviewt sowie 300 Online-Befragungen durchgeführt. Insgesamt konnten somit 757 Eigentümerinnen und Eigentümer zu ihrer Wohnsituation und den Perspektiven ihrer Eigenheime befragt werden.
Angesichts der verschiedenen Abgrenzungskriterien des Untersuchungsgegenstandes sind bei der Repräsentativität der Stichprobe gewisse Abstriche zu machen. Zu berücksichtigen war neben dem fortgeschrittenen Alter der Befragten (65 und älter) und der Baualtersklasse der bewohnten Häuser (1949 bis 1978) auch die räumlich-strukturelle Verteilung des Bestandes im Bundesgebiet. Dazu wurde auf die siedlungsstrukturellen Kreistypen des BBSR und die kreisscharfen Zukunftsperspektiven des Prognos-Instituts von 2019 zurückgegriffen. Da die Fragestellung vor allem auf die Zukunft und Herausforderungen in diesem Bestandssegment abzielte, blieben Häuser in großstädtischen Wachstumsregionen mit hoher Nachfrage und deutlicher Wertsteigerung unberücksichtigt.
Weitere Informationen:
Der vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. ist ein gemeinnütziger Verband. Er engagiert sich durch Fortbildung und Forschung in den Handlungsfeldern Wohnen und Stadtentwicklung für die Leistungsfähigkeit der Kommunen, eine vielfältige Bürgergesellschaft sowie die Stärkung der lokalen Demokratie. Die Forschungsabteilung des vhw e. V. untersucht Grundlagen nachhaltiger Stadt- und Quartiersentwicklung, lokale Steuerungs- und Kommunikationsprozesse und arbeitet unmittelbar mit Akteuren vor Ort daran, Teilhabe und Co-Produktion von Stadt in der Praxis möglichst inklusiv zu gestalten und an das repräsentativ-demokratische System anzubinden. [www.vhw.de]
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Bernd Hallenberg, Seniorwissenschaftler, ehemaliger Stellvertreter des Vorstandes vhw e. V., bhallenberg@vhw.de
Fabian Rohland, Wissenschaftler vhw e. V., frohland@vhw.de
Originalpublikation:
Hallenberg, B., Rohland, F. (2021): Eigenheime der 1950er bis 1970er Jahre. Ergebnisse einer Befragung von älteren Eigentümerinnen und Eigentümern zur Wohnsituation im Kontext der Perspektiven des Bestandes, vhw-Schriftenreihe 29. Berlin
Weitere Informationen:
https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/vhw-schriftenreihe-tagungsband/PDFs/vhw_Schriftenreihe_Nr.29_Eigenheime_der_1950er_bis_1970er_Jahre.pdf
https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/studien/PDFs/Studien_Befragungen/2021_Tabellenband_Eigenheimbefragung_vhw_Schriftenreihe_Nr.29.pdf