Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen ernst nehmen
Mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler haben Studien zufolge regelmäßig Kopfschmerzen. Rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen verpassen dadurch wiederholt den Unterricht. Oftmals sind Leistungsdruck, emotionaler Stress, zu viel Zeit am Bildschirm und zu wenig Bewegung die Ursache – der monatelange Lockdown hat all diese Faktoren noch einmal deutlich verstärkt.
Dennoch werden Kopfschmerzen bei Kindern häufig nicht ernst genommen und sie werden keinem Arzt oder Ärztin vorgestellt – obwohl oft einfache therapeutische Maßnahmen die Schmerzen lindern könnten. Was Eltern, Kinder und Jugendliche tun können und wie interdisziplinäre Konzepte helfen, damit Kopfschmerzen nicht chronisch werden, wird Thema bei der Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses am Mittwoch, den 20. Oktober 2021, sein. Interessierte Medienvertreter können sich bereits jetzt hier anmelden: https://attendee.gotowebinar.com/register/4618626553069721360
Wenn Kinder und Jugendliche regelmäßig an Kopfschmerzen leiden, können sie schnell in einen Teufelskreis aus Leistungsabfall, Schulangst und sozialer Isolation geraten (1). „Eltern sollten Kopfschmerzen nicht bagatellisieren. Kopfschmerzen können den Alltag und die Zukunft junger Menschen stark beeinträchtigen“, sagt PD Dr. med. Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Interdisziplinären Universitätsschmerzzentrum am Universitätsklinikum Dresden und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021.
In einer Querschnittsstudie in Dresden, mit über 2700 befragten Schülerinnen und Schülern, gaben mehr als zwei Drittel aller Befragten an, regelmäßig an Kopfschmerzen zu leiden (2). Mehr als ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen mit mehr als zwei Kopfschmerztagen im Monat fehlten dadurch regelmäßig in der Schule. „Eine ärztliche Diagnose und Therapie der Kopfschmerzen erhalten nur die Wenigsten“, sagt die Kopfschmerzexpertin. „Dabei sind Migräne und Spannungskopfschmerz die häufigsten eigenständigen Schmerzdiagnosen bei Kindern und Jugendlichen.“ Alarmierend sei, dass Kopfschmerzen stattdessen häufig in Eigenregie mit frei verkäuflichen Medikamenten bekämpft werden. „Schmerzmittel sollten Kinder aber nur einnehmen, wenn sie vom Arzt oder der Ärztin in geeigneter Dosierung verordnet wurden“, so Goßrau weiter. Denn bei häufiger Einnahme könnten Medikamente die Kopfschmerzen auch verstärken. Manche seien für Kinder gar nicht geeignet.
Daten einer aktuellen Münchner Studie zeigen, dass Migräne in der vulnerablen Übergangsphase zwischen Jugend- und Erwachsenenalter mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung weiterer Schmerzen im Erwachsenenalter assoziiert ist (3). „Es besteht deshalb akuter Handlungsbedarf, wenn Kinder regelmäßig an Kopfschmerzen leiden“, sagt Goßrau. Häufig könnten schon einfache, aber gezielte Maßnahmen zu einer Linderung führen. Dazu zählen zum Beispiel die Umstellung des Tagesrhythmus, mehr Entspannungszeiten (ohne Handy), ausreichendes Trinken und regelmäßiges Schlafen. „Auch regelmäßiger Sport und weniger Termindruck reduzieren Kopfschmerzen erheblich“, sagt die Expertin.
Haben Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen erst einmal Einschränkungen des Alltages zur Folge, bedarf es interdisziplinärer Konzepte – wie etwa dem Dresdner Kinderkopfschmerzprogramm (DreKiP). Es handelt sich um ein Gruppentherapieprogramm, das aus acht unterschiedlichen Modulen besteht. „In Deutschland besteht nach wie vor ein Versorgungsbedarf, der mit den vorhanden Therapiestrukturen nicht abgedeckt wird“, so Goßrau. Um diese Versorgungslücke zu schließen, seien gesellschaftliche Anstrengungen erforderlich. Diese beginnen bei der Sensibilisierung von Eltern und Lehrenden, Berücksichtigung von Kopfschmerzen als Krankheitssymptom sowie entsprechender Ausbildung der Akteure im Gesundheitssystem. Darüber hinaus müssten dringend spezifische wie auch interdisziplinäre Therapiemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Kopfschmerzen geschaffen werden.
Literatur:
1) Nieswand V., Richter M., Gossrau G. Epidemiology of Headache in Children and Adolescents—Another Type of Pandemic Crossref DOI link: https://doi.org/10.1007/S11916-020-00892-6
Published: 2020-10
2) Nieswand V, Richter M, Berner R et al. The prevalence of headache in German pupils of different ages and school types. Cephalalgia. 2019 Jul;39(8):1030-1040
3) Gerstl L, Tadych N, Heinen F et al. Migraine and the development of additional psychiatric and pain disorders in the transition from adolescence to adulthood. Cephalalgia. 2021 Jun 23:3331024211021792. doi: https://doi.org/10.1177/03331024211021792
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Terminhinweis:
Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses
(19. bis 23. Oktober 2021) der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der
Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG)
„Wissen schaffen – Wissen leben“
Termin: Mittwoch, 20. Oktober 2021 11.00 bis 12.00 Uhr
Online unter: https://attendee.gotowebinar.com/register/4618626553069721360
Vorläufige Themen und Referenten:
Lockdown, Stress und Leistungsdruck – chronische Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen nehmen zu: neue Therapien, neue Wege
PD Dr. med. Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Interdisziplinären Universitätsschmerzzentrum am Universitätsklinikum Dresden und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021
Ein Leben mit Schmerzen im ganzen Körper: Behandlungsmöglichkeiten bei Fibromyalgie und zu welchen Ergebnissen neueste Studien kommen
Professor Dr. med. Nurcan Üçeyler MHBA, Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Universitätsklinikum Würzburg und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021
Akute und chronische Schmerzen bei COVID 19: erschwerte Therapiebedingungen – Herausforderungen für die Schmerzbehandlung
Apl. Professor Dr. med. Winfried Meißner, Leiter Sektion Schmerztherapie in der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Abt. Palliativmedizin am Universitätsklinikum Jena und Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
Professor Dr. med. Andreas Straube, Oberarzt an der Neurologischen Klinik und Poliklinik der LMU München
Cannabis auf Rezept: wann sinnvoll – wann nicht? Und welche gesundheitspolitischen Entscheidungen jetzt dafür nötig sind
Professor Dr. med. Frank Petzke, Leiter Schmerzmedizin, Klinik für Anästhesiologie, Universitätsmedizin Göttingen, und Sprecher der Ad-hoc-Kommission „Cannabis in der Medizin“ der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
Moderation: Katharina Weber, Pressestelle des Deutschen Schmerzkongresses
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Kontakt für Journalisten:
Pressestelle des Deutschen Schmerzkongresses 2021
der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. & DMKG e.V
Katharina Weber
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-583, Fax: 0711 8931-167
E-Mail: weber@medizinkommunikation.org
schoeffmann@medizinkommunikation.org
Zur Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.:
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. ist mit rund 3.500 persönlichen Mitgliedern die größte wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft im Bereich Schmerz in Europa. Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. ist Mitglied der IASP (International Association for the Study of Pain) sowie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Sie ist zudem die interdisziplinäre Schmerzdachgesellschaft von derzeit 19 mitgliederstarken weiteren medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften im Bereich Schmerz. Diese Perspektive wird zudem erweitert durch die institutionellen korrespondierenden Mitgliedschaften folgender Vereinigungen: SchmerzLOS e. V. Vereinigung aktiver Schmerzpatienten, MigräneLiga e. V. Deutschland, Milton H. Erickson Gesellschaft für klinische Hypnose (M.E.G.), Arbeitsgemeinschaft nicht operativer orthopädischer manual medizinischer Akutkliniken e. V. (ANOA), Interdisziplinäre Gesellschaft für Psychosomatische Schmerztherapie e. V. (IGPS), CRPS Netzwerk - Gemeinsam stark CRPS Bundesverband Deutschland e. V., RLS e. V. Deutsche Restless Legs Vereinigung, ICA Deutschland e. V. Förderverein Interstitielle Cystitis in der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V.
Die Mitgliedschaft der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. ist interdisziplinär und interprofessionell und besteht aus Schmerzexperten aus Praxis, Klinik, Medizin, Psychologie, Pflege, Physiotherapie u. a. sowie wissenschaftlich ausgewiesenen Schmerzforschern aus Forschung, Hochschule und Lehre.
Zur Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG):
Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG) ist eine interdisziplinäre wissenschaftliche Fachgesellschaft, die das Wissen über die Genese von Kopf- und Gesichtsschmerzen, deren Prävention und Therapie in Fachkreisen bei Ärzten, Psychologen, Physiotherapeuten, Pharmakologen und Apothekern, aber gerade auch bei Patienten und anderen Interessierten mehren und verbreiten möchte.