Projekt "AIDA" an Evangelischer Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe gestartet
An der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe (EvH RWL) in Bochum haben die Arbeiten im Projekt „AIDA“ begonnen. Gemeinsam mit dem Diakonischen Werk im Kirchenkreis Recklinghausen laufen nun die Vorbereitungen zum Start in der Praxis an.
Bei Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden eine ambulante Versorgung und der Verbleib in der häuslichen Umgebung individuell wie sozialpolitisch befürwortet. Die Sicherstellung einer bedarfsgerechten ambulanten Versorgung erweist sich jedoch zunehmend als gefährdet. Trotz ungebrochen hoher Bereitschaft zur Pflege eines Angehörigen, begrenzen veränderte Familien- und Wohnsituationen familiale Unterstützungsleistungen. Auch infolge des anhaltenden Fachkräftemangels sind zukünftig Engpässe zu befürchten.
Mögliche technologiebasierte Lösungsansätze zur Unterstützung und Stabilisierung häuslicher Pflegearrangements werden daher seit langem diskutiert und erforscht. Doch trotz der Verfügbarkeit marktreifer Produkte zu deutlich gesunkenen Kosten, werden diese Technologien bislang nur verhalten und in Nischen eingesetzt. Dieser Widerspruch ist überaus bemerkenswert: Warum wird das vorhandene Lösungspotenzial digitaler Assistenzsysteme in Zeiten des sogenannten „Pflegenotstands“ nicht genutzt? Worin sind die beobachtbaren nicht-technischen Diffusionsbarrieren im Spannungsfeld beteiligter Akteursgruppen begründet und wie können diese bei den verschiedenen Beteiligten abgebaut werden?
Diesen und weiteren Fragen wird in dem vom BMBF geförderten Projekt „Akteurszentrierte Integration digitaler Assistenzsysteme in Prozesse, Organisationen und Lebenswelten der ambulanten Altenpflege (AIDA)“ (Laufzeit: 04/2021- 03/2025) nachgegangen.
Im Projekt AIDA werden in der ambulanten Pflege sensorgestützte Assistenzsysteme in bis zu 25 Pflegehaushalten installiert und erprobt. Die pflege- und alltagspraktische Anwendung des Systems wird über einen längeren Zeitraum beobachtet und analysiert. Ziel ist es in einem partizipativ angelegten Forschungsprozess gemeinsam mit allen beteiligten Akteurs- und Nutzergruppen zu ermitteln, (1) wie solche Systeme in Arbeitsprozesse der ambulanten Pflege integriert werden können, (2) welchen Nutzen diese in der häuslichen Versorgung (älterer) pflegebedürftiger Menschen und ihrer pflegenden Angehörigen besitzen und (3) wie technisch unterstützte Pflegeprozesse und darauf bezogene organisationale Rahmen-bedingungen zu gestalten sind, um die Bedarfe aller beteiligten Akteurs- und Nutzer-gruppen angemessen zu berücksichtigen.
Insbesondere Hindernisse und Herausforderungen einer regelhaften Anwendung sollen erkannt, gemeinsam reflektiert und für die Entwicklung von handlungsorientierten Konzepten aufbereitet werden. Der Praxispartner im Projekt ist das Diakonische Werk im Kirchenkreis Recklinghausen, einer der großen Anbieter von Pflegeleistungen in der Region. Der Träger setzt auf Innovation und erwartet von den Ergebnissen des Projektes Anregungen für die Praxis der Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Auf Grundlage der Projektergebnisse wird es möglich sein, erstmalig beschreiben zu können, wie sensorgestützte Assistenzsysteme langfristig in Arbeitsprozesse der ambulanten Pflege du Lebenswelten der (älteren) Nutzer_innen sinnvoll integriert werden können.
Herausgearbeitet werden soll zum einen, inwiefern diese Systeme dazu beitragen können, die häusliche Versorgung zu stabilisieren und die Lebensqualität (älterer) pflegebedürftiger Menschen und ihrer pflegenden Angehörigen zu verbessern. Langfristig sollen diese Erkenntnisse in Beratungsprozesse in der ambulanten Pflege einfließen und somit eine nutzerorientierte Versorgungsplanung unterstützen. Zum anderen wird erwartet, Erkenntnisse zur Umsetzung technisch unterstützter Pflegeprozesse und der darauf bezogenen organisationellen Rahmenbedingungen zu erhalten.
Auf diese Weise können empirisch fundierte fachliche Grundlagen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung aufbereitet werden und in die Personal- und Organisationsentwicklung sozialwirtschaftlicher Unternehmen einfließen. Teil des Forschungsprozesses soll außerdem eine Promotion sein.
In Kooperation mit der Universität Siegen, welche in Person von Prof. Dr. Christoph Strünck den Promotionsprozess betreuen wird, soll dabei der Fragestellung nachgegangen werden, welche Anforderungen sich für die Implementation digitaler Assistenzsysteme in der ambulanten Pflege sowie für einen darauf bezogenen Beratungs- und Begleitungsprozess ableiten lassen. Ziel der Arbeit ist es, Qualitätsmerkmale für die Nutzung digitaler Assistenzsysteme zu formulieren und damit Diffusionsbarrieren abzubauen.
Fördergeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Förderlinie Forschung an Fachhochschulen in Kooperation mit Unternehmen (FH-Kooperativ) im Rahmen des Programms „Forschung an Fachhochschulen“
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Janina Köpke, M.A. | koepke@evh-bochum.de
Manuel Schlifski M.A. | schlifski@evh-bochum.de