Selbstvermessen: Ethik und Ästhetik veränderter Körperlichkeit
Am Mittwoch, dem 17. November 2021 findet von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr die Herbsttagung des Deutschen Ethikrates als Online-Veranstaltung statt.
Interessierte sind eingeladen, die Veranstaltung im Livestream verfolgen.
Zudem gibt es die Möglichkeit zur aktiven Beteiligung.
Wie „vermessen“ ist unser Umgang mit unseren Körpern? Wie verändern die zahlreichen neuen Möglichkeiten, Messdaten zum eigenen Leben zu sammeln, unsere Vorstellung von (normaler) Körperlichkeit, und wie lässt sich dies ethisch und künstlerisch reflektieren? Mit einfachen, teilweise nahezu unverzichtbar gewordenen Mitteln wie Smartphones und Wearables können heute verschiedenste Parameter – etwa die pro Tag gegangenen Schritte, die verbrauchten Kalorien, die Herzfrequenz, der weibliche Zyklus sowie die Dauer und Qualität unseres Schlafes, aber auch Risikokontakte wie etwa während der Covid-19-Pandemie — digital aufgezeichnet und analysiert werden. Ziel ist es dabei, über die Erfassung von Daten zu Erkenntnissen über sich selbst zu gelangen und dadurch zu einer optimierten Lebensweise zu finden. Dies kann die Förderung körperlicher oder psychischer Gesundheit oder den besseren Umgang mit bestehenden Erkrankungen betreffen, aber auch die Optimierung in verschiedenen anderen Lebensbereichen. Die kontinuierliche Vermessung des Selbst ist im Alltag angekommen, und ihre Verbreitung und Bedeutung für Individuen ebenso wie für die Gesellschaft nimmt stetig zu.
Nachdem der Deutsche Ethikrat sich in seinen Stellungnahmen „Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung“ (2017) und „Robotik für gute Pflege“ (2020) bereits mit einigen Aspekten der Selbstvermessung befasst hat, nimmt die Tagung vor allem die Veränderung des Selbst- und Menschenbildes durch den Einsatz solcher Techniken in den Blick. Veränderte Körperlichkeit ist damit als solche, aber auch in ihren Auswirkungen auf ganzheitliche oder primär auf das Geistige fokussierte Menschenbilder zu bedenken.
Gemeinsam mit Sachverständigen und dem Publikum beleuchtet der Deutsche Ethikrat den Stand der Entwicklung sowie künftige technische Möglichkeiten und diskutiert ethische, sozial-, kultur- und politikwissenschaftliche Aspekte. Hinzu kommen Erfahrungsberichte aus verschiedenen Anwendungskontexten. Weil gerade bei diesem Thema eine ästhetische Auseinandersetzung geboten ist, werden zudem die ethischen um künstlerische Perspektiven ergänzt.
Folgende Leitfragen stehen dabei im Mittelpunkt:
- Welchen Einfluss haben tragbare diagnostische Geräte auf Individuen und ihre Umwelt?
- Wie ändert sich das Verhältnis des Menschen zum Körper als Bestandteil seines Selbst durch die Nutzung von Technologien zur Selbstvermessung?
- Könnte es durch die verstärkte Orientierung an messbaren Daten zu einem Verlust an direkter Körperwahrnehmung kommen?
- Wie kann der Entstehung eines Leistungsdrucks, sich an ein (vermeintliches) Ideal anzugleichen, entgegengewirkt werden?
- Wie soll mit der prognostischen Unsicherheit der gewonnenen Daten umgegangen werden?
- Wie verhalten sich Potenziale des Autonomiezugewinns und Risiken des Souveränitätsverlusts zueinander?
Die Veranstaltung wird online unter https://www.ethikrat.org/live übertragen und ist frei zugänglich. Für Hörgeschädigte stehen Untertitel und Gebärdendolmetscher zur Verfügung.
Teilnehmende sind herzlich eingeladen, während der Veranstaltung das Online-Fragemodul zu nutzen, um sich in die Diskussion einzubringen, oder auf Twitter unter #Selbstvermessen mitzudiskutieren.
Weitere Informationen:
https://www.ethikrat.org/weitere-veranstaltungen/selbstvermessen/ Programm