Nachruf auf Professorin Dr.in habil. Cornelia Helfferich
Wir trauern um Prof.in Dr.in habil. Cornelia Helfferich, die am 23. November 2021 verstorben ist.
Cornelia Helfferich war von 1995 bis 2016 Professorin für Soziologie an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff: „Wir denken an sie mit großem Respekt, Anerkennung und Dankbarkeit für das, was sie für die Hochschule und den Forschungsverbund FIVE e.V. geleistet hat. Sie war eine ausgezeichnete Wissenschaftlerin, eine Kollegin, die die Entwicklung der Hochschule grundlegend mitgestaltet hat und eine Lehrerin und Förderin insbesondere für ihre Studierenden und Promovierenden.“
Sie war 2005 maßgeblich beteiligt an der Umsetzung des Bologna-Prozesses in der Hochschule. Den Master-Studiengang Soziale Arbeit hat sie forschungsorientiert entwickelt und von 2007 bis 2016 geleitet. Von 1998 bis 2007 war sie Prorektorin für besondere Aufgaben, wie die Reform der Studien- und Prüfungsordnung sowie die Verankerung von Evaluation und Qualitätssicherung. Als Dekanin leitete sie von 2003 bis 2007 den damaligen Fachbereich Management, Bildung und Organisation. 1996 gründet sie das Sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen Freiburg (SoFFI F.) im Forschungs- und Innovationsverbund an der EH Freiburg e.V., kurz FIVE, das sie seither leitete. Seit 2002 unterhält das Freiburger Institut eine Außenstelle in Berlin. Drei Jahre lang war sie bis 2016 Vorstandsvorsitzende von FIVE.
„Die Übernahme von Verantwortung in der Selbstverwaltung der Hochschule hat Professorin Helfferich in besonderem Maße ausgefüllt. Es ging ihr darum, die Qualität in Lehre, Forschung und Weiterbildung zu entwickeln, zu evaluieren und dauerhaft zu sichern“, sagt Rektorin Kirchhoff.
Cornelia Helfferich war eine Ausnahmeforscherin, die bundes- und europaweit zu Geschlechterfragen arbeitete und über Jahrzehnte mit ihren Projekten zu Familiensoziologie unter Geschlechteraspekten sowie Gewalt im Geschlechterverhältnis auf den wissenschaftlichen und politischen Diskurs einwirkte. Kirchhoff: „Cornelia Helfferich formulierte das Ziel ihrer Geschlechterforschung selbst so, dass sie einen Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit über eine Verbreitung und Verbesserung von geschlechtersensiblen Konzepten der Sozialen Arbeit leisten solle.“
Mit SoFFI F. besetzte sie ein Alleinstellungsmerkmal bezogen auf Forschung zum Thema Familienplanung und Familie. SoFFI F. gehört zu den relevanten Akteur*innen beim Thema Gewalt in Geschlechterbeziehungen, insbesondere häusliche Gewalt und sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch. Cornelia Helfferich setzte dabei auf qualitative Forschung und die Kombination von Forschungsmethoden, wie standardisierte Forschung, Bevölkerungsbefragungen und qualitative Zugänge. Zudem baute sie die Biografieperspektive aus. Viele Projekte griffen das Thema Diversität, insbesondere auch die Frage von Migrationserfahrungen auf.
SoFFI F. arbeitet eng mit dem Institut für qualitative Forschung (iqs) am Institut für Soziologie der Universität Freiburg zusammen, dessen Vorsitz sie mehrere Jahre inne hatte. Unter diese Zusammenarbeit fällt zum Beispiel das Projekt „Frauen leben 3“, das SoFFI F. im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung übernahm, um Datenlagen zum Familienplanungsverhalten von 20- bis 44-jährigen Frauen zu aktualisieren.
Professorin Helfferich sah sich als Vertreterin ihrer Hochschule und ihrem Verständnis von Geschlechterforschung in Baden-Württemberg und bundesweit. Vor diesem Hintergrund vertrat sie 1998 die Interessen der Evangelischen Hochschule, früher Fachhochschule, als Mitglied der Förderkommission Frauenforschung beim Sozialministerium Baden-Württemberg. 1999 wurde sie Mitglied der Kommission für die Institutionalisierung von Frauen- und Geschlechterforschung im Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg. Über mehrere Jahre war sie Mitglied der Ad-hoc-Kommission Sexualethik der EKD. Für die Evangelische Landeskirche in Baden führte sie Projekte im Bereich Gleichstellung und zu sexuellem Missbrauch durch.
Für die Bundesregierung war sie Mitglied der Sachverständigenkommission für den Ersten Gleichstellungsbericht „Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf“, der 2011 erschienen ist. Sie arbeitete in der Förderkommission „Gender und Soziale Arbeit“ des Hessischen Wissenschaftsministeriums mit, war Mitglied in mehreren Fachverbänden und Wissenschaftlichen Beiräten.
Zudem war Professorin Helfferich tätig als Gutachterin zum Beispiel in Programmen von Bundesministerien, wie bei der Bestandsaufnahme zur Situation der Frauenhäuser und der sonstigen Infrastruktur für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder, veröffentlicht durch die Bundesregierung 2012 sowie im Rahmen der Vertiefung spezifischer Fragestellung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes.
2007 erhielt Cornelia Helfferich den Helge-Pross-Preis der Universität Siegen. Der Preis, der seit 1994 nur alle drei Jahre verliehen wird, zeichnet herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Familien- und Geschlechterforschung aus. 2012 übernahm sie die Gastprofessur Gender an der Universität Bielefeld. 2013 habilitierte sie sich im Fach Soziologie an der Universität Freiburg:
Cornelia Helfferich war immer persönlich engagiert und zugewandt. Sie suchte den weiterführenden Dialog mit Kolleg*innen, Mitarbeitenden, Studierenden und beruflichen Partner*innen.
Als hervorragende, vorbildhafte und fördernde Lehrerin schätzten sie Studierende, Promovierende und Forschende gleichermaßen.
Ihr Tod erschüttert uns und reißt eine Lücke, die wir nicht schließen können. Cornelia Helfferich wird in der lebendigen Erinnerung der Hochschule bleiben.
Unsere Gedanken sind bei ihrem Ehemann Gerhard Frey und seinem Sohn mit Familie.
Für die Evangelische Hochschule Freiburg
Professorin Dr.in Renate Kirchhoff
Rektorin
Weitere Informationen:
https://www.eh-freiburg.de/neuigkeiten/nachruf-auf-professorin-dr-in-habil-cornelia-helfferich/