Liturgie „nach“ (?) Corona: Chancen und Herausforderungen des Gottesdienstes in Zeiten der Pandemie
Am 19. November 2021 fand die erste Fachtagung des „Instituts für Liturgiewissenschaft“ an der VPU Vinzenz Pallotti University in Vallendar statt. Die Teilnehmer:innen der Tagung hörten die Referate von Prof. Dr. Marco Benini (Trier) und Mag. theol. J. Daniel H. Schmitz (Aachen) über die Auswirkungen der derzeitigen Pandemie auf das gottesdienstliche Geschehen.
Am 19. November 2021 fand die erste Fachtagung des „Instituts für Liturgiewissenschaft“ an der VPU Vinzenz Pallotti University in Vallendar statt. Die Teilnehmer:innen der Tagung hörten die Referate von Prof. Dr. Marco Benini (Trier) und Mag. theol. J. Daniel H. Schmitz (Aachen) über die Auswirkungen der derzeitigen Pandemie auf das gottesdienstliche Geschehen.
Prof. Dr. Andreas Redtenbacher CanReg, Leiter des Instituts für Liturgiewissenschaft, eröffnete die Diskussion mit einem Zitat des Philosophen Jürgen Habermas. So lange „mitten in der modernen Welt Gottesdienst gefeiert wird“, solange also gebetet wird, bleibe die Religion ein „Stachel im Fleisch der Moderne“. Habermas betone auch, dass der Gottesdienst einer sein müsse, der anschlussfähig ist und der etwas zu sagen habe – für alle. Die so erhobene Relevanz des Gottesdienstes in gesellschaftlicher Hinsicht mache das zu behandelnde Thema des Nachmittags nach Prof. Redtenbachers Worten nochmals brisanter.
Prof. Dr. Marco Benini, der erste Referent der Fachtagung und Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Theologischen Fakultät Trier und Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung des Deutschen Liturgischen Instituts in Trier wurde per Video aus den USA zugeschaltet, wo er derzeit an der „Catholic University of America“ in Washington (DC) in Lehrverantwortung steht. Prof. Benini begann den Vortrag „Mut zu mehr Präsenz! Theologische und ästhetische Aspekte liturgischen Feierns nach Corona“ mit der Feststellung, dass es wichtig sei, sich bereits jetzt Gedanken zu machen, was Corona an Veränderungen bringe und welche Perspektiven sich für die Zukunft auch aus einer solchen Zeit ergeben könnten.
Liturgie in Onlineformaten könne vieles leisten, gerade im Bereich der Tagzeitenliturgie, könne aber die Gottesdienste in Präsenz nicht vollkommen ersetzen. Weil die Liturgie die Feier des Paschamysteriums ist und so das Leben, Sterben und die Auferstehung Christi in seiner Gegenwart mit den Menschen in den Mittelpunkt stellt, muss die Liturgie auf die Teilnahme der Gläubigen abzielen. Durch die volle und bewusste Teilnahme an der Liturgie werde jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer mehr und mehr dahin geführt, das Paschamysterium Christi zu einem Teil ihres und seines Lebens zu machen. Von dieser Teilnahme seien die gestreamten Gottesdienste weit entfernt. Die Kirche lebt von der Eucharistie, und die Teilnahme an den Sakramenten ist bei medial vermittelten Gottesdiensten immer nur bedingt möglich.
J. Daniel H. Schmitz erörterte im zweiten Teil des Referats die Schlussfolgerungen, die sich aus einer digitalen Marktanalyse für die Liturgie der Kirche ergeben. Es ging damit konkret um die Frage: Was macht den Menschen in digitaler Zeit katalysiert durch Corona aus? Theologen und besonders Liturgiker, die ein ästhetisches Ritual in der Zeit entwerfen wollen, sind auf Passung verpflichtet zwischen der Lebenswelt der Menschen und den Erfahrungen mit Gott, die die Liturgie ermöglichen soll. Das Drama auf der Ebene der Gottesdienstteilnahme war vor Corona vorhanden und wurde durch die Pandemie nur noch verschärft.
Als Rückfrage an die Referenten stellte Prof. Redtenbacher die Frage nach der vierten Coronawelle und deren möglichen Konsequenzen für das gottesdienstliche Leben. Prof. Benini erklärte hierzu, dass Weihnachten 2021 zweifellos «der Knackpunkt» sein werde. Es sei nicht sinnvoll, sich in Bezug auf die Gottesdienste an Inzidenzzahlen festzumachen. Entweder sei ein Sicherheitskonzept tragfähig oder eben nicht.
Die Sicherheitskonzepte, die für Gottesdienste Anwendung finden, hätten sich mittlerweile bewährt. Ein „Bleib daheim, es ist gefährlich!“ wäre mehr als kontraproduktiv. Prof. Redtenbacher ergänzte, dass man in der Zwischenzeit gelernt habe, mit den Mitteln, die man zur Verfügung habe, präziser umzugehen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
P. Dr. Jürgen Riegel SAC, Trier
E-Mail: riegel@liturgie.de