„Private-public partnership“ als historischer Normalfall der Kriegsführung?
Matthias Meinhardt und Markus Meumann haben unter dem Titel "Die Kapitalisierung des Krieges. Kriegsunternehmer im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit" im Lit-Verlag ein neues Buch veröffentlicht und zeigen darin die umfassende „Kapitalisierung des Krieges“.
In den kriegerischen Auseinandersetzungen seit der Jahrtausendwende machten immer wieder sogenannte „Schattenarmeen“ von sich reden – zunächst die auf amerikanischer Seite im Irak-Krieg sowie in Afghanistan eingesetzten „Private Military Companies“, zuletzt immer häufiger die russische „Gruppe Wagner“. Politikwissenschaften und Medien greifen zur Erklärung dieses Phänomens gern auf historische Analogien zurück und sprechen von einer „Rückkehr der Söldner“ oder gar der Condottieri, also der Söldnerführer im Italien der Renaissance.
Dies erhellt jedoch weder den zunehmenden Einsatz nichtstaatlicher Akteure in den aktuellen Konflikten, noch wird es den Verhältnissen der europäischen Vormoderne gerecht. Wie ein soeben erschienener Band zeigt, sind die Kriegsunternehmer des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit nämlich keineswegs ausschließlich als Warlords oder skrupellose Geschäftemacher zu verstehen, derer sich die „Staaten“ der damaligen Zeit bedienten. Vielmehr war Kriegführung bis weit in das 18. Jahrhundert hinein selbst für ambitionierte fürstliche Landesherren nur in einer Art „private-public partnership“ möglich, bei dem private Financiers, hohe Militärs und sogar regierende Fürsten auf eigene Kosten Truppen aufbrachten und ausrüsteten – und diese dann den kriegführenden Mächten gegen finanzielle oder auch politische Gegenleistungen zur Verfügung stellten.
Dieses weitverzweigte, auf der Mobilisierung „privater“ Ressourcen beruhende „Business of War“– und nicht etwa das Stehende Heer und das erst im 19. Jahrhundert aufkommende staatliche Gewaltmonopol – war für die Kriegführung der europäischen Vormoderne charakteristisch. Die (oftmals selbst adeligen) Kriegsunternehmer konnten dabei häufig nicht nur in finanzieller, sondern auch in sozialer, politischer und kultureller Hinsicht Vorteile aus ihrer Tätigkeit ziehen, wie die insgesamt 18 Beiträge des Bandes zeigen. Als gemeinsame analytische Kategorie wird dafür das Konzept der „Kapitalisierung des Krieges“ herangezogen.
Originalpublikation:
Matthias Meinhardt und Markus Meumann (Hrsg.)
Die Kapitalisierung des Krieges. Kriegsunternehmer im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
Berlin (Lit-Verlag) 2021,
462 Seiten
Weitere Informationen:
https://www.uni-erfurt.de/universitaet/aktuelles/news/news-detail/neuer-tagungsband-zum-vormodernen-kriegsunternehmertum