ISL präsentiert Thesenpapier: Unterwasserlärm- Ursachen, Auswirkungen und Ausblick
Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) beleuchtet mit seinem Thesenpapier zum Thema Unterwasserlärm eine der Hauptbelastungen der maritimen Fauna.
Thesenpapier: Unterwasserlärm
Unterwasserlärm – Ursachen, Auswirkungen und Ausblick
In seinem aktuellen Thesenpapier „Unterwasserlärm - Ursachen, Auswirkungen und Ausblick“ beleuchtet das ISL eine der Hauptbelastungen der maritimen Fauna. Es zielt darauf ab, die Ursachen und weitreichenden Folgen von Unterwasserlärm darzulegen sowie aktuelle Ansätze zur Reduzierung von Unterwasserlärm zu analysieren.
Eine unterschiedliche Intensität der Wirkungen von Unterwasserlärm auf Unterwasser-Fauna ist durch eine Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen seit mehr als zwei Jahrzehnten bekannt. Nachweislich hat sich der Unterwasserlärm in den letzten 35 Jahren alle zehn Jahre verdoppelt. Mit der Ausweitung des Transportaufkommens und der Befahrung von alternativen Routen wie der Nordostpassage ist mit einem weiteren drastischen Anstieg des Unterwasserlärms auch in bis dato bestehenden „Ruhegebieten“ zu rechnen. Besonders Spezies der Gruppe der Meeressäuger sind auf ihre Laute und ihr Gehör angewiesen, um Nahrung und Partner zu finden, um sich zu orientieren, oder um Raubtieren auszuweichen und sich um ihre Jungen zu kümmern. Eine Findung der Partner erfolgt hierbei oftmals über eine Kommunikation über große Distanzen. Der zunehmende Unterwasserlärm hat daher drastische Auswirkungen. Diese reichen dabei vom bloßen Verlassen des gewohnten Lebensraums, einer verringerten Nahrungsaufnahme oder einer verminderten Reproduktionsrate wegen Maskierung, erhöhter Anfälligkeit für Krankheiten zum Teil durch die Bildung von Stresshormonen bis hin zum Tod einzelner Säuger und Fische. Dennoch werden keine hinreichend verpflichtenden Maßnahmen ergriffen, um die Ursachen des Unterwasserlärms genügend einzudämmen oder sogar abzustellen. Internationale Gremien betonen zwar die besondere Bedeutung der Thematik „Unterwasserlärm“ im Allgemeinen, verbleiben jedoch lediglich bei der Nennung des Problems ohne nennenswerte Aktionen.
Weder im Bereich der Seeschifffahrt noch im Bereich der Binnenschifffahrt gibt es mithin hinreichende Rechtsnormen, die regional, national oder gar international ausreichende Verpflichtungen formulieren, um die schädigenden Wirkungen von anthropogenem Unterwasserschall zum Schutz der in den Meeren und Gewässern lebenden Fauna wirksam zu reduzieren. Partielle Ausnahmen stellen hier Einzelregelungen für Meeressäuger z.B. bei der Errichtung von Offshorebauten dar.
Es fehlt ein verbindlich zu nutzender, einheitlicher Standard zur Messung von anthropogenem Unterwasserschall und eine einheitliche Festsetzung von Lärm-Grenzwerten für Unterwasserlärm bei den Klassifikationsgesellschaften.
Derzeit berücksichtigt kein „Award“-System aktiv eine Reduzierung von Unterwasserlärm. Erste Ansätze sind beim ESI zu erkennen, der Maßnahmen gegen Überwasserlärm durch Reduzierung bei den Hafengebühren in teilnehmenden Häfen honorieren soll. Jedoch ist die Zahl der teilnehmenden Häfen, die diesen Teilaspekt des ESI Boni gewähren, sehr überschaubar.
Die bestehenden maritimen Umwelt-Auszeichnungen („Award“ Systeme) wie Environmental Ship Index (ESI), Blauer Engel, Green Award, Clean Shipping Index (CSI) etc. sollten Maßnahmen zur Reduzierung von Unterwasserlärm honorieren und in ihren Statuten zur Zuerkennung von Auszeichnungsstufen verankern.
Das vom ISL erarbeitete Thesenpapier zeigt auf, dass nach bisherigem Forschungsstand zwar verschiedene Techniken und Maßnahmen zur Reduzierung von Unterwasserlärm bereits zur Verfügung stehen, allerdings sind diese zum Teil extrem kostenintensiv. Daher besteht eindeutig weiterer Forschungsbedarf für mögliche Alternativen zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Unterwasserlärm sowie nach kostengünstigen Entwicklungen nicht nur beim Schiffsneubau, sondern auch für das Retrofitting der Bestandsflotten. Beim Einsatz von seismischen Technologien bedarf es der Erforschung von Alternativen, um die bis dato enorm hohen Schalldruckpegel vermeiden bzw. deutlich mindern zu können. Ähnliches gilt für den Bereich von Unterwassersprengungen (soweit diese zwingend nötig sind), für die Erforschung und Entwicklung von effizienten Vergrämungsmitteln bzw. –techniken, kostengünstigen Schalldämmungstechniken bzw. Bergungsgeräten zur Verholung von Munitionsfunden.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Andreas Hübscher, Dr. Holger Kramer
Originalpublikation:
Unterwasserlärm- Ursachen, Auswirkungen und Ausblick