Ausgezeichnet: Zehn junge Forschende erhalten Preise von Heidelberger Akademie der Wissenschaften
Sieben gestiftete Preise im Gesamtwert von 70.000 Euro werden dieses Jahr von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften an insgesamt zehn junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Baden-Württemberg vergeben. Die Akademie würdigt und fördert auf diese Weise exzellente wissenschaftliche Arbeiten der jüngeren Generation des Landes. – Zum ersten Mal vergibt die Akademie auch den neu gestifteten Manfred-Lautenschläger-Preis.
Jedes Jahr vergibt die Heidelberger Akademie der Wissenschaften mehrere gestiftete Preise und honoriert damit herausragende, oft zukunftsweisende Leistungen. Als Landesakademie der Wissenschaften von Baden-Württemberg sieht sie eine zentrale Aufgabe in der Förderung von herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Bundeslandes, die sich noch in einer frühen Karrierephase befinden.
Der Akademiepreis, zum 75-jährigen Gründungsjubiläum der Heidelberger Akademie im Jahr 1984 vom Verein zur Förderung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gestiftet, geht 2022 an Dr. James W. Lightfoot für seine Arbeit „Small peptide-mediated self-recognition prevents cannibalism in predatory nematodes“. Der Biologe beschäftigt sich mit der Erforschung der Verwandtenerkennung bei Fadenwürmern, um die grundlegenden Prinzipien hinter diesen Verhaltensweisen und deren Entwicklung zu verstehen. Er wurde am MRC London Institute of Medical Science promoviert und leitet eine eigene Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens – caesar in Bonn.
Der Karl-Freudenberg-Preis wurde 1986 aus Anlass des 100. Geburtstages von Prof. Dr. Karl Freudenberg von der Freudenberg-Gruppe gestiftet. Er geht an wissenschaftliche Arbeiten aus dem Bereich der Naturwissenschaften – insbesondere der Chemie und Biologie. Dieses Jahr wird der Preis geteilt zwischen Dr. Kelvin Anggara und Dr. André Mateus.
Dr. Kelvin Anggara erhält den Preis für seine Arbeit „Identifying the Ori-gin of Local Flexibility in a Carbohydrate Polymer“. Er verwendet darin Einzelmolekülmikroskopie, um Kohlenhydratstrukturen auf atomarer Ebene abzubilden und somit zu zeigen, wie die Struktur die Flexibilität der Kohlenhydrate bestimmt. Die Erkenntnisse sind von Bedeutung für die Entwicklung von Kohlenhydratmaterialien sowie für das generelle Verständnis der Entstehung makroskopischer Eigenschaften aus molekularen Strukturen. Dr. Kelvin Anggara wurde an der Universität von Toronto in Physikalischer Chemie promoviert. Zurzeit ist er wissenschaftlicher Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung.
Dr. André Mateus wird für seine Arbeit „The functional proteome landscape of Escherichia coli“ ausgezeichnet. Aufgrund der Bedeutung von Mikroorganismen für die menschliche Gesundheit und der Zunahme von Antibiotikaresistenzen sind neue Technologien zur Untersuchung dieser Arten erforderlich. Die in seiner Arbeit generierten Daten ermöglichen Rückschlüsse auf Proteinfunktionen und -wechselwirkungen. Der Ansatz ist leicht auf andere Organismen anwendbar. Dr. André Mateus wurde am Department of Pharmacy der Universität Uppsala promoviert. Seit 2022 hat er eine Position als Assistant Professor am Department of Chemistry der Universität Umeå (Schweden) und als Teamleiter am Laboratory for Molecular Infection Medicine Sweden (MIMS) inne.
Der vom gleichnamigen Pforzheimer Unternehmer gestiftete Walter-Witzenmann-Preis honoriert exzellente Arbeiten aus dem Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften.
Der Preis geht in diesem Jahr an Leonie N. Bossert für ihre Dissertation „Gemeinsame Zukunft für Mensch und Tier – Tiere in der Nachhaltigen Entwicklung“. Sie arbeitet darin eine Theorie aus, die tierethische Belange inkludiert, um die geläufige Trennung von sowohl akademischen als auch politischen Diskursen um Nachhaltige Entwicklung und um das Mensch-Tier-Verhältnis zu überwinden und damit eine Forschungslücke zu schließen. Leonie N. Bossert wurde an der Universität Tübingen im Fachbereich Bioethik promoviert. Sie ist Mitarbeiterin am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften und als Postdoc am Lehrstuhl Ethik, Theorie und Geschichte der Biowissenschaften an der Universität Tübingen tätig.
Der Ökologiepreis der Viktor & Sigrid Dulger-Stiftung gilt der Förderung von wissenschaftlichen Arbeiten aus geistes , sozial und natur sowie ingenieurwissenschaftlichen Fächern, die sich mit Umweltproblemen und deren Lösung befassen.
Der Preis geht 2022 an Dr.-Ing. Gabriela Molinar, deren Arbeit „Machine Learning Tool for Transmission Capacity Forecasting of Overhead Lines based on Distributed Weather Data“ einen wichtigen Beitrag leistet zur Strombelastbarkeitsprognose mittels Künstlicher Intelligenz als Optimierungsverfahren des Netzbetriebs und zur Unterstützung der Energiewende in Deutschland. Sie wurde am Institut für Technik der Informationsverarbeitung (ITIV) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert und arbeitet im Energiesektor beim Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH in Bayreuth.
Der Manfred-Fuchs-Preis dient der Förderung besonders qualifizierter Forschender, die sich in den Geisteswissenschaften habilitieren oder als Leitende einer naturwissenschaftlichen Forschungsgruppe auf eine Professur vorbereiten. Er wurde vom Mannheimer Unternehmer Dr. Dr. h. c. Manfred Fuchs gestiftet.
In diesem Jahr teilen sich der Mediziner PD Dr. Simon Raffel und der Mittelalter- und Neuzeitarchäologe PD Dr. Lukas Werther den Preis.
PD Dr. Simon Raffel wird für seine Beiträge zur Leukämieforschung ausgezeichnet. Er forscht zur Akuten Myeloischen Leukämie (AML) und beschäftigt sich insbesondere mit Leukämiestammzellen. Ziel seiner Forschung ist die Identifikation von therapeutisch nutzbaren Schwachstellen in Leukämiestammzellen, um langfristig die Prognose bei Patienten mit AML zu verbessern. Er wurde an der Harvard Medical School in Boston promoviert und in Heidelberg habilitiert. Er ist Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg in der Medizinischen Klinik V für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie und leitet seit 2019 eine von der DFG geförderte Emmy Noether-Forschungsgruppe.
PD Dr. Lukas Werther versteht sich als Brückenbauer zwischen Geistes- und Naturwissenschaften, insbesondere zwischen Archäologie, Geschichts- und Geowissenschaften. Zentrale Querschnittthemen sind
Mensch und Wasser, anthropogene Landschaftsveränderungen, Verkehr und Mobilität, Konsum und Ressourcennutzung, Gewalt und Konflikte sowie strukturelle Veränderungen von Siedlungsgefügen. Er wurde an der Universität Jena promoviert, wo auch die Habilitation folgte. Seit 2020 ist er an der Universität Tübingen als Akademischer Rat in der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit tätig.
Der zum Gedenken an den gleichnamigen Biologen von der Schmeil-Stiftung Heidelberg im Jahr 2016 gestiftete Otto-Schmeil-Preis wird in einem zweijährigen Turnus verliehen und prämiert herausragende Arbeiten aus dem Bereich der Biologie oder der medizinischen Grundlagenforschung.
Dieses Jahr geht der Preis an Dr. Matilde Bertolini und Dr. Kai Fenzl für ihre gemeinsame Arbeit „Interactions between nascent proteins translated by adjacent ribosomes drive homomer assembly“. Die Arbeit untersucht die Bildung von Proteinkomplexen (sog. Proteinassemblierung) in menschlichen Zellen. Die Ergebnisse haben grundlegende Bedeutung für unser Verständnis der Proteinbiogenese und liefern fundamental neue Ansätze sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die angewandte Forschung. Dr. Matilde Bertolini wurde am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) promoviert und forscht seit 2021 als Postdoc an der Stanford University (USA). Dr. Kai Fenzl wurde ebenfalls am ZMBH promoviert und forscht derzeit als Postdoc am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg.
Dieses Jahr zum ersten Mal vergeben wird der Manfred-Lautenschläger-Preis, gestiftet von der Manfred Lautenschläger-Stiftung zur Förderung der Geistes- und Kulturwissenschaften.
Der Preis geht an Dr. Lena Sowada für ihre Dissertation „Der schriftliche Sprachgebrauch weniger geübter Schreiber in Ego-Dokumenten aus der deutsch-französischen Grenzregion während des Ersten Weltkriegs“. Anhand eines Korpus bisher unveröffentlichter und unbearbeiteter Briefe, Postkarten und Tagebücher, die zur Zeit des Ersten Weltkriegs verfasst wurden und die Schriftlichkeit einfacher Leute aus dem Elsass, Lothringen und den Vogesen verzeichnen, gelingt die Sichtbarmachung eines heterogenen Schriftsprachgebrauchs, die zugleich einen Perspektivwechsel und eine Aufwertung derartiger Sprachzeugnisse impliziert, die als eigenständiger schriftsprachlicher Ausdruck eines Teils der französischen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts analysiert werden.
Dr. Lena Sowada wurde an den Universitäten Heidelberg und Paul-Valéry Montpellier 3 promoviert. Sie ist Koordinatorin des vom DAAD geförderten Projekts „Mobil sein in der internationalen Lehrerbildung“ und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft der Universität Heidelberg.
Veranstaltungshinweis:
Die Vorträge der Preisträgerinnen und Preisträger finden am 20. Mai 2022 um 16:00 Uhr in der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Karlstraße 4, 69117 Heidelberg) statt. Sie werden außerdem per Live-Stream über den YouTube-Kanal der Akademie übertragen.
Weitere Informationen:
http://www.hadw-bw.de/preise - Infos zu den Preisen