Psychotherapie: Weiterbildung in Gefahr
Psychotherapeuten bangen um die zukünftige Weiterbildung. Das wurde auf dem Berufspolitischen Seminar der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) deutlich. Denn die Finanzierung der Weiterbildung wurde im Psychotherapeutengesetz von 2019 nicht auskömmlich geregelt. Es besteht die Befürchtung, dass die Institute zukünftig keine Weiterbildungsplätze mehr anbieten können.
Inwieweit ist die Versorgung mit Psychotherapie in Zukunft gefährdet? Schon jetzt fehlen Therapieplätze, die Patientinnen und Patienten warten teilweise Monate auf eine Behandlung. Die Situation könnte sich verschärfen, wenn die heutigen psychotherapeutischen Ausbildungsinstitute die künftige Weiterbildung nicht durchführen können. Denn die Finanzierung der Weiterbildung ist seit der Reform des Psychotherapeutengesetzes im Jahr 2019 noch immer nicht geklärt. „Aktuell ist keinerlei Regelung zur Finanzierung in Sichtweite und auch der Koalitionsvertrag macht hierzu keine Aussage“, bemängelte Dr. Rupert Martin, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) auf dem Berufspolitischen Seminar der DGPT, das am vergangenen Wochenende stattfand. Die DGPT vertritt die Standes- und Berufsinteressen ihrer ca. 3.500 psychologischen und ärztlichen Mitglieder. An der Veranstaltung nahmen auch Vertreter*innen der Politik, der Krankenkassen und der Patientinnen und Patienten teil.
„Wir sind daher in Sorge, dass angesichts fehlender finanzieller Basis viele der heutigen Ausbildungsinstitute künftig keine Weiterbildung werden anbieten können“, so Martin weiter. Erst in der fünfjährigen Weiterbildung – nach einem neu eingeführten Direktstudium der Psychotherapie – erwerben die Teilnehmenden eine Spezialisierung in einem wissenschaftlich anerkannten Psychotherapie-Verfahren, analog der Facharztausbildung nach dem Medizinstudium. Und nur mit dieser Weiterbildung dürfen die künftigen Psychotherapeutinnen und -therapeuten gesetzlich Versicherte behandeln. Bis Ende 2022 wollen die Psychotherapeutenkammern erste Weiterbildungsstätten anerkennen.
„Alle seriösen Berechnungen gehen davon aus, dass eine Zusatzfinanzierung zur Weiterbildung nötig ist“, berichtete Martin und bezog sich dabei vor allem auf ein Gutachten des Essener Forschungsinstituts für Medizinmanagement EsFoMed. In den beziehungsorientierten Verfahren, allen voran in der Analytischen Psychotherapie, lägen die Kosten dabei höher als in der Verhaltenstherapie. Dr. Kirsten Kappert-Gonther vom Bündnis 90/Die Grünen, stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, betonte auf der Veranstaltung: „Uns ist sehr bewusst, dass die Weiterbildungsinstitute insbesondere der psychodynamischen Verfahren extrem unter Druck geraten werden und wirtschaftlich ernsthaft in Gefahr sind, wenn nichts passiert.“ Es werde Lösungen geben müssen, „sonst haben wir wirklich einen Versorgungsmangel“.
Weitere Themen sorgten auf dem Berufspolitischen Seminar für Diskussionen, wie die Reformierung der Bedarfsplanung, die „Komplexbehandlungsrichtlinie“ des Gemeinsamen Bundesausschusses, das neue Qualitätssicherungsverfahren für die ambulante Psychotherapie sowie die Dominanz der Verhaltenstherapie in der hochschulischen Lehre.
Weitere Informationen für die Redaktionen:
Dr. Felix Hoffmann
Geschäftsstelle DGPT
Tel. 030 887163930
E-Mail: psa@dgpt.de, Felix.Hoffmann@dgpt.de