Rund 15% Unterversorgung durch einrichtungsbezogene Impfpflicht gemäß § 20a IfSG möglich
ASH Berlin befragte gut 1.800 Gesundheitseinrichtungen und -dienste zu Impfquoten und Folgen des Betretungsverbotes
Die Ergebnisse der bundesweiten Online-Studie zu Folgen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht liegen vor: Wissenschaftler_innen der Alice Salomon Hochschule (ASH) Berlin befragten gut 1.800 Einrichtungen und Dienste des Gesundheitswesens zu Impfquoten und Anzahl der zu versorgenden Menschen vor und nach Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht.
Hintergrund – Verabschiedung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Dezember 2021
Seit dem Beginn der Sars-Cov-2 Pandemie steht die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung immer wieder im Fokus der öffentlichen Diskussionen. Dem Schutz der vulnerablen Personen als auch der Pflegenden kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Impfungen gegen Sars-CoV-2 sind hier ein wichtiger Baustein. Im Dezember 2021 wurde in dem Rahmen die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht verabschiedet. Demnach müssen Personen, die weder ausreichend geimpft noch genesen sind, mit einem Betretungsverbot durch die Gesundheitsämter rechnen. Wissenschaftler_innen der ASH Berlin haben ca. 1.800 Gesundheitseinrichtungen und -dienste zu Impfquoten und Auswirkungen durch die Impfpflicht auf die Versorgungskapazitäten erfragt.
Prof. Dr. Johannes Gräske, Professor für Pflegewissenschaften und Leiter des Studiengangs Pflege, und Theresa A. Forbrig, M.Sc., führten vom 23. Januar 2022 bis zum 15. Februar 2022 eine bundesweite Online-Befragung durch, um bisher fehlende systematische Informationen zu erheben.
Zusammenfassung der Studienergebnisse
In den gut 1.800 teilnehmenden Einrichtungen und Diensten arbeiten knapp 130.000 Pflegende. Die Studienergebnisse zeigen, dass diese Pflegende in hohem Maße bereits geimpft sind. Die Impfquote liegt mit über 82% über der der Allgemeinbevölkerung. Zwar gehen die befragten Leitungskräfte davon aus, dass die Impfquote noch weiter steigen wird, allerdings wird sie den Schätzungen zufolge unter 90% bleiben. Dies hat bei konsequenter Umsetzung des Betretungsverbotes direkte Auswirkungen auf die Versorgungskapazität.
Versorgungsdefizit von durchschnittlich 15,3 % erwartet
Auf Basis vorliegender Daten wird zum Stichtag 16.3.2022 ein Versorgungsdefizit von durchschnittlich 15,3 % erwartet. Bezogen auf die einzelnen Versorgungsformen bedeutet dies, dass in der ambulanten Pflege rund 200.000 Menschen (-19,9%), in Krankenhäusern rund 2.5 Millionen (-13,1 %) und in der stationären Langzeitpflege rund 50.000 (-5,9%) Menschen pflegerisch nicht versorgt werden können.
Empfehlungen an die Politik zur Vermeidung der Unterversorgung
Prof. Dr. Johannes Gräske und Theresa A. Forbrig schlussfolgern: Aus den Ergebnissen der Umfrage ergeben sich folgende Empfehlungen für die Politik, wie eine Unterversorgung im Bereich der Pflege vermieden werden kann.
- Ernstnehmen von Sorgen der Einrichtungen / Dienste
- Kommunikation bezüglich der Einhaltung des §20a IfSG
- Aufklärung über Notwendigkeit von Impfungen gegen das Corona-Virus in den Einrichtungen / Diensten vor Ort zielgruppenspezifisch anbieten
- Bereitstellung alternativer Impfstoffe (bspw. Novavax®)
- Entwicklung von Notfallplänen, falls die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann
- Berücksichtigung der zusätzlichen Arbeitsbelastung durch geringere Personalausstattung
Die Studienergebnisse sind auf der Website der ASH Berlin abrufbar:
https://www.ash-berlin.eu/studium/studiengaenge/bachelorstudiengang-pflege/profil/#c14608
Bachelorstudiengang Pflege
Die ASH Berlin bietet einen primärqualifizierenden Bachelorstudiengang Pflege an, der (Fach-)Abiturient_innen einen direkten Zugang zum Pflegestudium ermöglicht. Nach sieben Semestern erreichen die Absolvent_innen zwei verschiedene Abschlüsse: den akademischen Grad Bachelor of Science und die staatliche Anerkennung als Pflegefachfrau_mann. Das Studium ist auch als Weiterqualifizierung neben der Berufstätigkeit möglich, da sich berufstätige Personen mit abgeschlossener dreijähriger Pflegeausbildung die Hälfte der notwendigen Credit Points anerkennen lassen können. Der Bewerbungsschluss für Studienplätze im Sommersemester 2022 ist am 15. März 2022.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Johannes Gräske
E-Mail: graeske@ash-berlin.eu
Originalpublikation:
https://www.ash-berlin.eu/studium/studiengaenge/bachelorstudiengang-pflege/profil/#c14608 Zusammenfassung der Studienergebnisse