Vernetzte Daten, vernetzte Behörden? Studie zeigt Herausforderungen und Chancen in der lokalen Integrationsarbeit
Die Universität Hildesheim und die Robert Bosch Stiftung haben eine neue Studie in Berlin vorgestellt. Die Autor:innen der Studie zeigen, dass komplexe Regelungen, Nachweispflichten und Unsicherheiten im Umgang mit der Datenschutzgrundverordnung für Frust und erheblichen Mehraufwand in kommunalen Behörden und Beratungsstellen führen. Zahlreiche Empfehlungen von Cloud-Lösungen im kommunalen Dokumentenmanagement bis zum Datenschutzcockpit für Zugewanderte sollen Verbesserungen bringen.
Die Integration von Geflüchteten und Zugewanderten kann effektiver werden, wenn die beteiligten Behörden und Beratungsstellen auf lokaler Ebene stärker kooperieren und Daten teilen. An welchen Stellen dies gelingen kann und wie gleichzeitig die informationelle Selbstbestimmung von Zugewanderten gestärkt werden sollte, macht eine heute veröffentlichte Studie der Universität Hildesheim und der Robert Bosch Stiftung GmbH deutlich, die von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration als Kernvorhaben des Nationalen Aktionsplan Integration gefördert wurde.
Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration: „Deutschland ist ein Einwanderungsland mit Erfahrung. Vor Ort in den Kommunen haben wir ein breites Netz an gut funktionierenden Ankunftsstrukturen und Integrationsangeboten. Aber wir müssen schneller werden. Datenmanagement und Digitalisierung bieten große Chancen, die wir besser nutzen können. Gerade jetzt in der aktuellen Situation sind schnelle unbürokratische Lösungen besonders wichtig, damit Integration und Teilhabe der Kriegsflüchtlinge gleich von Anfang an gelingen.“
Komplexe Regelungen, Nachweispflichten und Prüfvorgänge sorgen für Frust und erheblichen Mehraufwand
Laut den Autor:innen der Studie sind es vor allem die komplexen Regelungen, Nachweispflichten und Prüfvorgänge, die für Frust und erheblichen Mehraufwand bei kommunalen Stellen wie Zugewanderten sorgen. Große Unsicherheit der Kommunen im Umgang mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung und strukturelle Probleme in der Zusammenarbeit kommen erschwerend hinzu.
„Wir haben festgestellt, dass aufwändige technische Lösungen oft ein Hinweis darauf sind, dass die zugrundeliegenden Strukturen in Teilen überkomplex sind“, sagt Dr. Danielle Gluns, Leiterin der Forschungs- und Transferstelle Migrationspolitik an der Universität Hildesheim und eine der Autor:innen der Studie. „Wenn jede Behörde auf eine eigene Datenbank besteht, und es juristische Hürden gibt, Zugriffsrechte für externe Stellen einzurichten, dann wird es schwierig.“
„In den Städten und Gemeinden entscheidet sich, wie wir in Deutschland als Einwanderungsgesellschaft zusammenleben“, sagt Sandra Breka, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung. „In den kommenden Wochen werden Kommunen die Ankunft tausender Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bewältigen müssen. Neben dem großen Engagement, dass wir schon jetzt an vielen Orten sehen, braucht es dafür auch innovative Ansätze in der Integrationsarbeit, die Themen wie Wohnen, Arbeit, Gesundheit und soziale Teilhabe klug miteinander verknüpfen. Die jetzt vorliegende Studie liefert dafür wertvolle Impulse.“
Mehr Klarheit im Datenschutz und stärkere Kontrollmöglichkeiten für Zugewanderte
Zu den zentralen Empfehlungen gehören beispielsweise mehr Transparenz beim Thema Datenschutz und der Ausbau von Kontrollmöglichkeiten für Zugewanderte, z. B. durch die Einrichtung eines Datenschutzcockpits durch den Bund. Um das Datenmanagement in den Kommunen zu verbessern, raten die Autor:innen dazu, Cloud-Lösungen und Schnittstellen bestehender Systeme zu nutzen. Darüber hinaus sprechen sie sich dafür aus, Prozesse und Strukturen auch über die eigentliche Integrationsarbeit hinaus zu evaluieren.
Hintergrund zur Studie:
Für die Studie „Vernetzte Daten, vernetzte Behörden? Datenmanagement, Datenschutz und Kooperation in der lokalen Integrationsarbeit“ haben die Forscher:innen bundesweit in einem zweistufigen Verfahren Mitarbeitende von Verwaltungen und Beratungsstellungen interviewt und Zugewanderte zu ihren Erfahrungen befragt.
Die vollständige Publikation steht im Internet zur Verfügung: https://www.bosch-stiftung.de/de/publikation/vernetzte-daten-vernetzte-behoerden
Über die Robert Bosch Stiftung
Die Robert Bosch Stiftung GmbH gehört zu den großen, unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. Sie arbeitet in den Fördergebieten Gesundheit, Bildung und Globale Fragen. Mit ihrer gemeinnützigen Tätigkeit trägt sie zur Entwicklung tragfähiger Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen bei. Dazu setzt sie eigene Projekte um, geht Allianzen mit Partner:innen ein und fördert Initiativen Dritter.
Seit ihrer Gründung 1964 hat die Robert Bosch Stiftung über 2 Milliarden Euro für ihre gemeinnützige Arbeit ausgegeben. www.bosch-stiftung.de
Über die Forschungsgruppe Migrationspolitik an der Universität Hildesheim
Die Forschungsgruppe Migrationspolitik an der Universität Hildesheim befasst sich seit einigen Jahren mit der Gestaltung von Migration auf verschiedenen politischen Ebenen, mit einem besonderen Fokus auf migrationspolitischen Gestaltungsspielräumen von Städten, Gemeinden und Landkreisen. Sie verfügt über Netzwerke mit verschiedenen Akteur:innen aus der Praxis sowie über langjährige Kontakte zu verschiedenen Institutionen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Die Forschungs- und Transferstelle Migrationspolitik stellt dabei die Schnittstelle der Forschungsgruppe Migrationspolitik zwischen Wissenschaft und Praxis dar. www.uni-hildesheim.de/migrationspolitik
Weitere Informationen:
http://www.bosch-stiftung.de/de/offenheit-ist-die-wahre-innovation Mehr über die Studie erfahren Sie im Interview mit den Autor:innen
http://www.land-zuhause-zukunft.de Mehr Informationen zum gemeinsamen Programm der Robert Bosch Stiftung und der Universität Hildesheim