Menschliches Herzgewebe im Labor züchten – ERC Consolidator Grant für Laura De Laporte und das Projekt „HEARTBEAT“
Die Wissenschaftlerin Laura De Laporte (DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien und RWTH Aachen) erhält eine der höchstdotiertesten Forschungsförderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC): einen ERC Consolidator Grant. So wird der Ausbau ihrer Forschung gefördert. In ihrem Forschungsprojekt „HEARTBEAT“ strebt sie danach mit ihrem Team vaskularisiertes, strukturiertes und schlagendes menschliches Herzgewebe im Labor heranzuzüchten. Ihr Ansatz ist es, interaktive, mikroskopisch kleine stäbchenförmige Polymernetzwerke, sogenannte Mikrogele, zu verwenden, um 3D-Konstrukte für die Züchtung von menschlichem Herzgewebe im Millimetermaßstab herzustellen.
Die belgische Wissenschaftlerin Prof. Dr.-Ing. Laura De Laporte vom DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien und der RWTH Aachen erhält eine der höchstdotiertesten Forschungsförderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC): einen ERC Consolidator Grant. So wird über fünf Jahre mit einem Budget von drei Millionen Euro der Ausbau ihrer Forschung am DWI in Aachen gefördert. In ihrem Forschungsprojekt „HEARTBEAT“ strebt De Laporte danach mit ihrem Team vaskularisiertes, strukturiertes und schlagendes menschliches Herzgewebe im Labor heranzuzüchten. Dabei will sie mit traditionellen Methoden zur Herstellung von 3D-Biomaterialien brechen: Ihr Ansatz ist es, interaktive, mikroskopisch kleine stäbchenförmige Polymernetzwerke - sogenannte Mikrogele - zu verwenden, um 3D-Konstrukte im Hochdurchsatzverfahren für die Züchtung von menschlichem Herzgewebe im Millimetermaßstab herzustellen. Mit einer räumlich kontrollierbaren Anordnung und Bewegung der Mikrogele will sie makroporöse Gerüste erzeugen, die in der Lage sind, Zellen zu orientieren und die Zell-Zell-Interaktion zu verbessern.
Im ersten Schritt des Projekts werden verschiedene Arten von Mikrogelen im Beisein von induzierten pluripotenten Stammzellen automatisch zusammengefügt, magnetisch ausgerichtet und chemisch miteinander verbunden. Dadurch sollen die Stammzellen sowohl räumlich verteilt und ausgebreitet als auch organisiert werden, bevor sie in Herzzellen differenziert werden. Das 3D-Konstrukt wird anschließend mit Licht angeregt, um den Herzschlag zu imitieren und die Funktionalität des wachsenden Gewebes zu verbessern. In einem zweiten Schritt sollen Blutgefäße in das Gewebe einwachsen, um das wachsende Mini-Herzgewebe mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen. Um dies zu ermöglichen, ist ein Teil der Mikrogele so konzipiert, dass sie bei Bedarf abgebaut werden können, um ausreichend Platz für wachsende Blutgefäße zu schaffen.
„Dieses Projekt ist ein riesiger Schritt hin zu komplexen und interaktiven Materialien, wie wir sie aus der Natur und somit auch aus unserem Körper kennen“, erklärt De Laporte. Bisher ist es nämlich noch nicht möglich, funktionelle und individualisierte Gewebe samt den biologischen Strukturen und vollständig entwickelten Blutgefäßen zu erzeugen. Der Hauptgrund für diese Einschränkung ist, dass die derzeitigen Materialien nicht die Komplexität und Dynamik der natürlichen Zellumgebung nachbilden können. „Die einzigartigen bioinspirierten 3D-Konstruktionen – also ihr makroporöser und ausgerichteter Aufbau – von HEARTBEAT werden der komplexen biologischen Architektur ähneln. Gleichzeitig lässt sich durch die Anregung der Mikrogele der Herzschlag nachahmen“, erläutert De Laporte. Das Projekt will aufklären, wie Materialeigenschaften, Architekturen und eine durch externe Stimuli angeregte Bewegung der Mikrogele die Bildung und Vaskularisation des menschlichen Herzgewebes beeinflussen und wie sich das Konstrukt im Laufe der Zeit an das wachsende Gewebe anpassen muss, um die richtige extrazelluläre Umgebung zu schaffen. „Wenn wir in der Lage sind, funktionelles menschliches Minigewebe oder gar patientenspezifisches Gewebe im Hochdurchsatzverfahren zu züchten, das den menschlichen Körper besser abbildet, können wir eine Plattformtechnologie für die Prüfung von Arzneimitteln und die Erforschung von Krankheiten schaffen. Darüber hinaus würde auch der Bedarf an Tierversuchen verringert werden“, so De Laporte.
Über Laura De Laporte
Laura De Laporte hat Chemieingenieurwesen an der Universität Gent (Belgien) studiert. Sie promovierte an der Northwestern University (Evanston, USA) in der Gruppe von Prof. Lonnie Shea und entwickelte dort Implantate für die Nervenregeneration. An der EPFL (Lausanne, Schweiz) erforschte sie in der Gruppe von Prof. Jeffrey Hubbell regenerative Hydrogele. Von 2013 bis 2018 leitete Laura De Laporte eine Nachwuchsgruppe am DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien in Aachen und wurde 2015 mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Im Oktober 2017 hat sie ihre Habilitation am Fachbereich Chemie der RWTH abgeschlossen und ist seit Dezember 2020 außerplanmäßige Professorin in diesem Fachbereich mit dem Lehr- und Forschungsgebiet Advanced Materials for Biomedicine mit zusätzlicher Angliederung an die Uniklinik RWTH Aachen. Im Jahr 2018 war sie eine von fünf Wissenschaftlerinnen, die im Rahmen des Leibniz-Professorinnen-Programms gefördert wurden.
Über den ERC Consolidator Grant
ERC Consolidator Grants gelten als eines der prestigeträchtigsten Förderinstrumente Europas. Diese sollen Forscherinnen und Forscher die Etablierung ihres eigenen Forschungsteams oder -programms unterstützen, so der ERC. Sie müssen dafür den bahnbrechenden Charakter, den Ehrgeiz und die Durchführbarkeit ihres wissenschaftlichen Vorschlags nachweisen. Laura De Laporte, Professorin im Lehr- und Forschungsgebiet Advanced Materials for Biomedicine, wird nun für fünf Jahre mit 3 Mio. € seitens des ERC gefördert.
DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien
Das DWI – Leibniz-Institut für Interaktive Materialien e.V. ist eine von Bund und Ländern finanzierte Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft mit Sitz in Aachen. Das Institut wurde am 1. Januar 2014 als erstes Aachener Institut in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen. Es entwickelte sich aus dem 1952 gegründeten Deutschen Wollforschungsinstitut, das auf Betreiben der deutschen Wolltextilindustrie zustande gekommen war. Heute ist das DWI ein interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsinstitut im Bereich der Materialwissenschaften mit Kernkompetenzen in der Chemie, Biotechnologie sowie der Verfahrenstechnik und beschäftigt mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das DWI verfolgt das Ziel, Materialfunktionen zu entwickeln, wie man sie bisher nur von der belebten Materie kennt. Das betrifft unter anderem die Fähigkeit, sich an veränderte äußere Bedingungen anzupassen, Defekte zu heilen und mit der Umgebung zu interagieren. Diese innovativen Materialien sollen Fortschritte unter anderem in Medizin- und Diagnostik, sowie wie in den Bereichen Mobilität, Umwelt und Nachhaltigkeit ermöglichen und so zu einer besseren Lebensqualität im 21. Jahrhundert beitragen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Laura De Laporte
delaporte@dwi.rwth-aachen.de
Korrekturen
18.03.2022 10:42
Korrektur im Absatz "Über Laura De Laporte"
Streichung des Wortes "außerplanmäßig"