Keine Entwarnung für COVID-19 bei Krebspatient*innen
Die aktuelle Diskrepanz zwischen den sehr hohen Infektionszahlen und den geplanten Lockerungen im öffentlichen Leben führt bei vielen Krebspatient*innen zu großer Verunsicherung. In einer gemeinsamen Stellungnahme rufen die onkologischen Fachgesellschaften zusammen mit der Selbsthilfe dringend zur fortgesetzten Wachsamkeit zum Schutz vor COVID-19 bei Krebspatient*innen und zur Nutzung der neuen Behandlungsmöglichkeiten auf.
Patient*innen mit aktiver Krebserkrankung sowie Patient*innen unter immunsuppressiver Therapie haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 und eine erhöhte Sterblichkeit. Gleichzeitig stehen durch die zentrale Beschaffung durch das Bundesministerium für Gesundheit jetzt mehrere wirksame Arzneimittel zur Verfügung. Die Empfehlungen sind:
• Schützen: Tragen von Mund-Nasen-Masken, Händedesinfektion, Abstand halten, Schutzimpfung einschließlich Auffrischimpfung für alle Patient*innen und deren Angehörige bzw. Kontaktpersonen
• Testen: Antigentestung und ggf. PCR-Test bei charakteristischen Symptomen und nach Kontakt mit infizierten Personen
• Frühzeitig behandeln: Therapie mit antiviralen Arzneimitteln oder Antikörperpräraten innerhalb von 3-5 Tagen nach Symptombeginn für Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-Verlauf
Prof. Dr. med. Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V., erinnert: „Die geplanten Lockerungen, u. a. bei Patient*innen mit aktiver Krebserkrankung oder unter immunsuppressiver Therapie dürfen nicht zum Nachlassen der Achtsamkeit und zur Aufgabe der bei dieser Personengruppe dringend gebotenen Schutzmaßnahmen führen. Dies gilt sowohl für die Patient*innen selbst als auch für Angehörige und Kontaktpersonen.“ Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie und Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Würzburg, ergänzt: „Eine hohe Infektionsrate bei Patient*innen gefährdet auch das medizinische Personal und damit die gesamte Versorgung in Krankenhäusern und Praxen.“
Krebspatient*innen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion. Das Vorliegen weiterer Faktoren steigert dieses Risiko. Dazu gehören u. a. höheres Alter, Adipositas mit BMI >30, schwere kardiovaskuläre Erkrankung, chronische Lungenerkrankung, chronische Nierenerkrankung, einschließlich Dialyse, Diabetes mellitus, Immunsuppression und der Status „nicht geimpft“. Bei dringendem Verdacht auf COVID-19 und einem positiven Testbefund (Antigentest oder PCR-Test) empfehlen wir bei Risikopersonen die frühzeitige Einleitung einer gezielten Therapie.
Die Fachgesellschaften weisen auch auf die neuen Therapiemöglichkeiten bei Risikopatient*innen für einen schweren Verlauf von COVID-19 hin. Durch die zentrale Beschaffung seitens des Bundesministeriums für Gesundheit stehen aktuell zwei monoklonale Antikörper als Injektion bzw. Infusion (Sotrovimab (Xevudy®), Tixagevimab/Cilgavimab (AZD7442, Evusheld™) und drei Virostatika in Tablettenform (Molnupiravir (Lagevrio®), Nirmatrelvir/Ritonavir (Paxlovid®), Remdesivir (Veklury®)) zur Verfügung. Welches Arzneimittel für die jeweiligen Patient*innen am besten geeignet ist, muss im Einzelfall entschieden werden.
Patient*innen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 sollen sich bei Krankheitszeichen sofort mit ihren Ärzt*innen in Verbindung setzen. Einsele fasst zusammen: „Wir sind jetzt in einer besseren Situation als zu Beginn der Pandemie, haben aber auch viel höhere Infektionsraten. Es ist weiterhin höchste Wachsamkeit zum Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion geboten. Im Falle einer Erkrankung muss sofort über eine gezielte Behandlung entschieden werden. Die zunehmend gute Prognose von Krebspatient*innen darf nicht durch COVID-19 gefährdet werden.“
Die aktualisierten Empfehlungen können abgerufen werden unter: https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/coronavirus/covid-19-20220321-final.pdf
Über die DGHO
Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.800 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie.
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