Erste Trägerin des Björn Carlson-Ostsee-Preises wird IOW-Forscherin Maren Voß
Der 2022 erstmalig verliehene Björn Carlson Ostsee-Preis der schwedischen Björn Carlson Baltic Sea Foundation geht an Prof. Dr. Maren Voß vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW). Ausgezeichnet wird Maren Voß für ihre wegweisende Forschung zur Bedeutung von Stickstoff in marinen Kreisläufen und insbesondere seiner Rolle bei der Überdüngung der Ostsee. Mit innovativen Methoden erfasste sie die unterschiedlichen Eintragsquellen und Umsetzungsprozesse dieses Nährstoffs und trug so dazu bei, dass bei der Bekämpfung der Ostsee-Überdüngung der Fokus verstärkt auf Stickstoff gelegt wurde. Der mit 3 Mio. Schwedischen Kronen dotierte Preis wird am 3. Juni 2022 in Stockholm verliehen.
Überdüngung (Eutrophierung) gehört zu den größten Umweltproblemen der Ostsee. Sie entsteht durch einen Überschuss an Nährstoffen, insbesondere Stickstoff und Phosphor, und wird durch menschliche Aktivitäten verursacht, wie den Einsatz von Dünger in der Landwirtschaft oder die Einleitung von ungeklärten Abwässern. Dieser Nährstoffüberschuss führt zu massiven Algenblüten, die das Ökosystem stark beeinträchtigen, wenn bei ihrer Zersetzung dem Wasser Sauerstoff entzogen wird.
Die diesjährige Björn Carlson-Ostsee-Preisträgerin Maren Voß beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit dem Stickstoffkreislauf der Ostsee und hat fast 70 Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Sie kam 1992 von der Universität Kiel nach Warnemünde an das im selben Jahr neu gegründete Institut für Ostseeforschung. Dort trug sie maßgeblich dazu bei, dass der Bereich Biologische Meereskunde durch die Einrichtung von Speziallaboren und die Etablierung innovativer Analytik deutlich ausgebaut wurde. Im Ostseeraum war Maren Voß die erste, die die Analyse stabiler Isotope in Wasser und organischen Stoffen anwandte, um die Prozesse innerhalb der Nährstoff-Kreisläufe zu entschlüsseln. Die Messung mikrobieller Stoffwechselraten und deren Extrapolation zur Erstellung von Budgets sowie wichtige Methodenentwicklungen (z. B. Messung der Stickstofffixierung) sind zentrale Elemente ihrer Arbeit. Für die Ostsee hat sie zum ersten Mal beschrieben, dass die Eutrophierung durch Flüsse ein klar nachweisbares Signal in den Organismen und Sedimenten hinterlässt. Sie zeigte, dass neben den Flüssen auch Niederschläge und stickstofffixierende Mikroorganismen wichtige Nährstoffquellen für die Ostsee sind: Gemeinsam mit ihrem Kollegen Norbert Wasmund beschrieb sie als Erste, dass nicht nur die großen koloniebildenden Blaualgen Stickstoff fixieren, sondern auch einzellige Arten – eine Erkenntnis, die sie in jüngster Vergangenheit mit ihrem Team weiter vertiefen konnte.
Wegen dieser Arbeiten wurde Maren Voß von der schwedischen Umweltschutzbehörde als eine von fünf Sachverständigen berufen, um ihre Expertise in den Bericht über die „Eutrophierung der Gewässer an Schwedens Westküste“ einzubringen, der erstmals die wesentliche Rolle von Stickstoff bei der Eutrophierung dieses Seegebietes hervorhob und damit die bisherige Fokussierung auf Phosphor änderte. Zudem wirkte Maren Voß an einer Stellungnahme zur Verringerung externer Stickstoff- und Phosphoreinträge mit, die darauf abzielte, den Teufelskreis interner Rückkopplung zu durchbrechen, durch den das Management der Eutrophierung der Ostsee permanent zurückgeworfen wird. Ihr Fachwissen brachte sie auch in die „Europäische Stickstoffbewertung“ ein, in der die problematische Verschmutzung durch Stickstoffverbindungen in der Umwelt und die Notwendigkeit ihrer Regulierung sowohl im Ostseeraum als auch für ganz Europa hervorgehoben wurde.
Aus der Begründung des Stiftungsrates zur diesjährigen Preisvergabe: „Nach wie vor ist [Maren Voß’] Labor führend in der [Analyse stabiler Isotope], um Quellen der Überdüngung zu ermitteln und kritische Prozesse des Stickstoffkreislaufs zu verstehen. […] Ihre Arbeit auf kontinuierlich höchstem wissenschaftlichem Niveau hat zu einer besseren Wahrnehmung der Probleme der Ostsee auch im internationalen Kontext geführt. In zahlreichen Interviews und Veröffentlichungen hat sie darauf verwiesen, dass auch durch eine Veränderung des individuellen Lebensstils, wie zum Beispiel durch eine Verringerung des Fleischkonsums, der Stickstoffeintrag in die Ostsee wirksam reduziert werden kann. Mehrere EU-Projekte hat sie als Leiterin und Teilnehmerin zum Erfolg geführt. Die Weitergabe ihres Wissens ist ihr seit jeher ein großes Anliegen. Zahlreiche von ihr ausgebildete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen sich heute noch für eine gesündere Ostsee ein. […]
[Maren Voß’] Arbeit ist zu einem Eckpfeiler unseres Verständnisses der Eutrophierung der Ostsee und der Möglichkeiten ihrer Bekämpfung geworden. Ihre kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Ostseeraum in vielen EU-Projekten hat zu Empfehlungen für die EU und HELCOM geführt, die das Eutrophierungs-management in der Ostsee beeinflusst haben. Auf der Grundlage ihrer Pionierarbeit zu Stickstoffisotopen werden 15N-Werte heute als Standardindikator für Eutrophierung verwendet. Hervorzuheben ist auch die wichtige Arbeit, die Maren Voß seit langem bei der Ausbildung von Studierenden leistet, um ihnen die Komplexität des Nährstoffkreis-laufs und neueste Methoden zur Erfassung der biologischen Prozesse zu vermitteln. Zu diesen Aktivitäten gehören Lehrveranstaltungen an ihrer Heimatuniversität Rostock, aber auch internationale Kurse sowie Beteiligungen an großen Initiativen zur interdis-ziplinären Ausbildung von Promovierenden zu Ostseethemen. Mit ihrem starken Engagement in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat sie die Wis-sensgrundlagen für die Bewältigung künftiger Umweltprobleme der Ostsee geschaffen.“
Die Björn Carlson Baltic Sea Foundation ist eine private Stiftung, die 2005 von Björn Carlson (1935–2021) gegründet wurde. Ihr Ziel ist, Maßnahmen zur Verbesserung der Ostsee-Umwelt zu fördern. Zunächst vergab die Stiftung Zuschüsse für Forschungs- und Anwendungsprojekte. Im Jahr 2021 richtete sie ihren Fokus neu aus und stiftete den jährlichen Björn Carlson Baltic Sea Prize, der 2022 erstmalig verliehen wird. Er würdigt Forschung und Initiativen, die einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt in der Ostsee leisten. Der Nominierungsausschuss der Stiftung hatte drei Personen vorgeschlagen, aus denen der Stiftungsrat Maren Voss als Preisträgerin auswählte. Die Verleihung durch die schwedische Kronprinzessin Victoria findet am 3. Juni 2022 im Stockholmer Baltic Sea Science Center von statt. Weitere Informationen: bcop.se
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Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der aktuell 97 eigenständige Forschungs-einrichtungen gehören. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissen-schaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 20.500 Personen, davon sind ca. 11.500 Forschende. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2 Mrd. Euro.
www.leibniz-gemeinschaft.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Maren Voß | Tel.: 0381 – 5197 209 | maren.voss@io-warnemuende.de