Cloud-Plattformen demokratisch und effizient gestalten – Das geht! Kompass für genossenschaftlich orientierte Modelle
Bei Cloud-Plattformen denkt man zuerst an große internationale Player wie Microsoft (MS Azure) oder Amazon (AWS), wo die starken Kernunternehmen die Bedingungen setzen. Aber Cloud-Plattformen bieten andere Möglichkeiten, die gerade für kleine und mittlere Unternehmen interessant sind: Zusammenarbeit auf Augenhöhe, Partizipation, gemeinsame Gestaltung. Einfach ist das nicht, aber es ist möglich. Im Projekt SmartGenoLab hat das ISF München die Reise eines mittelständischen IT-Netzwerks zu einem genossenschaftlich orientierten cloudbasierten Geschäftsmodell begleitet. Der Kompass für diese Reise ist nun veröffentlicht: das Framework „Plattformbasierte Ökosysteme partizipativ gestalten“.
In der digitalen Arbeitswelt ist es Zeit, Neues zu wagen und Räume zu schaffen, in denen Unternehmensführungen und Beschäftigte gemeinsam innovative Arbeitskonzepte ausprobieren können. Das Projekt SmartGenoLab – Mit digitalen Unternehmen in genossenschaftlichen Strukturen Wirtschaftsdemokratie gestalten“ hat sich zum Ziel gesetzt, angesichts des digitalen Wandels neue selbstorganisierte und beteiligungsorientierte Arbeitsformen zu schaffen. In diesem Projekt entwickelte das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung – ISF München gemeinsam mit den Partnern CAS Software AG und SmartWe World AG ein umfassendes Modell zu einem genossenschaftlich orientierten, plattformbasierten Ökosystem, das agile Prozesse und Strukturen mit digitalen Werkzeugen kombiniert und eine innovative Beteiligungsplattform zur Handhabung des Zusammenwirkens aller Stakeholder generiert: das SGL-Modell. Hier werden Beschäftigte, Partner und Kunden zu Miteigentümer:innen und Mitgestalter:innen in neuen Partizipationsformen.
Nun ist ein Framework für dieses Modell verfügbar: „Plattformbasierte Ökosysteme partizipativ gestalten“, herausgegeben von Dr. Stephanie Porschen-Hueck und Kurt Rachlitz, zugänglich unter https://doi.org/10.36194/SMARTGENOLAB_2022.
Im betrieblichen Experimentierraum: Forschung am Puls der Praxis
Das Framework ist nicht am grünen Tisch entstanden, sondern in einem betrieblichen Experimentierraum. Es lädt die Leserinnen und Leser ein, mit den Autor:innen die Reise eines mittelständischen IT-Netzwerks über drei Jahre bei den ersten konkreten Schritten zu einem plattformbasierten, partizipativ ausgerichteten Ökosystem zu begleiten. Diese Reise führt immer wieder vom Experimentierraum zu übergreifenden Fragen – und wieder zurück zur konkreten Gestaltungstätigkeit. So bietet das Framework vielen etwas, zuallererst aber Praktiker:innen, die sich selbst für die Möglichkeiten plattformbasierter Ökosysteme in genossenschaftlicher Orientierung interessieren.
Zunächst gibt das Framework einen Überblick über das Reich der modernen Plattformökonomie, behandelt die vielgenutzten und oft missverstandenen Begriffe der Plattform, des Ökosystems und des Netzwerks und zeigt auf, was das für kleine und mittlere Unternehmen bedeuten kann. Der Hauptteil dient der Entwicklung und Präsentation des SGL-Modells und der Beschreibung des Transformationsprozesses, also der Umstellung zum genossenschaftlich orientierten cloudbasierten Geschäftsmodell. Hier werden Werte und Grundlagen, zentrale Funktionen, konkrete Aufgaben und Kompetenzen der partizipativen Ökosystem-Orchestration vorgestellt. Schließlich präsentiert das Framework konkrete, im Experimentierraum entwickelte Werkzeuge und Verfahren: zum Beispiel den „Geno-Check“ zur Prüfung, ob genossenschaftliche Modelle für das jeweilige Projekt geeignet sind; den „Parti-Pro“ als Verfahren zur partizipativen Gestaltung von Prozessen; Konzepte für IT-Werkzeuge zum Netzwerk- und Entscheidungsmanagement mit verknüpfter Kompetenzlandkarte.
Partizipation und Effizienz
Eine entscheidende Frage partizipativer plattformbasierter Ökosysteme ist es, wie es gelingen kann, eine Zusammenarbeit von Unternehmen und Beschäftigten auf Augenhöhe und im Sinne guter digitaler Arbeit zu erreichen – und zugleich „die PS auf die Straße zu bringen“, also effiziente Entscheidungen zu ermöglichen, wie sie gerade in der wechselhaften modernen Geschäftswelt erforderlich sind. Dazu bietet das Framework eine breite, ausdifferenzierte Palette von Instanzen, Verfahren und Entscheidungsstufen. Denn nicht jedem Unternehmen und nicht jedem Projekt passt derselbe Anzug. Doch Partizipation, Demokratie und Autonomie sind nicht nur Werte an sich, sie stellen auch wertvolle Potenziale für eine innovative gemeinsame Praxis bereit. Das heißt nicht, dass jeder Partner bei jeder Entscheidung beteiligt sein muss – aber es bedeutet, dass jedem Partner die Möglichkeiten offenstehen, das Ökosystem mitzubestimmen und mitzugestalten.
Das Projekt
Das Projekt SmartGenoLab wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert und im Rahmen der Förderrichtlinie „„Zukunftsfähige Unternehmen und Verwaltungen im digitalen Wandel“ unter dem Dach der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) durchgeführt, mit einer Laufzeit von November 2018 bis November 2021. Projektpartner waren das ISF München, die CAS Software AG und die SmartWe World AG.
Über INQA
Die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) ist eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ins Leben gerufene Initiative. Sie versteht sich als neutrale und nicht-kommerzielle Praxisplattform, die sich für die Gestaltung einer modernen Arbeitswelt mit attraktiven Arbeitsbedingungen für Arbeitgeber und Beschäftigte einsetzt und Unternehmen und Beschäftigte im Wandel der Arbeitswelt begleitet.
Dabei legt sie den Fokus auf die Bereiche Führung, Gesundheit, Vielfalt und Kompetenz. INQA bietet eine Vielfalt an Beratungs- und Informationsangeboten sowie ein breites Netzwerk für Betriebe und öffentliche Verwaltungen. Die Initiative agiert nah an den Unternehmen und hat ein Ohr für den betrieblichen Alltag. Die Angebote der Initiative richten sich an Führungskräfte und Geschäftsführer*innen, Personalverantwortliche, Betriebsräte und letztendlich an jede*n Beschäftigte*n, dem an einer positiven und gesunden Arbeitskultur gelegen ist. Denn nur durch die Bereitschaft zur Veränderung kann der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens gewährleistet werden. INQA ist die relevante Praxisplattform für eine zukunftsfähige Arbeitskultur und neue Qualität der Arbeit in Deutschland. „INQA macht Arbeit besser!“
Weitere Informationen unter https://www.inqa.de
Ansprechpartner für die Presse
Frank Seiß, +49 (0)821 2638362, frank.seiss@isf-muenchen.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Stephanie Porschen-Hueck, +49 (0)89 272921-57, stephanie.porschen-hueck@isf-muenchen.de
Originalpublikation:
Stephanie Porschen-Hueck, Kurt Rachlitz (Hg.) (2022): Plattformbasierte Ökosysteme partizipativ gestalten. Ein Framework. München: ISF München. https://doi.org/10.36194/SMARTGENOLAB_2022