ERC-Grant für Silke Bühler-Paschen
Auf der Suche nach speziellen Quantenmaterialien: Silke Bühler-Paschen entdeckte neuartige Quantenzustände in Festkörpern und wird diese nun mit einem ERC-Grant näher untersuchen.
Die ERC Advanced Grants des European Research Council (ERC) gelten als die prestigeträchtigsten und höchstdotierten Förderungen der europäischen Forschungslandschaft. Bei der diesjährigen Vergabe gingen zwei dieser Grants an die TU Wien – einen davon erhielt Prof. Silke Bühler-Paschen vom Institut für Festkörperphysik. Es ist bereits der zweite ERC-Grant, den Silke Bühler-Paschen erhält: Den ersten erhielt sie 2009. Ebenfalls mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet wurde Prof. Tibor Grasser vom Institut für Mikroelektronik.
In der Materialforschung spielt seit Jahren eine bestimmte Sorte von Quantenzuständen eine wichtige Rolle - die sogenannten „topologischen Zustände“. Sie zeichnen sich durch besondere Robustheit aus und sind daher für zukünftige Quantentechnologien besonders interessant. Prof. Silke Bühler-Paschen forscht mit ihrem Team an Materialien, in denen solche ganz besonderen Quantenzustände nachgewiesen werden können. Allerdings wählt sie dafür andere Methoden und Materialien als die meisten anderen Forschungsgruppen.
Spezielles Material als Ausgangspunkt für neue Forschung
Topologie ist ein Teilgebiet der Mathematik, das sich mit Eigenschaften von Objekten im Raum befasst. So ist etwa ein Rettungsring topologisch gesehen etwas anders als ein Ball – der Rettungsring hat in der Mitte ein Loch, man kann ihn nicht kontinuierlich so verformen, dass am Ende ein Ball entsteht. Daran erkennt man bereits, dass topologische Eigenschaften stabil gegenüber Störungen sind – und genau das macht man sich in der Quantenphysik zunutze. Auch topologische Eigenschaften von Quantenzuständen sind robust gegenüber störenden Einflüssen.
„Um solche Zustände zu untersuchen, verwenden wir andere Materialien als viele andere Forschungsgruppen“, sagt Silke Bühler-Paschen. „In manchen Materialien wechselwirken die Elektronen aus quantenphysikalischen Gründen stärker miteinander als das klassisch möglich wäre – man spricht von stark korrelierten Elektronensystemen. Wir haben viel Erfahrung mit solchen Systemen gesammelt. Heute wissen wir, dass solche Systeme eine ganz wichtige Rolle spielen, wenn man topologische Zustände verstehen möchte.“
So konnte Silke Bühler-Paschen 2021 zeigen, dass ein neuartiges Material aus Cer, Bismuth und Palladium durch die starke Korrelation der Elektronen unerwartete Eigenschaften zeigen kann – etwa ein ganz besonderes elektrisches Verhalten, das sonst nur über das Anlegen eines großen Magnetfeldes erzeugt werden kann, hier aber ganz ohne ein solches entsteht. Dieses Material wird nun auch der Ausgangspunkt für weitere Forschungen im Rahmen des neuen ERC-Projekts sein.
„Wir wollen aber nicht nur dieses neue Material verstehen, sondern die Erkenntnisse daraus auch nutzen, um neue Materialien zu entdecken“, sagt Silke Bühler-Paschen. „Es geht darum, die Grundlagen dieser Phänomene zu verstehen.“ Dann könnte man in Zukunft topologische Zustände vielleicht auch technologisch besser nutzen – bis hin zum Einsatz topologischer Quantenzustände in künftigen Quantenchips.
Silke Bühler-Paschen
Prof. Silke Bühler-Paschen studierte Physik an der TU Graz, ihre Dissertation schloss sie 1995 an der École Polytechnique Fédérale in Lausanne ab. Als Postdoc arbeitete sie an der ETH Zürich und dann am Max Planck Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden, wo sie 2003 auch eine Nachwuchsprofessur erhielt. 2005 schließlich wurde sie als Professorin an die TU Wien berufen. Längere Auslandsaufenthalte führten sie an die Nagoya University in Japan und an die Rice University in den USA. Seit 2015 ist sie Fellow der American Physical Society.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Silke Bühler-Paschen
Institut für Festkörperphysik
Technische Universität Wien
Wiedner Hauptstraße 8-10, 1040 Wien
T: +43-1-58801-13716
silke.buehler-paschen@tuwien.ac.at