Wasserstoff statt Kohle – die Transformation der Stahlindustrie
Daniel Heckhoff, Absolvent der Technischen Hochschule Georg Agricola, trägt mit den Erkenntnissen seiner Masterarbeit dazu bei, dass die Stahlproduktion über die Hochofenroute in Zukunft umweltfreundlicher wird.
Es ist heiß hier drin, sehr heiß, man könnte sogar von „Höllenfeuer“ sprechen: Hier in der Schmelz- und Verbrennungszone im Inneren eines Hochofens herrschen Temperaturen von bis zu 2.200°C. Genau diese Temperaturen und die Reaktionen, die in diesem Bereich stattfinden, interessierten Daniel Heckhoff besonders. Der 33-Jährige ist Masterabsolvent der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) und gehört einer Projektgruppe von thyssenkrupp an, die sich dem weltweit völlig neuartigen Projekt „Wasserstoff statt Kohle“ (H2BF) widmet. Ihr Ziel ist es, die CO2-Emissionen zu senken und den Technologiewandel in der Stahlproduktion voranzutreiben. „Es ist kein Geheimnis, dass der Hochofenprozess CO2-Emissionen ausstößt. Das liegt daran, dass kohlenstoffbasierte Reduktionsmittel verwendet werden. Wir tauschen diese gegen Wasserstoff aus, sodass statt CO2 lediglich Wasserdampf entsteht“, erklärt Heckhoff.
Die Funktion eines Hochofens
Um Stahl herzustellen, muss einem Eisenerz im ersten Schritt Sauerstoff entzogen werden. Dieser Prozess findet im Hochofen bei gewaltiger Hitze und unter Zugabe von Kohlenstaub und Koks statt. Durch den eingeblasenen Kohlenstoff entsteht CO2, das in die Umwelt gelangt. Damit das in Zukunft nicht mehr passiert, forscht ein Team von thyssenkrupp, dem auch Daniel Heckhoff angehört, an einer Methode, um den bisher genutzten Kohlenstoff durch Wasserstoff zu ersetzen. Doch so einfach ist es nicht; es schließen sich zahlreiche Fragen an: Wie sicher ist die Verwendung von Wasserstoff? Wie verändert sich die Temperatur im Hochofen? Wie sieht die Gaszusammensetzung aus? „Wir haben in der ersten Projektphase bereits einige Erkenntnisse zum Einsatz von Wasserstoff gewonnen: Die Zusammensetzung des Hochofen-Gases ändert sich, und auch die Temperatur. Das kann Umbaumaßnahmen am Ofen zur Folge haben“, so der 33-Jährige. Der auch erklärt, dass bislang nur über eine der 28 Blasformen des Hochofens Wasserstoff eingeblasen wurde. In der bald folgenden zweiten Projektphase soll der Wasserstoff über alle Blasformen in entsprechenden Versuchskampagnen injiziert werden.
Arbeit am Projekt
Die Grundlage für diese zweite Phase legte das Projektteam in den vergangenen Jahren. Im November 2019 hat thyssenkrupp in Duisburg weltweit erstmals reinen Wasserstoff in einen im Betrieb laufenden Hochofen geblasen. Kurz danach stieß der Verfahrenstechnik-Student zum Projekt hinzu. „In meiner Masterarbeit habe ich die Vorgänge innerhalb des Hochofens bei Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel untersucht. Da spielte vor allem der Sicherheitsaspekt eine große Rolle. Die Frage war: Wie passen Wasserstoff und Hochöfen zusammen?“, erinnert er sich. Heckhoff entwickelte Thesen, welche Prozessparameter optimal sind und ab wann eine Verbrennung nur unvollständig abläuft. Zurückgreifen konnte er dabei auf seine Bachelorarbeit, in der er sich der Kohlenstaubverbrennung gewidmet hatte.
Praxisnahe Forschung
Forschung direkt anzuwenden, das gefällt Heckhoff. „Ich konnte meine Masterarbeit berufsbegleitend schreiben und an einem Thema arbeiten, bei dem ich das Gefühl habe, etwas zu bewegen“, sagt er. Wie aufwendig seine Arbeit war, lässt sich allein an der Zahl der auszuwertenden Messelemente ablesen, denn davon gibt es im Hochofen zwischen 1000 und 1500. Mit seiner Untersuchung möchte er einen Beitrag leisten, um neue Wege für die Stahlproduktion zu finden, abseits von fossilen Kohlenstoffen. „Natürlich ist eine solche Transformation nicht günstig. Aber es wird sich ab einem gewissen Zeitpunkt definitiv rechnen und hilft bei der Dekarbonisierung der Industrie“, zeigt er sich optimistisch.
Auch THGA-Professor Dr. Jochen Arthkamp und Frederik Hippe, Heckhoffs Betreuer bei thyssenkrupp, sind von seinem Ansatz überzeugt: „Die Arbeit zeigt, wie anwendungsnah wir an der THGA ausbilden und dass wir einen Mehrwert für die Praxis schaffen“, so Prof. Arthkamp. „Dadurch ist eine Win-win-Situation für beide Seiten entstanden“, ergänzt Frederik Hippe. „Daniel Heckhoff ist es gelungen, sein hohes Maß an Kompetenz gewinnbringend in das Projekt einzubringen und unseren innovativen Ansatz weiter voranzutreiben.“