HoF-Publikation: Eingeschrieben und geblieben? Soziale Herkunft und Studienverbleib
Die Studieneingangsphase stellt gerade für Studierende, die wenig durch die kulturellen und ökonomischen Ressourcen ihrer Eltern gestützt werden, eine Herausforderung dar. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung zeigen, wie sich in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft die Bedingungen des Studienverbleibs, die Ausstattung mit studienverbleibsrelevanten Ressourcen und der Umgang mit Problemen unterscheiden. Aus den Untersuchungsergebnissen werden Handlungsoptionen zur Gestaltung der Studieneingangsphase entwickelt.
Hochschulische Bildungsverläufe und -erfolge sind in Deutschland anhaltend maßgeblich von der sozialen Herkunft beeinflusst. Der Verlauf der Studieneingangsphase hat dabei eine besonders hohe Bedeutung für den Studienerfolg. Im Rahmen der veröffentlichten Dissertation wurde daher untersucht, wie sich Unterschiede in den ökonomischen und kulturellen Ressourcen der Herkunftsfamilie auf den Verlauf der Studieneingangsphase auswirken. Welche Unterschiede zeigen sich in den Bedingungen des Studienverbleibs, der Ausstattung mit studienverbleibsrelevanten Ressourcen und dem Umgang mit Problemen?
Zur Beantwortung der Fragen wurde zunächst ein Rahmenmodell zur Erklärung des Studienverbleibs in der Studieneingangsphase entwickelt, das individuelle und strukturelle Bedingungen in den Blick nimmt. Die empirische Grundlage der Untersuchung bilden längsschnittlich erhobene Befragungsdaten von Studienanfänger.innen an fünf Universitäten.
Die Ergebnisse zeigen vor allem:
• Der Studienverbleib wird unabhängig von der sozialen Herkunft maßgeblich vom Gelingen des fachspezifischen Sozialisationsprozessess beeinflusst. Damit dieser Prozess gelingt, sind insbesondere gute Kontakte zu Lehrenden wichtig. Diese stellen Studierende mit geringem kulturellem Kapital häufiger vor große Schwierigkeiten.
• Die Schwierigkeiten mit den universitären und fachspezifischen Bedingungen, die nach dem ersten Studiensemester sichtbar werden, sind stark abhängig von der Fächergruppe, in der studiert wird.
• Die Studiensicherheit ist zum Zeitpunkt der Studienaufnahme bei Studierende der Herkunftsgruppen „geringes ökonomisches Kapital“ bzw. „geringes kulturelles Kapital“ deutlich schwächer ausgeprägt. Dies gilt auch für Studienanfänger.innen mit sehr guten Abiturnoten.
• Für das Gelingen der Studieneingangsphase ist das kulturelle Kapital der Herkunftsfamilie von größerer Bedeutung als das ökonomische Kapital.
Weiterhin zeigen die Befunde, dass sich die Herkunftsgruppen hinsichtlich der Leistungsmotivation, der intrinsischen Studienmotivation und der Informiertheit nicht unterscheiden. Dies sind gerade jene Aspekte, hinsichtlich derer in der Diskussion um die Öffnung der Hochschulen bildungsferneren Gruppen häufig Mängel zugeschrieben werden.
Die Ergebnisse sind gleichermaßen für die Bildungs- wie die Ungleichheitsforschung relevant. Sie erlauben es, Handlungsoptionen zur Gestaltung der Studieneingangsphase abzuleiten. Diese können dazu genutzt werden, Unterschiede in den bildungsbezogenen Chancen zu reduzieren, die nicht aus Leistungsunterschieden, sondern aus der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen resultieren.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Sylvi Mauermeister, Tel.: 03491 - 466 151, Email: sylvi.mauermeister@hof.uni-halle.de
Originalpublikation:
Mauermeister, Sylvi: Eingeschrieben und geblieben? Herkunftsgruppenspezifische Bedingungen des Studienverbleibs nach der Studieneingangsphase an Universitäten, BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2022, 390 S.
Weitere Informationen:
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https://www.hof.uni-halle.de/web/dateien/pdf/Mauermeister_Studienverbleib_InhaltZE.pdf