Studie empfiehlt stärkere Berücksichtigung des Themas Bildung im Strukturwandelprozess
Das Mitteldeutsche Revier steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Herausforderungen wie Kohleausstieg, Digitalisierung und demografischer Wandel sind eng an Bildungsfragen und damit an Fachkräftesicherung geknüpft. Um die Bildungslandschaft an bevorstehende Veränderungen anzupassen, sollte die länderübergreifende Zusammenarbeit gestärkt werden, so die vom Netzwerkbüro BiSMit veröffentlichte Studie „Strukturwandel braucht Bildung“.
Der Studienbericht gibt einen Überblick über die Bildungslandschaft im Mitteldeutschen Revier. Er beschreibt wesentliche bildungsbezogene Institutionen, Netzwerke und strategische Ausrichtungen der sieben Landkreise und zwei kreisfreien Städte des Reviers sowie der drei betreffenden Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Potenziale einer institutionen- und länderübergreifenden Kooperation werden aufgezeigt.
Heterogene Bildungslandschaft
Bereits jetzt ist im Mitteldeutschen Reviers ein Fachkräftemangel spürbar. Angesichts der demografischen Entwicklung wird sich dieser Fachkräftemangel in Zukunft noch verstärken, insbesondere in den ländlichen Kommunen des Reviers. Um Fachkräftebedarfe zu decken, ist eine große Bandbreite an Bildungsangeboten erforderlich. Gerade in dieser Hinsicht ist die Bildungslandschaft jedoch sehr heterogen ausgestattet. Hochschul-, Aus- und Weiterbildungsangebote konzentrieren sich in den Städten Leipzig und Halle (Saale).
Zum Thema Fachkräftesicherung gibt es in den Kommunen und Ländern vielfältige Programme und Initiativen. Es mangelt jedoch an kommunen- und länderübergreifenden Abstimmungsmechanismen sowie Verstetigungszusagen. „Mit der Studie geben wir erste Handlungsempfehlungen, um Bildung in der Region angesichts des Strukturwandels zukunftssicher auszurichten“, so Dr. Tom Hoyer, einer der Autoren der Studie.
Bildung als Quelle für Innovationen
Die Studie weist weiterhin darauf hin, dass das Mitteldeutsche Revier im Bundesvergleich über eine relativ geringe Innovationskraft verfügt. Dieser Umstand ist mit der regionalen Wirtschaftsstruktur erklärbar. Sie ist durch klein- und mittelständische Unternehmen geprägt. Nur wenige Unternehmen unterhalten eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in der Region. Eine Folge ist, dass viele Hochschulabsolventinnen und -absolventen abwandern. „Es ist daher wichtig, industrienahe Bildung und Forschung zu stärken und wissensintensive Beschäftigung vor Ort auszubauen, um die regionale Innovationskraft zu stärken“, erklärt Dr. Stefan Haunstein, Autor der Studie.
Notwendige Neujustierung der Bildung
Verstärkt durch den Kohleausstieg sind neue Branchen wie grüner Wasserstoff, Bioökonomie und Elektromobilität im Mitteldeutschen Revier in aller Munde. Wie die vorliegende Studie zeigt, müssen diese Branchen jedoch bildungspolitisch stärker untersetzt werden. Neue Möglichkeiten in allen Arbeitsbereichen schafft die Digitalisierung. Damit steigt aber auch der Bedarf an Bildungs- und Qualifizierungsangeboten. Dabei geht es nicht nur um die Ausbildung von IT-Fachkräften, sondern darum, bestehendes Personal in allen Arbeitsbereichen für den Umgang mit digitalen Technologien zu schulen.
Erwerbsbiografien verlaufen immer seltener linear, daher wird berufsbegleitendes Lernen wichtiger. Laut der vorliegenden Studie besteht dabei Klärungsbedarf hinsichtlich zuständiger Institutionen. Volkshochschulen allein können diese Aufgabe nicht bewältigen. Besondere Anstrengungen sind außerdem erforderlich, um Bildung und damit Fachkräftesicherung trotz des demografischen Wandels zu gewährleisten: In ländlichen Räumen besteht die Gefahr, dass mit schwindender Zahl an potenziellen Nutzerinnen und Nutzern von Bildungsangeboten diese schrittweise zurückgefahren werden.
Methoden der Studie
Die Autoren der Studie, Dr. Stefan Haunstein und Dr. Tom Hoyer, haben eine umfangreiche Dokumentenanalyse vorgenommen und dabei Bildungsberichte, wissenschaftliche Studien, Entwicklungskonzepte und Medienberichte ausgewertet. Außerdem wurden Interviews mit Expertinnen und Experten durchgeführt. Personen aus Kommunalverwaltungen, Experten des regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes sowie zivilgesellschaftliche Initiativen kamen zu Wort.
Über das Netzwerkbüro BiSMit und das Deutsche Jugendinstitut (DJI)
Das Netzwerkbüro Bildung im Strukturwandel in Mitteldeutschland (BiSMit) baut ein regionales Bildungsmonitoring für das Mitteldeutsche Revier auf und führt wissenschaftliche Studien zu Themen an der Schnittstelle von Bildung und Strukturwandel durch. BiSMit ist Kooperationspartner der Innovationsregion Mitteldeutschland (IRMD) und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.
Angesiedelt ist das Netzwerkbüro BiSMit beim Deutschen Jugendinstitut (Standort Halle (Saale) und der Projektgruppe Leipzig). Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) ist eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitute Europas. Aktuell arbeiten etwa 500 Mitarbeitende an den beiden Standorten München und Halle (Saale). In fünf Fachabteilungen sowie Fachgruppen, den eigenständigen Arbeitseinheiten der Abteilungen, untersuchen Forscherinnen und Forscher die Lebenslagen von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie die damit zusammenhängenden sozialstaatlichen Angebote und Maßnahmen. Seit bald 60 Jahren beraten die Expertinnen und Experten des DJI Politik und Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen. Sie analysieren gesellschaftliche Trends, begleiten neue fachliche Entwicklungen wissenschaftlich, erarbeiten Prognosen für die Zukunft und liefern wichtige Impulse für die Fachpraxis.
Originalpublikation:
Studienbericht “Strukturwandel braucht Bildung” (PDF)
https://www.bismit.de/fileadmin/user_upload/pdf/Publikationen/BiSMit_Bericht_Strukturwandel_braucht_Bildung_gesamt_web.pdf
Weitere Informationen:
http://Netzwerkbüro Bildung im Strukturwandel in Mitteldeutschland (BiSMit)
https://www.bismit.de/