Björn Carlson-Ostsee-Preis an IOW-Forscherin Maren Voß verliehen: „Forschung auf höchstem Niveau“
Maren Voß vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) wurde heute in Stockholm mit dem mit 3 Mio. schwedischen Kronen (umgerechnet knapp 300.000 Euro) dotierten Björn Carlson Ostsee-Preis der Björn Carlson Baltic Sea Foundation ausgezeichnet. Die Stiftung würdigte damit die wegweisende Forschung der Wissenschaftlerin zu marinen Stickstoff-Kreisläufen in der Ostsee. Mit innovativen Methoden erfasste sie die unterschiedlichen Eintragsquellen und Umsetzungsprozesse dieses Nährstoffs und trug so dazu bei, dass bei der Bekämpfung der Ostsee-Überdüngung der Fokus verstärkt auf Stickstoff gelegt wurde.
Die Preisverleihung durch die schwedische Kronprinzessin Victoria fand am Vormittag im Baltic Sea Science Center des Stockholmer Freilichtmuseums Skansen statt. Im anschließenden Festvortrag vor dem geladenen Festpublikum illustrierte und beleuchtete Maren Voß dann die wesentlichen Stationen und Erkenntnisse aus mehr als zweieinhalb Jahrzehnten ihrer Forschung. Gut 40 Vorschläge waren im Vorfeld dieser erstmaligen Auslobung des Björn Carlson Ostsee-Preises beim Nominierungsausschuss der Stiftung eingegangen. Von den drei Personen, die in die engere Wahl gekommen waren, hatte sich der Stiftungsrat für Maren Voß als Preisträgerin entschieden. „Ich war sehr überrascht und auch etwas überwältigt, als ich die Nachricht von dieser großen Ehrung erhielt. Mich freut sehr, dass mit dem Preis die Stickstoff-Problematik in der Ostsee in den öffentlichen Fokus gerückt wird, den sie auch verdient“, so Maren Voß anlässlich der Preisverleihung.
Erste Überlegungen, wie sie das Preisgeld verwenden will, hat die Wissenschaftlerin schon: „Zum einen möchte ich meine Forschung zur Filterfunktion der Ostseeküsten ausbauen, um mehr darüber zu erfahren, wie gut vom Land stammende Nährstoffe hier zurückgehalten bzw. entfernt werden und wie genau diese Prozesse funktionieren. Dabei möchte ich mit Kolleginnen und Kollegen aus Schweden und Finnland zusammenarbeiten“, erklärt die Preisträgerin. „Zum anderen möchte ich junge Forschende aus aller Welt mit erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem Workshop zusammenbringen, der sich mit Stoffflüssen in Küstengebieten beschäftigt. Denn viele Probleme, die die Ostsee hat, sind eigentlich global; und so wird überall auf der Welt daran gearbeitet, wie man die Küsten besser schützen und nachhaltig nutzen kann. Ich denke, dass ein solcher Austausch viele neue Impulse für alle Beteiligten bringen kann“, so Voß weiter.
Maren Voß beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit dem Stickstoffkreislauf der Ostsee. Sie kam 1992 vom Nationalparkamt in Tönning nach Warnemünde an das im selben Jahr neu gegründete Institut für Ostseeforschung. Dort trug sie maßgeblich dazu bei, dass der Bereich Biologische Meereskunde durch Speziallabore und die Etablierung innovativer Analytik ausgebaut wurde. Im Ostseeraum war sie die erste, die die Analyse stabiler Isotope in Wasser und organischen Stoffen anwandte, um die Prozesse innerhalb der Nährstoff-Kreisläufe zu entschlüsseln. Die Messung mikrobieller Stoffwechselraten und deren Extrapolation zur Erstellung von Budgets sowie wichtige Methodenentwicklungen – etwa die Messung der Stickstofffixierung – sind zentrale Elemente ihrer Arbeit. Für die Ostsee hat sie zum ersten Mal beschrieben, dass die Überdüngung durch Flüsse ein klar nachweisbares Signal in den Organismen und Sedimenten hinterlässt. Sie zeigte außerdem, dass neben den Flüssen auch Niederschläge und stickstofffixierende Mikroorganismen wichtige Nährstoffquellen für die Ostsee sind.
Wegen dieser Arbeiten wurde Maren Voß von der schwedischen Umweltschutzbehörde als eine von fünf Sachverständigen berufen, um ihre Expertise in den Bericht über die „Eutrophierung der Gewässer an Schwedens Westküste“ einzubringen, der erstmals die wesentliche Rolle von Stickstoff bei der Eutrophierung dieses Seegebietes hervorhob und damit die bisherige Fokussierung auf Phosphor änderte. Ihr Fachwissen brachte sie auch in eine Europäische Studie zur Stickstoffproblemantik in der Umwelt ein, in der auch die Notwendigkeit ihrer Regulierung sowohl im Ostseeraum als auch für ganz Europa hervorgehoben wurde.
Aus der Begründung des Stiftungsrates zur diesjährigen Preisvergabe: „[...] Nach wie vor ist [Maren Voß’] Labor führend in der [Analyse stabiler Isotope], um Quellen der Überdüngung zu ermitteln und kritische Prozesse des Stickstoffkreislaufs zu verstehen. […] Ihre Arbeit auf kontinuierlich höchstem wissenschaftlichem Niveau hat zu einer besseren Wahrnehmung der Probleme der Ostsee auch im internationalen Kontext geführt. In zahlreichen Interviews und Veröffentlichungen hat sie darauf verwiesen, dass auch durch eine Veränderung des individuellen Lebensstils, wie zum Beispiel durch eine Verringerung des Fleischkonsums, der Stickstoffeintrag in die Ostsee wirksam reduziert werden kann.
[…Maren Voß’] Arbeit ist zu einem Eckpfeiler unseres Verständnisses der Eutrophierung der Ostsee und der Möglichkeiten ihrer Bekämpfung geworden. Ihre kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Ostseeraum in vielen EU-Projekten hat zu Empfehlungen für die EU und HELCOM geführt, die das Eutrophierungs-management in der Ostsee beeinflusst haben. […] Hervorzuheben ist auch die wichtige Arbeit, die Maren Voß seit langem bei der Ausbildung von Studierenden leistet, um ihnen die Komplexität des Nährstoffkreislaufs und neueste Methoden zur Erfassung der biologischen Prozesse zu vermitteln. […] Mit ihrem starken Engagement in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses hat sie die Wissensgrundlagen für die Bewältigung künftiger Umweltprobleme der Ostsee geschaffen.“
Die Björn Carlson Baltic Sea Foundation ist eine private Stiftung, die 2005 von Björn Carlson (1935–2021) gegründet wurde. Ihr Ziel ist, Maßnahmen zur Verbesserung der Ostsee-Umwelt zu fördern. Zunächst vergab die Stiftung Zuschüsse für Forschungs- und Anwendungsprojekte. Im Jahr 2021 richtete sie ihren Fokus neu aus und stiftete den jährlichen Björn Carlson Baltic Sea Prize, der 2022 erstmalig verliehen wurde. Er würdigt Forschung und Initiativen, die einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt in der Ostsee leisten. Weitere Informationen: www.bcop.se.
Wissenschaftlicher Kontakt:
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Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der aktuell 97 eigenständige Forschungs-einrichtungen gehören. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissen-schaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 20.500 Personen, davon sind ca. 11.500 Forschende. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 2 Mrd. Euro.
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