Studierende bauen eigenen Rennwagen
Studierende der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) präsentieren selbst gebauten Rennwagen mit zahlreichen technischen Neuerungen – Teilnahme an studentischen Konstruktionswettbewerben im österreichischen Spielberg, auf dem Hungaroring bei Mogyoró und auf dem Hockenheimring geplant
Auch in diesem Jahr haben sich wieder ca. 50 Studierende der Hochschule Karlsruhe (Die HKA) zusammengefunden, um einen einsitzigen Formelrennwagen zu konstruieren und anschließend selbst zu fertigen. Sie kommen aus den Studiengängen Fahrzeugtechnologie, Maschinenbau, Mechatronik, Elektro- und Informationstechnik sowie Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik und Medieninformatik und hatten ein großes gemeinsames Ziel: den Bau eines eigenen Rennwagens für die diesjährige Teilnahme am internationalen studentischen Konstruktionswettbewerb Formula Student. Nach dem Ausfall der Wettbewerbe in 2020 und einem sehr erfolgreichen Neustart im letzten Jahr wird das Team dieses Jahr wieder an drei verschiedenen internationalen Wettbewerben teilnehmen.
Nach neun Monaten Entwicklung, Konstruktion und Fertigung haben die Studierenden nun mit dem Rollout am vergangenen Freitag, 24. Juni 2022, ein weiteres großes Etappenziel erreicht und konnten das Resultat ihrer Projektarbeit mit dem neuen Rennwagen „F-116“ erstmals der Öffentlichkeit präsentieren.
Die Hauptaufgabe der internationalen Konstruktionswettbewerbe der Formula Student besteht darin, einen Rennwagen herzustellen, der für eine Produktion in Kleinserie geeignet wäre. Geschwindigkeit ist jedoch nur ein Aspekt, bewertet wird das Gesamtkonzept, zu dem auch die Beschleunigungs- und Bremsleistung sowie Konstruktion, Gewicht und die kalkulierten Produktionskosten zählen. Um also einen schnellen, wendigen, sicheren, sparsamen und zuverlässigen sowie kostengünstigen Rennwagen zu entwickeln, ist für die Studierenden eine genaue Projektplanung und Koordination samt Marketingstrategie, Business Plan und Cost Report notwendig. Gefragt sind demnach viele ingenieurspezifische Fähigkeiten wie auch umfangreiche Wirtschafts- und Marketingkompetenzen. Das Konzept hinter diesem Wettbewerb ist es, den Studierenden eine attraktive Möglichkeit zu bieten, das im Studium angeeignete Wissen in die Praxis umzusetzen.
In der diesjährigen Saison tritt das Team mit einem neuen und gegenüber dem Vorjahr in einigen Punkten modifizierten Fahrzeug an: Zur Karosserie aus Kohlefasern (CFK), die durch einen optimierten Lagenaufbau leichter wurde, kommt ein verbessertes Bremssystem mit selbstentwickelten Bremssätteln. Um die Strömungsverhältnisse am Fahrzeug zu optimieren, wurden viele weitere zeitintensive rechnergestützte Simulationen durchgeführt, die – im Vergleich zum Vorjahresfahrzeug – zu einem aufwendigeren Aeropaket führen. Dazu gehören ein neuer Unterboden, Abdeckungen an den Querlenkern und eine neue Anbindung des Front- und Heckflügels über sogenannte Sharkfins aus Carbon. Mehr Einstellmöglichkeiten und neue Endplates am Heckflügel sollen für mehr Abtrieb bei gleichzeitig verringertem Fahrwiderstand sorgen.
Die Leistung des Antriebsmotors wird durch eine Erhöhung der Verdichtung auf 17:1 gesteigert. Die neu entwickelte Airbox und das verbesserte elektronische Gaspedal ermöglichen dem Fahrer eine verbesserte Steuerung der Antriebsleistung. Durch kleinere Kühler, eine Abgasanlage aus Titan und kleinere Pneumatikzylinder an der Schaltung konnte das Gesamtgewicht des Antriebsstranges deutlich verringert werden.
Durch neue Beschleunigungssensoren, GPS-Unterstützung, reale Geschwindigkeitsmessung über ein Staurohr und eine Reifentemperaturmessung in Echtzeit wird eine umfangreichere und genauere Auswertung der Fahrdaten während der Testphase und während der Wettbewerbe ermöglicht. Ein neues Design des Lenkrads ermöglicht dem Fahrer einen besseren Blick auf das Dashpanel, das ihm alle wichtigen Daten über den aktuellen Zustand des Fahrzeugs mitteilt. Ein robusterer Kabelbaum und umfangreiche Anpassungen an der Software sollen das Auto insgesamt noch zuverlässiger machen.
Wie in jedem modernen Entwicklung- und Produktionsprozess wird das komplette Fahrzeug mithilfe von CAD-Systemen (Computer Aided Design) als Modell im Rechner erzeugt. So entstehen nicht nur die benötigten Fertigungsdaten, sondern auch die Simulation und Berechnung der verschiedenen Bauteile und Funktionen wird ermöglicht. Im Anschluss werden die Bauteile individuell hergestellt und teilweise bis zur Zerstörung getestet.
In kaum einem anderen Projekt können in Vorlesungen und Übungen erworbene Grundlagen durch ihre Anwendung und Vertiefung so umfassend in die Praxis umgesetzt werden, wie in diesem Formula-Student-Projekt. Alle nötigen Schritte werden dabei von den Studierenden selbst organisiert bis hin zur hochkomplexen Fertigung der Einzelteile. Unterstützt werden sie dabei durch viele Sponsoren und vom hochschuleigenen Institute of Materials and Processes, an dem ein großer Teil der benötigten Komponenten selbst hergestellt wird.
Nach dem Rollout des „F-116“ beginnt für die Studierenden die kurze Testphase, um den Boliden für die Wettbewerbe der Formula Student „fit“ zu machen. Ende Juli – also kurz nach dem Ende der Prüfungen, die die am Projekt beteiligten Studierenden noch ablegen müssen, geht es dann für sie auch „gleich richtig los“ mit dem ersten Wettbewerbsevent in Österreich.
„Der jedes Jahr weiterentwickelte Rennwagen der Studierenden ist für uns immer wieder aufs Neue ein beeindruckender Beleg für die Kombination von Fachwissen und ausgeprägtem Praxisbezug unserer Lehre und auch dafür, wie gut es unsere Studierenden schaffen, ein solch umfangreiches Projekt zu planen und umzusetzen“, betont Prof. Dr. Frank Artinger, Rektor der Hochschule Karlsruhe.