10 Jahre World Sepsis Day - Sepsis muss auf nationaler und internationaler Ebene zur Priorität werden
Sepsis, auch Blutvergiftung genannt, stellt die schwerste Verlaufs-form einer Infektion dar. Zu spät erkannt oder behandelt, endet sie meist tödlich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält die Mehrzahl der weltweit jährlich über 11 Millionen Sepsis bedingten Todesfälle für vermeidbar. Die Erreichung dieses Zieles erfordert die dringliche Priorisierung von Sepsis in Rahmen von nationalen und internationalen Gesundheitsstrategien, auch weil die Mehrzahl der über 6 Millionen COVID-Todesfälle durch eine virale Sepsis bedingt ist.
Es ist deshalb sehr begrüßenswert, dass die G7-Gesundheitsminister und -ministerinnen sich in ihrem Kommuniqué https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/G/G7/20220520_English_G7_Health_Ministers_Communique.pdf vom Mai 2022 verpflichtet haben, die Implementierung der Forderungen der 2017 verabschiedeten WHO Sepsis Resolution auf nationaler Ebene voranzutreiben. Dies gilt auch für Deutschland, wo seit 2013 von Fachexperten und -expertinnen und Betroffenenorganisationen eine Nationale Sepsisstrategie gefordert wird.
Wir begrüßen die aktuell getroffene Entscheidung der Bundesregierung, die 2021 durch das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) initiierte Aufklärungskampagne #DeutschlandErkenntSepsis https://www.deutschland-erkennt-sepsis.de finanziell zu unterstützen. Das Ziel der Kampagne ist es, dem Unwissen über Sepsis in der Allgemeinbevölkerung und beim medizinischen Fachpersonal entgegenzuwirken, und für das Krankheitsbild zu sensibilisieren. Vier Partnerorganisationen tragen das Bündnis: Neben dem APS sind das die Sepsis Stiftung, der Sepsis-Dialog der Universität Greifswald sowie die Deutsche Sepsis-Hilfe e. V. Die breite Aufstellung der Kampagne ermöglicht eine umfassende Darstellung von Sepsis. So wurden beispielsweise Informationspakete an Krankenhäuser gesendet, ein Betroffenen-Forum eingerichtet, eine interaktive Sepsis-Checkliste https://www.sepsis.science/checklist entwickelt und zahlreiche Menschen im Rahmen einer Social Media Kampagne zum Thema Sepsis aufgeklärt. Um langfristig den Erfolg der Kampagne messen zu können, führt die Sepsis Stiftung regelmäßig repräsentative Umfragen durch, die das Sepsis-Wissen in der Allgemeinbevölkerung erheben. Die Ergebnisse der ersten Befragung werden bei der Pressekonferenz am 9. September vorgestellt. Mangelnde gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitskompetenz für diesen Themenkomplex und fehlendes Verständnis und Priorisierung bei den zentralen Akteuren und Entscheidungsträgern erklären jedoch nur teilweise die im internationalen Vergleich viel zu hohe Sepsissterblichkeit in Deutschland. Wesentliche weitere Ursachen hierfür sind keinesfalls mangelnde Ressourcen, sondern gravierende Struktur- und Qualitätssicherungsmängeln unseres Gesundheitssystems. Auf diese wurde bereits vor Jahren in einem Dossier von Experten https://sepsis-stiftung.de/app/uploads/1/2019/02/2019_02_05_Dossier_Sepsissterblichkeit.pdf aufmerksam gemacht. Da diese Mängel auch bei anderen Erkrankungen in Deutschland jährlich 200.000 vermeidbare Todesfälle zur Folge haben, wurde der Appell zur gesundheitsreform.jetzt https://www.gesundheitsreform.jetzt gestartet. Kernforderungen zur Reduzierung der vermeidbaren Todesfälle bei Sepsis in Deutschland sind deshalb die sofortige verpflichtende Einführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen durch den Gesetzgeber, die in anderen Ländern wie z.B. in Australien https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/1850096 zu einer Halbierung der Sepsissterblichkeit geführt haben.
Dies sind:
• die Einführung von Rapid Response Systemen, die durch die regelmäßige Schulung des innerklinischen medizinischen Personals die Früherkennung unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankungen ermöglichen,
• die Vorhaltung von Rapid Response Teams, über die erfahrene Notfallmediziner abteilungsübergreifend zur Hilfe bei Notfällen zur Verfügung stehen und
• die effektive Nutzung von Fehlermeldesystemen für kritische Zwischenfälle (Critical Incident Reporting Systems) durch eine externe unabhängige Auswertung.
Zum 10-jährigen Jubiläum des World Sepsis Day findet erstmalig eine zentrale Veranstaltung https://10yearswsd.org mit Unterstützung des Generaldirektors der WHO Tedros Adhanom Ghebreyesus sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach statt. Der Termin für dieses hochrangig besetzte Symposium und Fundraising Event mit dem Motto „Making Sepsis a National and Global Health Priority – Celebrating 10 Years of World Sepsis Day“ ist der 16. September. Die wissenschaftliche Leitung und Organisation haben die Sepsis Stiftung und die Global Sepsis Alliance https://www.global-sepsis-alliance.org unter Beteiligung der WHO.
Im Vorfeld findet am 9. September um 11:30 Uhr eine Pressekonferenz im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz statt, die die Sepsis Stiftung mit ihrem Projektpartner #DeutschlandErkenntSepsis organisiert. Eine Teilnahme ist vor Ort (Anmeldung: presse@sepsis-stiftung.de) oder online https://sepsis-stiftung.de/livestream-pressekonferenz möglich.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Konrad Reinhart