Nutzhanf: Einsatz im Kampf gegen Emissionen?
Stickstoff- und Methanemissionen aus der Landwirtschaft – Landwirte, Wissenschaft und Unternehmen gemeinsam auf der Suche nach Minderungen
Für eine nachhaltige Landwirtschaft spielt die Vermeidung von Emissionen eine wichtige Rolle. Der Eintrag von zu viel Stickstoff in den Boden und der Import von Futtermitteln lassen allerdings die Nitrat- und CO2-Emissionen ansteigen. Aber wie kann das Risiko für einen Stickstoffeintrag ins Grundwasser reduziert werden? Und kann künftig importiertes Soja durch Futtermittel aus einheimischen Anbau ersetzt werden? Die Lösung dieser Probleme liegt im Nutzhanf.
Davon ist ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) und der Hochschule Neubrandenburg sowie des Dienstleistungsunternehmen FPS Anklam GmbH aus Murchin und ein Landwirt der Hanffarm Co. KG in Melz überzeugt. Im Rahmen des vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes geförderten Projektes „ZwiHanf“ untersuchen die Projektpartner, wie der Anbau von Nutzhanf als Zwischenfrucht zur Verringerung der Nitratkonzentration im Boden führt und wie die Fütterung von Hanfblättern den Sojaanteil in der Ration von Milchkühen ersetzen kann. Das neue Forschungsprojekt unter Federführung des FBN wird mit rund 300.000 Euro gefördert. Dabei steht der Projektname „ZwiHanf“ als Abkürzung für die Zwischenfrucht Hanf. Hanf wird im Spätsommer nach der Hauptfrucht bzw. zwischen zwei Hauptfrüchten gesät.
Hanf – die Wiedergeburt eines Universalgenies
Nutzhanf (Cannabis sativa), nicht zu verwechseln mit Medizinalhanf, wurde in Deutschland über viele Jahrhunderte angebaut. Er diente den Menschen vorwiegend zur Faser- und Ölgewinnung. Das Öl ist reich an wertvollen ungesättigten Fettsäuren. Aus den Fasern wurden Textilien, Teppiche, Säcke, Netze, Dämmstoffe und Papier hergestellt. Die eiweißreichen Reststoffe wurden als Futtermittel für Kühe, Schweine und Hühner verwendet. Jedoch verdrängte der Anbau von Raps und die billige Bauwoll- und Sojaproduktion im Ausland in den letzten beiden Jahrhunderten den Anbau von Nutzhanf in Deutschland.
In den letzten Jahren erfährt der Hanfanbau jedoch eine Renaissance. Neue Sorten enthalten nur noch Spuren des Rauschmittels THC. Die Pflanzen stellen geringe Anforderungen an die Düngung, benötigen wenig Wasser und kommen ohne den Einsatz von Pestiziden aus. Sie sind somit bestens für die Herausforderungen immer strenger werdender gesetzlicher Auflagen an den Pflanzenschutz und des Klimawandels gewappnet.
„Die Pflanzen können bis zu drei Meter tief wurzeln“, erläuterte Landwirt Rafael Dulon von der Hanffarm in Melz im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. „Durch sein schnelles Wachstum nimmt er sehr viel Stickstoff aus dem Boden auf.“ Es ist jedoch noch nicht ergründet, wie groß die Nitrataufnahme in den jeweiligen Bodenschichten ist. „Um dies herauszufinden, wird in den kommenden zwei Jahren die Stickstoffaufnahme der Hanfpflanzen mittels Hyperspektralmessungen und Biomasse-Erhebungen erfasst sowie auf konventionell als auch biologisch bewirtschafteten Flächen Bodenproben in unterschiedlichen Tiefen genommen“, erklärte Prof. Eike Stefan Dobers von der Hochschule Neubrandenburg.
Die genommenen Pflanzen- und Bodenproben werden anschließend in einem modernen Labor der FPS Anklam GmbH im Landkreises Vorpommern Greifswald analysiert. „Unser Dienstleistungsunternehmen ist auf Untersuchungen und Entwicklungen neuer Methoden im Bereich Umweltwissenschaften spezialisiert“, sagte die Geschäftsführerin Prof. Beatrice Großjohann. In Vorbereitung des Projektes konnte unser Team auch eine Methode zum Nachweis von THC aus Hanf etablieren. Für die Verwendung von Hanf als Futtermittel gelten strenge Regeln, nach denen ein THC-Gehalt von 0,2 Prozent nicht überschritten werden darf.“
Erstaunlicher Futterwert
Am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) untersuchen Wissenschaftler vom Institut für Ernährungsphysiologie „Oskar Keller“ die Eignung von THC-freien Hanfblättern als Sojaersatz zur Fütterung von Milchkühen. „Zwar ist Sojaextraktionsschrot mit über 50 Prozent sehr eiweißreich, mit bis zu 23 Prozent besitzen Hanfblätter aber mehr Eiweiß als beispielsweise einheimische Hülsenfruchtpflanzen wie Klee oder Luzerne. Zudem kann der Fettgehalt der Hanfblätter bis zu 20 Prozent betragen. Damit enthalten Hanfblätter sehr viele wertvolle Nährstoffe“, betonte Projektleiter PD Dr. Björn Kuhla vom FBN. Allerdings sei noch unklar, wie verdaulich das Eiweiß und das Fett der Hanfblätter ist oder ob andere Inhaltsstoffe die Verdauung oder sogar die Methanproduktion der Tiere negativ beeinflussen. Diese Erkenntnislücke soll im neuen Forschungsprojekt ebenfalls geschlossen werden.
Ausblick
Das Projektteam erhofft sich praxistaugliche Methoden für den Anbau von Nutzhanf als Zwischenfrucht, damit es gelingt, die Nitrat-Emissionen aus Ackerböden in sogenannten Roten Gebieten, die CO2-Emissionen durch Sojaimporte und gegebenenfalls auch die Methanemissionen aus der Milchkuhhaltung weiter zu reduzieren. Hierbei könne Nutzhanf universell eingesetzt werden. Zu ersten Ergebnissen wird es bereits im kommenden Jahr Informationsveranstaltungen für Landwirte geben.
Fotos FBN
Das ZwiHanf-Team sucht nach Lösungen, um Nitrat- und Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren - Dr. Mohamed Amine Daly (FPS/v.li.), Prof. Beatrice Großjohann (FPS), Dr. Björn Kuhla (FBN), Rafael Dulon (Hanffarm) und Prof. Eike Stefan Dobers (HS-NB). Hanf ist von der Anbauzeit eine Zwischenfrucht.
Projektpartner: https://www.hs-nb.de - https://fpsanklam.com - https://hanffarm.de
Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Wilhelm-Stahl-Allee 2, 18196 Dummerstorf
Vorstand Prof. Dr. Klaus Wimmers
T +49 38208-68 600
E wimmers@fbn-dummerstorf.de
Institut für Ernährungsphysiologie "Oskar Kellner"
Leitung: Prof. Dr. Cornelia Metges
Projektleiter ZwiHanf: PD Dr. Björn Kuhla
T +49 38208-68 695
E b.kuhla@fbn-dummerstorf.de
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Josephine Almstädt
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Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Projektleiter ZwiHanf: PD Dr. Björn Kuhla
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