Nur gemeinsam sind wir stark!
Die Deutsche Gesellschaft für Pathologie feierte am Dienstag mit einer Festveranstaltung in Berlin ihren 125. Geburtstag.
Ein Jahr nach dem 200. Geburtstag ihres Gründers, Rudolf-Virchow (1821 – 1902), hat die Deutsche Gesellschaft für Pathologie e.V. erneut einen Grund zu feiern – ihr 125. Jubiläum am 20. September 2022.
Zu diesem Anlass fand am Nachmittag des 13. September 2022 im Hörsaal des Langenbeck-Virchow-Hauses auf dem Campus der Charité in Berlin-Mitte ein festliches Symposium mit Grußworten und Festvorträgen statt. Sowohl die Berliner Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Armaghan Naghipour, als auch der Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig, in der die „Deutsche Pathologische Gesellschaft“ am 20. September 1897 gegründet wurde, Dr. Thorsten Kornblum, gratulierten der traditionsreichen Fachgesellschaft zu ihrem langen Bestehen. Im Jahr 1948 hat die einstige DPG auf ihrer 32. Jahrestagung in Dortmund den Namenswechsel zur Deutschen Gesellschaft für Pathologie vollzogen. Seit 2009 befindet sich der Sitz der Fachgesellschaft in Berlin, ganz in der Nähe des Instituts für Pathologie an der Charité und somit der alten Wirkungsstätte von Rudolf Virchow.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, und der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, Prof. Thomas Seufferlein, betonten die Bedeutung der Pathologie für die gesamte medizinischen Versorgung, vor allem von Krebspatient*innen. Die Pathologie ist unentbehrlich für die medizinische Diagnostik und fehlt in nahezu keinem klinischen Tumorboard. „Ist die Diagnose falsch, läuft die Therapie ins Leere“, resümiert Klaus Reinhardt. „Wissen, Neugier und Sorgfalt“ sind daher die herausragenden Merkmale guter Patholog*innen, betonte Thomas Seufferlein. Beide unterstrichen zudem die Vorreiterstellung der Pathologie im Bereich der externen und internen Qualitätssicherung, in der sie Wegbereiterin für alle anderen medizinischen Fächer war und durch klinische Obduktionen weiterhin ist.
Prof. Annette Lebeau vom Bundessverband Deutscher Pathologen (BDP), Prof. Till Acker von der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN), Prof. Janina Kulka von der Europäischen Gesellschaft für Pathologie (ESP) und Prof. Arndt Hartmann von der Internationalen Akademie für Pathologie (IAP) hoben in ihren Grußworten sowohl die Verdienste und den Fortschritt der wissenschaftlichen Pathologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz als auch die harmonische, lange und gute Zusammenarbeit der Fachverbände hervor. Die technischen Herausforderungen und Chancen, die sich durch die Etablierung der Molekularpathologie und die zunehmende Digitalisierung der Pathologie und Anwendung von künstlicher Intelligenz ergäben, würden von allen gemeinsam angegangen – auch über Länder- und Fächergrenzen hinweg. Die deutschsprachige Pathologie habe sich international aufgrund ihrer Forschungsstärke schon immer als ein Treiber des Fortschritts erwiesen.
In seinem Festvortrag resümierte der Vorsitzende der DGP, Prof. Gustavo Baretton, dass die heutigen Probleme der Pathologie auf ihre „mangelnde Sichtbarkeit“ und das oft „falsche Verständnis ihrer Leistungen“ sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Ärzteschaft zurückgingen. Die Unterfinanzierung der Universitätsmedizin, die immer weitere Aufsplitterung der Disziplinen sowie der Nachwuchsmangel und die damit steigende Arbeitsbelastung der Mitarbeiter*innen in den Pathologien bedrohten den Bestand des Fachs. „Viele dieser Probleme teilen die Mitglieder der DGP mit anderen kleineren Fachgesellschaften.“ Er zog daraus den Schluss, dass die DGP ihre begrenzten Ressourcen künftig auf zentrale Themen und Aufgaben konzentrieren und sich noch intensiver in Dachgesellschaften wie der AWMF und der DKG einbringen müsse. „Umgekehrt profitieren die großen Verbünde wiederum von der Expertise der kleineren, spezialisierten Fachgesellschaften“, erläuterte Baretton.
In seiner Keynote „Neues aus der dritten Dimension“ verdeutlicht Prof. Danny Jonigk, neuer Institutsdirektor der Pathologie am Uniklinikum der RWTH Aachen und langjähriger Lungen- und Thoraxforscher in Hannover, dass die Pathologie bei der Diagnostik zukünftig vermutlich noch weiter über den Tellerrand schauen wird. In einem universitätsübergreifenden, internationalen Forschungsverbund hat sein Team Organproben und Daten von Menschen, die an und mit COVID-19 verstorben sind, ausgewertet. Die Forscher*innen haben sich dabei vor allem mit den zu erwartenden Langzeitfolgen der Krankheit beschäftigt. Um den Einfluss von COVID-19 auf die betroffenen Organe besser zu verstehen, arbeitete die Gruppe erstmals mit zwei Forschungszentren für hochauflösende Mikrocomputertomografie (HiP-CT) in Hamburg, London und Grenoble (Frankreich) zusammen und ließ die geschädigten Organe, inklusive der Histologie, mithilfe von Synchrotronstrahlung in virtuellen 3D-Modellen darstellen. Die neue, hochauflösende Mikrocomputertomografie mithilfe von Synchrotronstrahlung verspricht eine diagnostische Brückentechnologie zwischen Radiologie und Pathologie werden. Die Europäische Synchrotronquelle in Grenoble ist dabei die aktuell hochauflösendste Röntgenquelle der Welt. PD Dr. Ackermann (Mainz/Wuppertal), Mitglied des internationalen Forschungskonsortiums, hat in diesem Jahr für diese organübergreifende wissenschaftliche Arbeit auch den Rudolf-Virchow-Preis der DGP erhalten.
Der Festakt endete mit einem Empfang der Gäste im Langenbeck-Virchow-Haus am frühen Abend.