Den freien Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und offener Diskussion weiter ausbauen
Konferenz der European Geosciences Union (EGU) am Max-Planck-Institut für Chemie entwickelt neue Idee, um interaktives Open-Access-Publizieren mit transparentem Peer-Review und öffentlicher Diskussion zu fördern
Vor über 20 Jahren wurde „Atmospheric Chemistry and Physics“ (ACP) als erste von inzwischen 19 Open-Access-Zeitschriften der Europäischen Geowissenschaftlichen Union (EGU) mit transparentem Peer-Review ins Leben gerufen. Seitdem erschienen in den Zeitschriften und ihren interaktiven Diskussionsforen mehr als 40.000 begutachtete Artikel und 48.000 Preprints oder Diskussionsbeiträge. Die wissenschaftlichen Artikel erhielten fast 180.000 öffentliche Kommentare von Editor:innen, Gutachter:innen und anderen Mitgliedern der wissenschaftlichen Gemeinschaft.
Mitte September trafen sich die ACP-Herausgeber, der EGU-Publikationsausschuss und Vertreter ihres Verlags Copernicus, um diese herausragenden Leistungen ihrer Zeitschriften zu feiern. Die rund 50 Teilnehmer, von denen einige sogar aus Brasilien, den USA, Mexiko und China zum Max-Planck-Institut in Mainz gereist waren, nutzten die einmalige Gelegenheit, um neue Ideen für eine größere Sichtbarkeit und Zugänglichkeit von Open-Access-Publikationen zu erörtern, einschließlich freier Meinungsäußerung, kritischer Diskussion und Transparenz.
Nach mehr als 20 Jahren sind kürzlich Ulrich Pöschl und Thomas Koop offiziell als ACP Executive Editors zurückgetreten. In den Jahren 2000/2001 hatten sie die Zeitschrift gemeinsam mit Ken Carslaw und Rolf Sander gegründet – damals alle Mitarbeiter oder Alumni des Max-Planck-Instituts für Chemie – und Bill Sturges von der University of East Anglia, Großbritannien. Barbara Ervens (CNRS und Universität Clermont-Ferrand, Frankreich) und Ken Carslaw (Universität Leeds, UK) werden weiterhin als Co-Chief Executive Editors tätig sein.
„Es war eine große Freude, unseren neuen Ansatz des wissenschaftlichen Austauschs und der Qualitätssicherung mit einem sehr vielseitigen Team von Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt zu entwerfen und zu entwickeln“, resümierte Uli Pöschl. „Der interaktive Open-Access-Ansatz von ACP und EGU bietet die Grundlage für ein epistemisches Netz, in dem offen dargestellt und nachvollzogen werden kann, was wir wissen und wie wir es wissen. Dadurch wird für alle klar ersichtlich, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch öffentliche Überprüfung und Diskussion nach den Prinzipien des kritischen Rationalismus validiert wurden.“
Interaktive Gemeinschaftsplattform EGUsphere
Die EGU-Zeitschriften werden seit kurzem durch das Open Access Repositorium EGUsphere ergänzt, das durch die Kombination der etablierten offen diskutierten Zeitschrifteneinreichungen (sog. discussion papers) mit klassischen Preprints und Konferenz-Abstracts eine noch größere Vielfalt des wissenschaftlichen Austauschs und der Veröffentlichung bietet. Über die Funktionen traditioneller Preprint-Server hinaus dient EGUsphere auch als Diskussionsforum, das die schnelle Veröffentlichung erster Ideen als Preprints, die Einbeziehung der wissenschaftlichen Gemeinschaft durch Kommentare zu diesen Veröffentlichungen und ihren nahtlosen Übergang zur Veröffentlichung als Zeitschriftenartikel als endgültige, von Experten geprüfte Veröffentlichungen ermöglicht.
Unter dem Titel „EGU Editors' Choice“ wird demnächst zudem eine virtuelle Sammlung oder Zeitschrift mit interdisziplinären Highlight-Artikeln aus allen Zeitschriften entstehen. Hierin werden die wichtigsten Fortschritte in den Geowissenschaften vorgestellt, die für die geowissenschaftliche Gemeinschaft und die breitere Öffentlichkeit von großem Interesse sind und auch provokante Standpunkte vertreten. Über diese virtuelle Sammlung hinaus erörterte der EGU-Publikationsausschuss auch die Perspektiven einer separaten neuen Zeitschrift für Highlight-Artikel mit dem Arbeitstitel „EGU Letters“. Darüber hinaus bietet die EGU auch die „Encyclopedia of Geosciences“ an, eine virtuelle Sammlung von begutachteten wissenschaftlichen Übersichtsartikeln zu geowissenschaftlichen Themen, die von Experten des Fachgebiets verfasst und in den EGU-Zeitschriften mit freiem Zugang veröffentlicht werden.
„Die EGU-Publikationen verzeichnen nicht nur ein erfolgreiches Wachstum hinsichtlich der Zeitschriftenanzahl und Beiträge, sondern auch durch die größere Vielfalt der Publikationsplattformen wie EGUsphere und die virtuelle Highlight-Sammlung. Diese Weiterentwicklung und Umsetzung innovativer Funktionen unterscheidet die EGU-Publikationen von Anfang an von ihren Mitbewerbern, seit das Konzept des offenen Peer-Reviews und der interaktiven Diskussion zum ersten Mal eingeführt wurde“, bekräftigte Barbara Ervens, Co-Chief Executive Editor bei ACP und Vorsitzende des EGU-Publikationsausschusses.
Alle EGU-Publikationen werden von dem wissenschaftlichen Dienstleister und reinen Open-Access-Verlag Copernicus im Namen der EGU herausgegeben. Hunderte von Editoren, Tausende von Gutachtern und etwa 50 EGUsphere-Preprint-Moderatoren leisten ehrenamtliche Dienste, um die wissenschaftliche Qualität und Integrität der Veröffentlichungen im Einklang mit der Non-Profit-Philosophie der EGU zu gewährleisten.
Global aufgestelltes Netzwerk
Yafang Cheng, Senior Editor bei ACP, fasste zusammen: „Seit mehr als 20 Jahren ist ACP eine Zeitschrift, die von der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft ist, also eine Art Gruppenprojekt gleichgesinnter Wissenschaftler, die den gleichen Traum von einer besseren wissenschaftlichen Kommunikation teilen. Diesen Ansatz verfolgen wir mit einem weltweit verteilten Netzwerk von über 160 Editor:innen, die in engem Austausch mit Tausenden von Autor:innen, Gutachter:innen, Kommentator:innen und Leser:innen stehen.“
Bei der Entwicklung und Einführung des ACP spielte Paul Crutzen, Nobelpreisträger und ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, eine wesentliche Rolle. Zu Ehren seiner Beiträge wurde dieses Jahr auf der Tagung erstmals der neu geschaffene „ACP Paul Crutzen Publication Award“ verliehen, mit dem nun jährlich Autoren einer herausragenden ACP-Publikation ausgezeichnet werden. Ausgewählt werden sie von einer unabhängigen Kommission. Christoph A. Keller (NASA) und seine Mitautor:innen erhielten den Preis 2021 für ihre Veröffentlichung „Global impact of COVID-19 restrictions on the surface concentrations of nitrogen dioxide and ozone“.
Ken Carslaw betonte bei der Preisverleihung: „Paul Crutzen spielte eine entscheidende Rolle bei der Gründung der Zeitschrift vor 20 Jahren, und wir sind stolz darauf, seinen Beitrag zum Erfolg von ACP mit dem ersten Publikationspreis der Zeitschrift zu würdigen. Wir sind auch der unabhängigen Kommission unter der Leitung von Prof. Annica Ekman von der Universität Stockholm dankbar, dass sie den Beitrag aus fast tausend im Jahr 2021 veröffentlichten Artikeln ausgewählt hat.“
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Susanne Benner
Max-Planck-Institut für Chemie, Leitung Kommunikation
+49 6131 305-3000
presse@mpic.de
Gillian D'Souza
European Geosciences Union, Media Communications
media@egu.eu
Weitere Informationen:
https://www.mpic.de/5277300/freien-zugang-zu-wissenschaftlichen-erkenntnissen
https://www.atmospheric-chemistry-and-physics.net/
https://www.egusphere.net/
https://www.encyclopedia-of-geosciences.net/