Rheumaschmerzen so früh wie möglich behandeln – Chronifizierung vermeiden
Jede rheumatologische Erkrankung geht mit Schmerzen einher. Damit diese nicht chronisch werden, ist eine zeitnahe adäquate Entzündungs- und Schmerztherapie wichtig. Wenn eine rheumatische Entzündung nicht zügig behandelt wird, kann es zu einer dauerhaften Sensibilisierung kommen. Die Folge einer zu späten Therapie kann dann die Verselbstständigung und Chronifizierung des Schmerzgeschehens sein. Diese gilt es mit geeigneten medikamentösen und nicht-medikamentösen Maßnahmen in einem interdisziplinierten Team vorzubeugen, so ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh).
Schmerz ist ein Warnsignal des Körpers, der darauf hinweist, dass unserem Organismus Schädigung droht, wie beispielsweise bei Zahnschmerzen (nozizeptiver Schmerz). Ob Schmerzen als klopfend oder stechend wahrgenommen werden, kann dabei von Person zu Person unterschiedlich sein. Denn „den Schmerz“ gibt es ebenso wenig wie „die Wunderpille“, die sich für alle Schmerzzustände eignet. Deshalb bedarf es auch immer einer individuellen Schmerztherapie, die auf die Belange der Patientinnen und Patienten abgestimmt ist. „Schmerz ist ein komplexes Geschehen und hängt auch von vielen individuellen Faktoren ab. Von bisherigen Schmerzerfahrungen, Erziehung, Geschlecht, Herkunft, genetischen Faktoren und der Persönlichkeit der Betroffenen“, erläutert Prof. Dr. med. Georg Pongratz, Sprecher des Arbeitskreises Rheuma und Schmerz der DGRh, Chefarzt Rheumatologische Rehabilitation Asklepios Zentrum für Rehabilitation Bad Abbach.
Der Experte für entzündlich-rheumatische Erkrankungen, die sich an zahlreichen Stellen des Körpers manifestieren können, setzt vor allem auf einen zügigen Therapiebeginn mit geeigneten Medikamenten, aber auch auf nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie Physiotherapie in der Frühphase der Beschwerden. Diese könnten die rheumatische Entzündung und damit auch Schmerz schnell beseitigen, bevor sich ein „Schmerzgedächtnis“ entwickelt. Dies kann sich, unabhängig von der ursprünglichen Schmerzproblematik, als chronischer Schmerz auch an anderer Stelle manifestieren oder sich sogar auf den ganzen Körper ausdehnen ("wide spread pain"). „Daher ist es von großer Bedeutung, eine Verselbstständigung des Schmerzgeschehens möglichst frühzeitig mit geeigneten Medikamenten und nicht-medikamentösen Maßnahmen zu verhindern und alle zur Verfügung stehenden Ressourcen auszuschöpfen“, so Pongratz. Dies bedeute: Bei akuten nozizeptiven entzündlich bedingten Schmerzen die Grunderkrankung konsequent behandeln und anti-entzündliche und schmerzstillende Präparate wie nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) einsetzen, die gleichzeitig gegen die Entzündung und den Schmerz wirksam sind. Sie helfen bei zahlreichen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, aber auch bei Arthrose. Sollten diese Arzneimittel nicht den gewünschten Erfolg haben oder kontraindiziert sein, stehen Schmerzmittel-Alternativen wie Paracetamol, Metamizol oder Opioide sowie Injektionen mit Glukokortikoiden oder Lokalanästhetika zur Verfügung. Ist der Schmerz bereits chronisch, können neben den genannten Präparaten auch schmerzmodulierende Mittel wie Antidepressiva, Antiepileptika und Trizyklika sowie Muskelrelaxantien, leichte Opioide oder bei neuropathischen Schmerzen auch Cannabinoide zum Einsatz kommen.
Da alle diese Arzneimittel auch Nebenwirkungen haben können, böten sich, so Pongratz, auch Präparate zur lokalen Anwendung auf der Haut an, beispielsweise konsequent Therapie mit NSAR-haltigem Gel bei einer Handgelenksarthritis. Wirkstoffe wie Capsaicin aus der Chilischote mit Cayennepfeffer, ein Lokalanästhetikum wie Lidocain oder ein Nervengift wie Botulinumtoxin (Botox) wirken lindernd auf Muskelkontraktionen und Schmerzen. „Allerdings“, so der Experte, „ist bei chronischen Schmerzen eine interdisziplinierte Zusammenarbeit mit einem Team aus Schmerztherapeuten, Physiotherapeuten, Psychologen, Ergotherapeuten, Sozialdienst und Patientenschulungen notwendig, um die Verselbstständigung von Schmerzen in einem multimodalen Ansatz zu durchbrechen." DGRh-Präsident Prof. Dr. med. Andreas Krause vom Immanuel Krankenhaus Berlin ergänzt: „Auch beim Thema Schmerz wird deutlich, wie wichtig eine möglichst schnelle Diagnostik und Therapie bei rheumatologischen Erkrankungen ist. Die DGRh setzt sich daher für eine verbesserte rheumatologische Versorgung ein."
Bei Abdruck Beleg erbeten.
Literatur:
Pongratz, G., Spezielle Schmerztherapie bei rheumatischen Erkrankungen, Akt Rheumatol 2020; 45: 430–442, DOI https://doi.org/10.1055/a-1203-5172
***********************************************************************
Über die DGRh
Die DGRh ist mit mehr als 1600 Mitgliedern die größte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft in Deutschland im Bereich der Rheumatologie. Sie repräsentiert hierzu-lande seit 90 Jahren die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und deren Entwicklung. Als gemeinnütziger Verein arbeitet die DGRh unabhängig und ohne Verfolgung wirtschaftlicher Ziele zum Nutzen der Allgemeinheit.
***********************************************************************
Pressekontakt DGRh für Rückfragen:
Stephanie Priester
Pressestelle
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh)
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: +49 711 8931-605
Fax: +49 711 8931-167
E-Mail: priester@medizinkommunikation.org
Kontakt DGRh:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.
Geschäftsstelle
Anna Julia Voormann
Generalsekretärin
Wilhelmine-Gemberg-Weg 6, Aufgang C
10179 Berlin
Tel. +49 30 240 484 70
Fax +49 30 240 484 79
E-Mail: anna.voormann@dgrh.de
http://www.dgrh.de