Friedensforscher befürchten Aufweichen von Kontrollregeln bei europäischen Rüstungskooperationen
In Kürze will das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sein jüngst veröffentlichtes Eckpunktepapier zum Rüstungsexportkontrollgesetz innerhalb der Bundesregierung abstimmen. Trotz einiger Fortschritte halten Experten des Friedensforschungsinstituts BICC in Bonn die Gesetzesvorlage für unzureichend.
„Der Eckpunkte-Entwurf des BMWK enthält zwar einige sinnvolle Punkte. So soll das Menschenrechtskriterium um Fragen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erweitert werden, die z. B. fortdauernde und systematische Menschenrechtsverletzungen, gender- oder minderheitenspezifische Gewalt oder den Einsatz von Kindersoldat:innen einschließen“, kommentieren die BICC-Forscher Dr. Markus Bayer und Dr. Max Mutschler den vorliegenden Entwurf. Auch die bessere gesetzliche Verankerung und Ausweitung von Endverbleibskontrollen halten sie für einen Schritt in die richtige Richtung.
Einen gravierenden Mangel sehen die Experten allerdings darin, dass im Feld Rüstungsexport zivilgesellschaftlichen Akteur:innen –anders als etwa im Umwelt- oder Behindertenrecht –weiterhin keine Möglichkeit gegeben wird, per Verbandsklagerecht gerichtlich überprüfen zu lassen, ob sich die Bundesregierung an die bestehenden rechtlichen Vorgaben hält. „Das Fehlen eines Verbandsklagerechtes bedeutet, dass es weiterhin keine direkte Rechenschaftspflicht der Bundesregierung gegenüber ihren eigenen Bürger:innen und den Betroffenen von Rüstungsexporten gibt. Hier sollten BWMK und Bundesregierung dringend nachbessern", fordert Markus Bayer.
Auch das Ziel der Bundesregierung, die Zusammenarbeit im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf europäischer Ebene zu stärken und die verteidigungswirtschaftliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu vertiefen, hinterfragen die BICC-Forscher kritisch. Sie befürchten in diesem Zusammenhang eine mögliche Aushebelung des deutschen Rüstungsexportkontrollrechts: „Hochproblematisch ist, dass deutsche Rüstungsexportregeln nicht mehr gelten sollen, wenn es sich um Zulieferungen zu europäischen Rüstungskooperationen handelt. So gelangen zukünftig noch mehr deutsche Rüstungsgüter über Umwege an Staaten wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate, die sie ohne Rücksicht auf Zivilisten und Völkerrecht im Jemen-Krieg einsetzen“, erklärt Max Mutschler, Co-Vorsitzender der der Fachgruppe Rüstungsexporte der GKKE (Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung). Mit einer solchen Vorgehensweise „gibt die Bundesregierung die eigenen Grundsätze auf europäischer Ebene zu Gunsten eines Minimalstandards auf, statt neue Normen zu prägen“, führt er aus.
Weitere Informationen
Susanne Heinke
Leiterin Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
pr@bicc.de
(0)228 911 96 – 44 / -0
Folgen Sie BICC auf Twitter: https://twitter.com/BICC_Bonn