Reformpartnerschaften mit Afrika: Mehr kritischer Dialog gefordert
Seit 2017 setzt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Afrika verstärkt auf Kooperationen mit reformorientierten Staaten. Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) hat das Kooperationsmodell dieser Reformpartnerschaften und dessen Umsetzung evaluiert. Es attestiert ihnen, dass sie konzeptionell ein zeitgemäßes Kooperationsmodell darstellen. Die praktische Umsetzung bewertet das DEval jedoch kritischer: Insbesondere in Ländern, in denen sich die politischen Rahmenbedingungen verschlechtert hätten, sei kein angemessener politischer Dialog etabliert worden.
Fördern und Fordern
Das Konzept der Reformpartnerschaften folgt dem Prinzip „Fördern und Fordern“: Staaten mit guten Ausgangsbedingungen hinsichtlich Guter Regierungsführung und Rechtstaatlichkeit, die sich zu wirtschaftlichen Reformen bekennen, erhalten vom BMZ privilegierte Unterstützung, etwa durch Reformfinanzierungen. Als Voraussetzung dafür müssen sie zuvor vereinbarte selbst gesteckte Reformschritte umsetzen.
„Ein konzeptionell angemessenes und zeitgemäßes Modell“
Die „Evaluierung des Kooperationsmodells der Reformpartnerschaften“, die das DEval heute in Bonn veröffentlichte, stellt dem Kooperationsmodell grundsätzlich ein konzeptionell gutes Zeugnis aus: Der Ansatz sei zeitgemäß und in weiten Teilen angemessen, da sich das Konzept auf die Bedarfe der Partnerländer konzentriere, auf Partnerschaftlichkeit setze und sich damit von geberdominierten Vorgaben abkehre.
Praktische Umsetzung kritischer bewertet
Die praktische Umsetzung des Kooperationsmodells sieht das DEval dagegen kritischer: Die Umsetzung sei immer dann weitgehend angemessen, wenn neben den wirtschaftlichen Reformbemühungen der Partnerländer auch die demokratischen und rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen auf einem hohen Niveau lägen oder sich zumindest positiv entwickelten. „Das ist aber nur in der Hälfte der bislang ausgewählten Reformpartnerländer der Fall gewesen“, sagt Dr. Stefan Leiderer, Abteilungsleiter für staatliche Entwicklungszusammenarbeit und Governance am DEval. Die Evaluierung habe gezeigt, dass das BMZ die Auswahlkriterien für Reformpartnerländer zu Guter Regierungsführung nicht im gleichen Maße stringent und anspruchsvoll anwende wie wirtschaftliche Reformkriterien, so Leiderer weiter.
Trotz der teils substanziellen Erosion demokratischer und/oder rechtsstaatlicher Qualität in vielen Reformpartnerländern habe das BMZ Partnerdialoge zu politisch sensiblen Themen wie Menschenrechten, Demokratie oder Rechtsstaat nicht hinreichend etabliert und seine Erwartungen an die Partnerländer nicht klar genug artikuliert.
Empfehlungen: mehr Dialog, breiteres Themenspektrum und geografische Ausweitung
Die Evaluierung empfiehlt daher, dass das BMZ die politischen Rahmenbedingungen stärker zum Gegenstand des politischen Dialogs mit den Reformpartnerländern macht. Strengere Kriterien für deren Auswahl erscheinen dagegen nicht sinnvoll, weil dies von vornherein viele Länder Afrikas als potenzielle Partner ausschließen würde. Spätestens wenn in Reformpartnerländern krisenhafte Entwicklungen erkennbar würden, sollte sich das BMZ zudem stärker mit dem Auswärtigen Amt abstimmen, um eine geschlossene Regierungsposition zu vertreten.
Weiterhin empfiehlt die Evaluierung, dass die Reformpartnerschaften ihren derzeitigen sektoralen Fokus auf nachhaltige Wirtschaftsförderung erweitern sollten. Zukünftig sollten auch andere Aktionsfelder wie Gesundheit oder Klimawandel Gegenstand des Konzeptes sein. Schließlich empfiehlt das DEval dem BMZ zu prüfen, inwieweit das Kooperationsmodell der Reformpartnerschaften auch außerhalb des afrikanischen Kontinents anwendbar ist.
Über die Studie
Die Daten für die Evaluierung wurden in einem Untersuchungszeitraum von vier Jahren (2017 bis 2020) erhoben. Der Bericht „Evaluierung des Kooperationsmodells der Reformpartnerschaften. Partnerschaft durch Fördern und Fordern“ ist auf der Website des DEval veröffentlicht. Eine Stellungnahme des BMZ zur Evaluierung finden Sie hier: https://www.bmz.de/de/ministerium/evaluierung/bmz-stellungnahmen-19404
Über das DEval
Das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) ist vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mandatiert, Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unabhängig und nachvollziehbar zu analysieren und zu bewerten. Mit seinen strategischen und wissenschaftlich fundierten Evaluierungen trägt das Institut dazu bei, die Entscheidungsgrundlage für eine wirksame Gestaltung des Politikfeldes zu verbessern und Ergebnisse der Entwicklungszusammenarbeit transparenter zu machen. Das Institut gehört zu den Ressortforschungs-einrichtungen des Bundes und wird von Prof. Dr. Jörg Faust geleitet.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Helge Roxin
Teamleiter
Tel: +49 (0)228 33 69 70-937
E-Mail: helge.roxin@deval.org
Dr. Stefan Leiderer
Abteilungsleiter
Staatliche EZ, Governance
Tel.: +49 (0)228 33 69 70-970
E-Mail: stefan.leiderer@DEval.org
Originalpublikation:
https://www.deval.org/fileadmin/Redaktion/PDF/05-Publikationen/Berichte/2022_Reformpartnerschaften/2022_DEval_Reformpartnerschaften_web.pdf