Erwerbstätigkeit beeinflusst den Studienfortschritt von internationalen Studierenden
Viele internationale Studierende sind zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts in Deutschland auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen. Der Übergang in die studentische Erwerbstätigkeit führt nicht zu einer Verschlechterung der Studiennoten. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. die Erhöhung des Beschäftigungsumfangs verringern dagegen den Anteil der erreichten ECTS-Punkte. Nur der Übergang zu höheren Beschäftigungsumfängen (ab 11-15 Stunden pro Woche) wirkt sich negativ auf den Studienfortschritt aus. Dies zeigt eine aktuelle Studie vom Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, die in der internationalen Fachzeitschrift „Higher Education“ veröffentlicht wurde.
Eine Verzögerung des Studienfortschritts durch eine höhere Stundenzahl erfahren insbesondere Studierende der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften (MINT), Masterstudierende und Studierende aus Drittländern, d.h. Nicht-EU oder EFTA-Länder (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz). Insbesondere für Masterstudierende und Studierende aus Drittländern, die in der Regel mit einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland kommen, könnten die Arbeitsmarktkontakte und Erfahrungen hilfreich für den geplanten Berufseinstieg in Deutschland sein. Die Studienzeitverlängerung wird vermutlich bewusst in Kauf genommen.
Die Ergebnisse sind sowohl für internationale Studierende als auch für die Studienberatung an deutschen Hochschulen von Bedeutung. Sie zeigen, dass sich eine Erwerbstätigkeit in geringem Umfang nicht auf Studienerfolg und Studienfortschritt auswirkt. Die studentische Erwerbstätigkeit dient auch der Sammlung von praktischen Erfahrungen und beruflichen Kontakten. Internationalen Studierenden kann daher eine studentische fachnahe Erwerbstätigkeit in geringem Umfang empfohlen werden. Gleichzeitig sollte der Beschäftigungsumfang von 11 bis 15 Stunden wöchentlich nicht überschritten werden, um eine Kollision mit den Leistungsanforderungen im Studium und damit eine Verzögerung des Studienfortschritts zu vermeiden.
Bislang wurde diese Frage nur für Studierende im Allgemeinen untersucht, für internationale Studierende lagen keine belastbaren Ergebnisse vor. Die Ergebnisse wurden auf Basis eines deutschlandweit repräsentativen Studierendenpanels gewonnen, in dem Studierende über drei Jahre zu ihrer Studiensituation und zu ihrem Studienfortschritt befragt wurden. Die Studie wurde im Rahmen des Verbundprojekts „Studienerfolg und Studienabbruch bei internationalen Studierenden im Bachelor- und Masterstudium in Deutschland“ erstellt, welches von 2017 bis 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Theresa Thies M.A., Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, thies@ihf.bayern.de
Tel.: 089 21234-418
Originalpublikation:
Thies, T. (2022). International students in higher education: the effect of student employment on academic performance and study progress. Higher Education, 1-19.
Weitere Informationen:
https://doi.org/10.1007/s10734-022-00950-5