Was passiert, wenn sich Staaten von internationalen Institutionen abspalten?
Die aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift Historical Social Research (HSR) widmet sich unter dem Titel „Drifting Apart“ der Frage, welche Folgen die Abkehr von Staaten von internationalen Institutionen hat und konstatiert: Abspaltungsprozesse können nicht nur die internationalen Institutionen betreffen. Sie können sogar zwischenstaatliche Beziehungen erheblich beeinträchtigen, denn sie verstärken häufig Spannungen zwischen austretenden und verbleibenden Staaten.
Der Brexit oder Trumps De-facto-Blockade der Welthandelsorganisation sind derzeit sichtbarer Ausdruck dafür, dass sich Staaten von der internationalen Zusammenarbeit abkehren. Obwohl die Folgen solcher Abspaltungstendenzen von hoher politischer Bedeutung sind, wurden sie bisher kaum in der wissenschaftlichen Forschung berücksichtigt. Hier will der vorliegende Band Abhilfe schaffen, denn ein besseres Verständnis dieser Prozesse könnte zur Entwicklung von neuen Strategien und damit zu einer Entschärfung möglicher Konflikte beitragen.
Die HSR-Ausgabe, in enger Kooperation mit dem Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung entstanden, enthält neben einer programmatischen Einführung fünf sowohl historische als auch aktuelle Fallstudien. Konkrete Themen: Irans Distanzierung vom Westen, der Austritt Ostdeutschlands aus dem Warschauer Pakt, Russlands Ausstieg aus der europäischen Sicherheitskooperation, Chinas Distanzierung von den globalen Finanzinstitutionen sowie der Brexit. Allen Forschungsbeiträgen liegt die Frage zugrunde, ob und wie sich die Handhabung von Abspaltungsprozessen auf die Beziehungen zwischen austretenden und verbleibenden Staaten auswirkt.
In allen Fallstudien konnten die Forschenden beobachten, dass Abspaltungsprozesse Spannungen zwischen Staaten verstärken. Wie stark diese Spannungen sind, hängt davon ab, wie mit der Distanzierung umgegangen wird. Sie verstärken sich insbesondere dann, wenn es in den Konflikten um grundlegende Normen und Werte geht. Sind indes Verteilungskonflikte der Hauptgrund für die Abspaltungsprozesse, wirkt sich dies weniger negativ auf die zwischenstaatlichen Beziehungen aus.
Aufgrund des aktuellen Trends zur De-Globalisierung, also einer teilweisen Abkehr von Globalisierungsbestrebungen, gehen Forschende davon aus, dass sich Staaten in Zukunft auch weiter abspalten werden. Für entsprechend wichtig erachten sie eine intensive Beforschung der Folgen von Abspaltungstendenzen.
Historical Social Research (HSR) ist eine internationale referierte Zeitschrift mit englischsprachigen Beiträgen aus den Bereichen der historisch-sozialwissenschaftlichen Forschung und der empirischen quantitativen sowie qualitativen Sozialforschung.
Themenschwerpunkt: „Drifting Apart: The Dissociation of States from International Cooperation and its Consequences“ (hg. von Matthias Dembinski & Dirk Peters), Ausgabe 47 (2022) 2 von Historical Social Research (HSR):
https://www.gesis.org/hsr/aktuelle-hefte/2022/472-drifting-apart/transforming-cities
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Originalpublikation:
https://www.gesis.org/hsr/aktuelle-hefte/2022/472-drifting-apart/transforming-cities
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