Neue Monochromatoroptiken für den „tender“ Röntgenbereich ermöglichen Einblicke in Energiematerialen
Bislang war es äußerst langwierig, Messungen mit hoher Empfindlichkeit und hoher Ortsauflösung mittels Röntgenlicht im „tender“ Energiebereich von 1,5 - 5,0 keV durchzuführen. Dabei eignet sich genau dieses Röntgenlicht ideal, um Energiematerialien für Batterien oder Katalysatoren, aber auch biologische Systeme zu untersuchen. Dieses Problem hat nun ein Team aus dem HZB gelöst: Die neu entwickelten Monochromatoroptiken erhöhen den Photonenfluss im „tender“ Energiebereich um den Faktor 100 und ermöglichen so hochpräzise Messungen nanostrukturierter Systeme. An katalytisch aktiven Nanopartikeln und Mikrochips wurde die Methode erstmals erfolgreich getestet.
Für die Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung werden vielfältigste Materialien für Umwandlungsprozesse benötigt, zum Beispiel katalytisch aktive Materialien und neuartige Elektroden für den Einsatz in Batterien. Viele dieser Materialien besitzen Nanostrukturen, die ihre Funktionalität steigern. Bei der Untersuchung dieser Proben werden spektroskopische Messungen zum Nachweis der chemischen Eigenschaften idealerweise mit Röntgenbildgebung mit hoher Ortsauflösung im Nanobereich kombiniert. Da Schlüsselelemente in diesen Materialien, wie Molybdän, Silizium oder Schwefel, jedoch vorwiegend auf Röntgenstrahlung im sogenannten „tender“ Photonenenergiebereich reagieren, gab es bislang ein großes Problem.
Denn in diesem mittleren „tender“ Energiebereich zwischen weicher und harter Röntgenstrahlung liefern herkömmliche Röntgenoptiken aus Plangitter- oder Kristallmonochromatoren nur sehr geringe Effizienzen. Ein Team aus dem HZB hat dieses Problem nun gelöst: „Wir haben neuartige Monochromatoroptiken entwickelt. Diese Optiken basieren auf einem angepassten, Multilayer beschichteten Sägezahn-Gitter mit einem Planspiegel“, sagt Frank Siewert von der HZB-Abteilung Optik und Strahlrohre. Das neue Monochromatorkonzept steigert den Photonenfluss im „tender“ Röntgenbereich um den Faktor 100 und ermöglicht damit erstmals hochempfindliche spektromikroskopische Messungen mit hohen Auflösungen. „Innerhalb kurzer Zeit konnten wir Messdaten aus NEXAFS-Spektromikroskopiestudien im Nanobereich erhalten, dies haben wir an katalytisch aktiven Nanopartikeln und modernen Mikrochipstrukturen nachgewiesen“ sagt Stephan Werner, Erstautor der Publikation. „Die neue Entwicklung ermöglicht jetzt Experimente, die sonst monatelange Datenerfassung erfordert hätten“, betont Werner.
„Dieser Monochromator wird die Methode der Wahl für die Bildgebung in diesem Röntgenbereich werden, nicht nur an Synchrotronen weltweit, sondern auch an Freien-Elektronen-Lasern und Laborquellen“, sagt Gerd Schneider, der die Abteilung Röntgenmikroskopie am HZB leitet. Er erwartet enorme Auswirkungen auf viele Bereiche der Materialforschung: Studien im „tender“ Röntgenbereich könnten die Entwicklung von Energiematerialien deutlich voranbringen und damit einen Beitrag zu klimaneutralen Lösungen für die Strom- und Energieversorgung leisten.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Stephan Werner: stephan.werner@helmholtz-berlin.de
Frank Siewert: frank.siewert@helmholtz-berlin.de
Originalpublikation:
Small Methods (2022): Spectromicroscopy of nanoscale materials in the tender X-ray regime enabled by a high efficient multilayer-based grating monochromator
Stephan Werner, Peter Guttmann, Frank Siewert, Andrey Sokolov, Matthias Mast, Qiushi Huang, Yufei Feng, Tongzhou Li, Friedmar Senf, Rolf Follath, Zhohngquan Liao, Kristina Kutukova, Jian Zhang, Xinliang Feng, Zhan-Shan Wang, Ehrenfried Zschech, Gerd Schneider.
DOI: 10.1002/smtd.202201382
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/smtd.202201382