Kiel Trade Indicator 11/22: Staus in Containerschifffahrt sinken, düstere Aussichten für Deutschlands Außenhandel
Die Staus in der Containerschifffahrt bilden sich deutlich zurück. Dies zeigt das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat November. Ursächlich dafür dürfte auch der nachlassende Welthandel sein, der im Vergleich zum Vormonat einen deutlichen Rückgang (preis- und saisonbereinigt) zeigt. Russische Häfen verzeichnen aufgrund chinesischer und türkischer Lieferungen wieder mehr ankommende Ladung. Der Algorithmus des Kiel Trade Indicator bekommt in diesem Monat ein Update, das höhere Prognosequalität verspricht.
Das jüngste Datenupdate des Kiel Trade Indicator für den Monat November weist für den Welthandel im Vergleich zum Vormonat ein deutliches Minus von 2,4 Prozent aus (preis- und saisonbereinigt).
Deutschlands Außenhandel verfestigt den negativen Trend der letzten Monate, vor allem aufgrund eines Rückgangs der Exporte (-3,7 Prozent), während sich bei den Importen (+0,5 Prozent) eine schwarze Null abzeichnet.
Ein schwaches Bild zeigt der Novemberhandel der EU, mit einem leichten Plus bei den Exporten (+1,0 Prozent) und einem Rückgang bei den Importen (-3,2 Prozent).
Für die USA signalisieren die Werte des Kiel Trade Indicator nur wenig Bewegung im Vergleich zum Vormonat, etwas mehr Waren dürften beim Export (+0,8 Prozent) umgeschlagen werden, etwas weniger beim Import (-0,8 Prozent). Kaum Veränderung ist für Chinas Handel zu erwarten, Exporte (-0,1 Prozent) und Importe (+0,1 Prozent) dürften praktisch stagnieren.
Russlands Handel bleibt volatil, ausgehend von niedrigen Niveaus zeigen die Indikatorwerte ein Plus bei den Exporten (+4,8 Prozent) und ein Minus bei den Importen (-4,4 Prozent) an.
Düstere Aussichten für Deutschlands Außenhandel
„Für Deutschlands Außenhandel ist der Ausblick insgesamt düster, obwohl Materialengpässe nachlassen und die deutsche Industrie weiterhin von einem hohen Auftragsbestand profitiert“, sagt Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.
„Dies zeigt Deutschlands schwierige Lage in einem abkühlenden Weltmarkt. Auch die steigenden Energiepreise belasten offenbar Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit. Der Rückgang im globalen Handel insgesamt dürfte auch eine Gegenbewegung zu dem stärkeren Vormonat Oktober sein. Allgegenwärtige Rezessionsängste gehen nicht spurlos am Welthandel vorbei.“
Staus in Containerschifffahrt gehen zurück
Die weltweiten Staus in der Containerschifffahrt bilden sich auch als Folge des gedämpften Novemberhandels deutlich zurück. Gegenwärtig befinden sich noch gut 8 Prozent aller weltweit verschifften Waren im Stau, in der Spitze waren es Ende 2021 fast 14 Prozent. Bereits den zweiten Monat in Folge ist der Anteil der im Stau befindlichen Container rapide gefallen. Ein Grund dafür ist auch der nachlassende Seeverkehr in der Nordsee, worin sich der schwache Handel Deutschlands und der EU widerspiegelt.
Russlands hat es geschafft, seinen Handel mit der Türkei und China auszuweiten. Der Schwarzmeerhafen Noworossijsk und vor allem der nahe China gelegene Pazifikhafen Wladiwostok zeigen im November eine deutliche Zunahme ankommender Containerladungen. Im für den Handel mit Europa entscheidenden Hafen St. Petersburg legt dagegen kaum noch ein Containerschiff an.
Mehr Ladung aus China und der Türkei nach Russland
„Die Sanktionen der EU und anderer westlicher Partner zeigen klar Wirkung und können durch den Handel mit China oder der Türkei auch nicht ausgeglichen werden. Russlands Handel insgesamt liegt rund ein Viertel unterhalb des Niveaus vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine, und von offizieller Seite werden seit Sommer keine Handelsdaten mehr ausgewiesen“, so Stamer.
Algorithmus des Kiel Trade Indicator verbessert
Mit dem heutigen Update hat das IfW Kiel den Algorithmus des Kiel Trade Indicator weiter verbessert, der Prognosefehler sinkt dadurch um rund ein Viertel und die Schätzgenauigkeit erhöht sich entsprechend. Auf der Website des Kiel Trade Indicator wird künftig außerdem für jedes der 75 Länder, für das das IfW Kiel die Handelsdaten in Echtzeit berechnet, neben den Schätzwerten auch die tatsächliche Entwicklung ausgewiesen.
Die nächsten Aktualisierungen des Kiel Trade Indicator erfolgen am 21. Dezember 2022 (ohne Pressemeldung) und am 6. Januar 2023 (mit Medieninformation für die Handelsdaten im Dezember 2022).
Weitere Informationen zum Kiel Trade Indicator und die Prognosen für alle 75 Länder finden Sie auf www.ifw-kiel.de/tradeindicator (https://www.ifw-kiel.de/de/themendossiers/internationaler-handel/kiel-trade-indicator/).
Über den Kiel Trade Indicator
Der Kiel Trade Indicator schätzt die Handelsflüsse (Im- und Exporte) von 75 Ländern und Regionen weltweit sowie des Welthandels insgesamt. Im Einzelnen umfassen die Schätzungen über 50 Länder sowie Regionen wie die EU, Subsahara-Afrika, Nordafrika, den Mittleren Osten oder Schwellenländer Asiens. Grundlage ist die Auswertung von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit. Ein am IfW Kiel programmierter Algorithmus wertet diese unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz aus und übersetzt die Schiffsbewegungen in reale, saisonbereinigte Wachstumswerte gegenüber dem Vormonat.
Die Auswertung erfolgt zweimal im Monat. Um den 20. (ohne Pressemeldung) für den laufenden und den folgenden Monat und um den 5. (mit Pressemeldung) für den vergangenen und den laufenden Monat.
An- und ablegende Schiffe werden dabei für 500 Häfen weltweit erfasst. Zusätzlich werden Schiffsbewegungen in 100 Seeregionen analysiert und die effektive Auslastung der Containerschiffe anhand des Tiefgangs gemessen. Mittels Länder-Hafen-Korrelationen können Prognosen erstellt werden, auch für Länder ohne eigenen Tiefseehafen.
Der Kiel Trade Indicator ist im Vergleich zu den bisherigen Frühindikatoren für den Handel deutlich früher verfügbar, deutlich umfassender, stützt sich mit Hilfe von Big Data auf eine bislang einzigartig große Datenbasis und weist einen im Vergleich geringen statistischen Fehler aus. Der Algorithmus des Kiel Trade Indikators lernt mit zunehmender Datenverfügbarkeit dazu (machine learning), so dass sich die Prognosegüte im Lauf der Zeit weiter erhöht.
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