Premiere: Hochschule Konstanz verleiht Lehrpreis Blended Learning
Die Informatik-Professoren Dr. Rainer Mueller und Dr. Ralf Schimkat sind mit dem mit 5000 Euro dotierten „Lehrpreis Blended Learning“ der Hochschule Konstanz ausgezeichnet worden – für ihr studierendenzentriertes Lehr- und Lernkonzept „PIPE - Projekt-im-Projekt-Erfahrung“. Studierende hatten Professorinnen und Professoren und ihre Lehrprojekte für die erste Verleihung des Lehrpreises der HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung vorgeschlagen.
Studierende hatten 19 Professorinnen und Professoren und ihre Lehrprojekte für die erste Verleihung des Lehrpreises Blended Learning der HTWG Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung vorgeschlagen. Die Informatik-Professoren Dr. Ralf Schimkat und Dr. Rainer Mueller sind nun mit dem 5000 Euro dotierten Lehrpreis ausgezeichnet worden – für ihr studierendenzentriertes Lehr- und Lernkonzept „PIPE – Projekt-im-Projekt-Erfahrung“.
Die Entscheidung war der Jury nicht leichtgefallen. „Die eingereichten Lehrkonzepte haben uns alle beeindruckt. Auch wenn wir schon bisher von der guten Lehre an der HTWG überzeugt waren, hat uns die Kreativität und der enorme Einsatz der Lehrenden für die Studierenden begeistert. Alle Nominierten hätten eine Auszeichnung verdient. Sie alle und ihre Studierenden sind Gewinner.“, sagt Prof. Dr. Thomas Birkhölzer, Vizepräsident Lehre, Qualität und digitale Transformation. Jurymitglied Thomas Regele, Geschäftsführer der Sybit GmbH und Mitglied des Hochschulrats der HTWG ergänzt: „Die Professorinnen und Professoren beeindrucken mit ihrem Engagement, immer wieder aufs Neue ihre Lehre zu hinterfragen, Interaktionen zwischen allen Beteiligten zu fördern und aktuellen Entwicklungen entsprechend anzupassen, um ihre Studierenden bestmöglich für die Arbeitswelt der Zukunft zu befähigen.“
Anwendung von Knowhow und Training von Arbeitsmodellen
„New work“ ist denn auch das Stichwort, das die Professoren Rainer Mueller und Ralf Schimkat in ihrer Veranstaltung leben. Und zwar wie folgt: Die in PIPE obligatorischen Unternehmenspartner liefern eine reale Zielsetzung für ein Projekt. Über das Semester hinweg entwickeln die Studierenden im Austausch mit den Professoren und dem Unternehmenspartner hierfür eine Lösung. Die Art der Zusammenarbeit der Studierenden, des Unternehmenspartners und der beiden Professoren erfolgt dabei über unterschiedliche Rollen und Kommunikationskanäle – digital und in Präsenz. Somit erreicht die Veranstaltung gleich zwei große Ziele: Die Studierenden trainieren die projektartige Kollaboration sowie die Anwendung ihrer fachlichen Fähigkeiten. Das Lernen erfolgt folglich in zwei zeitlich und inhaltlich synchronisierten Projekten: dem Anwendungs- und dem Trainingsprojekt (daher PIPE: Projekt-im-Projekt-Erfahrung). „Die Studierenden sollen können, nicht nur wissen“, betont Prof. Dr. Rainer Mueller. Das Ziel von PIPE ist die Überwindung der grundsätzlich verschiedenen beiden Brüche (engl. seams) zwischen Theorie und Praxis einerseits und Hochschule und Unternehmen andererseits – also ein seamless learning.
Großes Vertrauen unter allen Teilnehmenden
Eine große Rolle spielt für die beiden Professoren während des Semesters das Feedback zwischen allen Teilnehmern. Um Lehren aus der jeweils bisherigen Zusammenarbeit zu ziehen und eventuell neue Vorgehensweisen umzusetzen, haben sie die 15 Wochen des Semesters in mindestens drei Zeitabschnitte geteilt, sogenannten Sprints. Jeder Sprint beginnt mit Theorieinput, der im Anschluss direkt umgesetzt werden kann. Insbesondere am Ende jedes solchen „Lernsprints“, aber prinzipiell zu jeder Zeit, ist ein gegenseitiger Austausch mit konstruktiver Kritik eingefordert – von allen drei teilnehmenden Gruppen, also Studierenden, Professoren und Industriepartner.
„Ganz wichtig ist für das Gelingen der Veranstaltung deshalb Vertrauen“, betont Rainer Mueller. Vertrauen ist auch für die in der Veranstaltung gelebte Fehlerkultur nötig. „Wir haben hier ein extrem komplexes Lernumfeld, in dem man ausprobieren darf, ja ausprobieren soll“, betont Prof. Dr. Rainer Mueller. Und sein Kollege ergänzt: „Die Hochschule bietet für die Studierenden ein Experimentierfeld. Hier können sie Fehler machen, ohne die Auswirkungen, die Fehler im Job hätten.“
Die Professoren sind auch mal „die Bösen“
Fehler würden allerdings die Studierenden selbst am allermeisten ärgern. Die Veranstaltung sei eine Art Rollenspiel, bei dem man manchmal vergisst, dass das Setting nur sehr realitätsnah, aber eben keine Realität ist. Real ist allerdings der Industriepartner. Die Professoren haben die Rolle von Coaches. Und auch innerhalb der heterogen zusammengestellten Studierendenteams werden Rollen zugewiesen. „Mancher fremdelt zu Beginn des Semesters noch mit seiner Rolle, wächst dann aber sehr überzeugend hinein“, hat Ralf Schimkat beobachtet. Es geht also auch um das Trainieren von (sozialer) Interaktion, Rollenverständnis und Verantwortlichkeiten. Die Professoren sehen sich als Regisseure, die für die Choreografie Stellschrauben drehen. Sie sind dann auch mal „der Böse“, um einen situativ anspruchsvollen Kontext zu bewahren. Zur Beibehaltung der hohen Anforderungen an die Agilität der Studierenden tragen auch die unterschiedlichen Lernorte bei – mal im virtuellen Raum, mal an der Hochschule, mal im Unternehmen.
Eine Veranstaltung wie ein Rock’n’Roll-Konzert
Vor acht Jahren hat die damalige „Büro-WG“ Mueller und Schimkat die Idee für die Veranstaltung entworfen. Der eine lehrte „agile Vorgehensmodelle“, der andere „mobile Kommunikation und Kollaboration“. Nach viel konzeptioneller Arbeit haben sie die Veranstaltungen zusammengelegt zu „AUME“ (agile und mobile Entwicklung). Nach wie vor vertritt Prof. Schimkat den Part „agile Vorgehensweise“. Prof. Mueller gibt Input, beobachtet und beeinflusst die Kommunikation. Dabei folgt die Veranstaltung einerseits einem klaren Rahmenkonzept. Die Professoren haben sich über die Jahre seit dem ersten Testlauf einen Werkzeugkasten zurechtgelegt. Andererseits sei die studierendenzentrierte Veranstaltung unberechenbar, jedes Semester verlaufe anders. „Am Ende des Semesters fühlt man sich wie nach einem Rock’n’Roll-Konzert: Man geht mit großer Vorfreude und bestimmten Erwartungen hin, man ist überrascht vom tatsächlichen Ablauf, aber letztlich beseelt und hatte viel Spaß“, sagte Prof. Dr. Ralf Schimkat während der Verleihung.
Der Lehrpreis Blended Learning
Erstmals hat die HTWG herausragende und innovative Lehre ausgezeichnet. Alle Hochschulangehörige konnten Vorschläge einreichen. Vorgeschlagen werden konnten Professorinnen und Professoren der Hochschule als Einzelpersonen oder in Teams mit anderen Angehörigen der Hochschule – für Lehrveranstaltungen, Tutorien, Unterstützungs- und Orientierungsveranstaltungen, Lehr-/Lernformate, Lehr-/Lernkonzepte, Projekte, Labore und/oder Lernmaterialien.
Die Auswahl erfolgte durch eine siebenköpfige Jury, die sich aus Studierenden, Lehrenden und externen Expertinnen und Experten zusammensetzte. Der mit 5.000 Euro dotierte Lehrpreis wird von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert.
Bei der Bewertung orientierte sich die Jury am Leitbild Lehre. Dabei flossen Innovationsgrad und Übertragbarkeit des Preisobjekts ebenso in die Beurteilung mit ein wie Blended Learning- und Digitalisierungsaspekte. Auch die Beurteilung durch Studierende, Lernergebnis und -förderung sowie die Verzahnung und Einbettung in Studiengang und Hochschule spielten eine Rolle.
Weitere Informationen:
https://www.htwg-konstanz.de/hochschule/magazin/premiere-htwg-verleiht-lehrpreis