Projekt untersucht neues Verständnis von Innovationen als Voraussetzung für nachhaltigen Wandel
Für den Wandel hin zu nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweisen braucht es ein neues Innovationsverständnis. Mit dieser Prämisse startet das Verbundvorhaben „ATRAKTIV“ seine Arbeit. In dem Projekt erforschen das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) gemeinsam mit weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen und lokalen Partnern, wie strukturschwache Regionen ihre Potenziale in Transformationsprozessen besser nutzen können.
Innovationen sind wichtige Antriebskräfte für gesellschaftlichen Wandel. Mit Blick auf Krisen wie Klimawandel, Artensterben und Ressourcenknappheit zeigen sich aber auch negative Folgen. Längst ist klar: Ein tiefgreifender Wandel zu nachhaltigeren Lebens- und Wirtschaftsweisen ist notwendig. Wie können Städte und Regionen ihre Fähigkeit sich anzupassen – ihre „transformativen Kapazitäten“ – erhöhen und so Transformationsprozesse wie die Energiewende anstoßen und beschleunigen? Welche Rolle spielen Innovationen dabei? Diesen Fragen geht das Projekt „ATRAKTIV – Aufbau transformativer Kapazitäten zur Aktivierung regionaler Innovationssysteme“ nach, das im November seine Arbeit aufgenommen hat.
Das Projekt will das traditionelle Verständnis von Innovationen hinterfragen, das sich vor allem an technologischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum orientiert. „Technologische Neuerungen als Heil bringende Lösung, ständiges Wachstum als übergeordnetes Ziel – von diesen Paradigmen müssen wir uns lösen, wenn wir nachhaltigen Wandel in den Regionen voranbringen wollen“, sagt Markus Egermann vom IÖR, der den Forschungsverbund koordiniert. In den Blick rücken im Projekt ATRAKTIV deshalb auch soziale Innovationen, die verbunden sind mit nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Denk-, Handels- und Organisationsweisen. „Um einen Wandel zu Lebensweisen und ökonomischen Prozessen zu erreichen, die unsere planetaren Grenzen respektieren, benötigen wir transformative Innovationssysteme, die die gesamte Gesellschaft umfassen“, erklärt der Projektleiter am IfL, Thilo Lang.
Wie sich diese vielfältigen Entwicklungen besser für den transformativen Wandel auf regionaler Ebene nutzen lassen, untersucht das Projektteam in vier als „strukturschwach“ klassifizierten Landkreisen: Görlitz (mit der Region Oberlausitz) in Sachsen, Dithmarschen in Schleswig-Holstein sowie Kyffhäuser und Saale-Holzland in Thüringen.
Zunächst will das Projektteam mithilfe von Wissensbeständen aus Transformationsforschung, Innovationsgeografie, Soziologie und Engagementforschung eine Grundlage für die Bewertung gesellschaftlicher Innovationsfähigkeit schaffen. Gemeinsam mit Akteuren vor Ort sollen im zweiten Schritt Handlungsmuster und -praktiken ausfindig gemacht werden, die den transformativen Wandel zur Nachhaltigkeit auf der regionalen Ebene voranbringen können. Im dritten Schritt wird das Projektteam gemeinsam mit den Regionen konkrete Handlungsansätze, Methoden und Instrumente entwickeln, um transformative Innovationssysteme aufzubauen beziehungsweise zu stärken.
Am IfL wird der Fokus auf der Akteurs- und Narrationsanalyse liegen. Die Akteursanalyse ermöglicht es, Personen und Organisationen zu identifizieren, die auf politischer beziehungsweise gesellschaftlicher Ebene Transformationsprozesse vorantreiben, und deren Handlungsmöglichkeiten zu diskutieren. Wichtige Komponenten derartiger Prozesse sind Narrative, die entsprechendeWerte, Normen und Überzeugungen weitertragen und so eine gemeinsame Identität herstellen. Das Teilvorhaben des IfL wird im Kyffhäuserkreis durch die Frauen- und Familienbegegnungsstätte „Düne“ mit den Projekten „Engagierte Stadt Sondershausen“ und Freiwilligenagentur sowie von dem Thüringer Unternehmen 3D-Schilling unterstützt.
Das Projekt ATRAKTIV wird im Rahmen des Programmes „ REGION.innovativ“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Es hat eine Laufzeit von 36 Monaten. Zu den wissenschaftlichen Projektpartnern gehören neben dem IÖR in Dresden und dem IfL in Leipzig das TRAWOS Institut für Transformation, Wohnen und soziale Raumentwicklung der Hochschule Zittau/Görlitz, das Institut für Sozialinnovation in Berlin sowie das Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften und das Seminar für Ländliche Entwicklung der Humboldt-Universität zu Berlin.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thilo Lang, t_lang@leibniz-ifl.de
Franziska Görmar, f_goermar@leibniz-ifl.de